Indische Naechte
auf. »Erkennen Sie ihn wieder, Lord Falkirk? Ihre frühere Verlobte hat ihn mir eben gegeben.«
Als Ian entsetzt auf den Ring starrte, sagte sie mit tödlicher Präzision: »Ich habe jetzt deine frühere Geliebte, deine frühere Verlobte und ein echtes Flittchen kennengelernt, das sein Bedauern darüber ausdrückte, daß es dich nie ins Bett bekommen hat. Obwohl man eher darauf schließen kann, daß die Dame erfolgreich war, aber meine Gefühle nicht verletzen wollte.« Als er nicht antwortete, setzte sie beißend hinzu: »Wenn du einen Harem willst, hättest du in Buchara Moslem werden sollen.«
Ein Ausdruck unaussprechlicher Pein durchzuckte sein Gesicht, und sein Griff wurde so fest, daß er schmerzte. Für einen schrecklichen Augenblick dachte sie, er wollte sie schlagen, aber er beherrschte sich.
»Das ist alles Vergangenheit«, sagte er mit bebender Stimme. »Dein Verhalten aber bezieht sich auf die Gegenwart. Ich dachte, ich hätte eine Lady geheiratet.«
»Ich bin keine Lady — ich bin ein russisches Flittchen, schon vergessen?« Sie schlug seine Hand von ihrem Arm. »Ich habe mich auch geirrt. Ich dachte, mein Mann sei ein vernünftiger Mensch. Lieber Gott, es war ein Fehler, dich zu heiraten!«
Ihre Worte trafen ihn mit der Schärfe eines Dolches. Ein erstickendes Schweigen senkte sich über sie, dann sagte Ian mühsam: »Du weißt, du kannst die Ehe annullieren.«
Entsetzt stellte Laura fest, wie nah am Abgrund sie standen. Ja, sie konnte eine Annullierung bewirken, wenn sie öffentlich machte, was Ian zu verschweigen sie gebeten hatte - aber sie wußte, sie konnte ihm das niemals antun. Niemals. »So leicht wirst du mich nicht los«, fauchte sie. »Ich will keine Annullierung. Ich will dich umbringen, und das ist etwas ganz anderes.«
Und in einem plötzlichen Impuls, über den sie nicht nachdachte, hob Laura die Hände, legte sie auf Ians breite Brust und stieß ihn vom Steg in den See.
Kapitel 15
Lauras Stoß kam so überraschend, daß Ian mit einem lauten Platschen rückwärts ins Wasser fiel. Als er unter der Oberfläche verschwand, klärte das kühle Wasser seinen Kopf, wie nichts anderes es geschafft hätte. Himmel, wie hatte er seiner Frau solche Dinge an den Kopf werfen können?
Das Wasser war erstaunlich tief. Hinabgezogen durch Wasserpflanzen und dem Gewicht seiner Uniform und der Stiefel, brauchte er eine Weile, um sich wieder an die Oberfläche zu strampeln. Nach Atem ringend kam er wieder an die Luft. Laura kniete auf dem Steg, achtete nicht auf ihr Kleid und starrte ängstlich ins Wasser. »Ian, ist alles in Ordnung?«
»Ja, vielen Dank«, sagte er, während er auf sie zu ruderte. »Manchmal ist kaltes Wasser die einzige Möglichkeit, einen hitzköpfigen Schotten in die Schranken zu weisen.«
Sie sah, daß ihm nichts passiert war, und setzte sich erleichtert auf die Fersen zurück. »Das wird dich lehren, eine Russin zu beleidigen, Kumpel«, sagte sie mit düsterer Miene. »Wir vergeben und vergessen nie!«
Mit ihren schrägen Augen und der schnurrenden Stimme ähnelte Laura so sehr einer Katze, daß er fast schon einen peitschenden Schwanz zu sehen erwartete. Er begann zu lachen, und dieses Lachen kam aus tiefster Seele, aus einem verborgenen Ort, den er längst für immer verschlossen gehalten hatte. »Verdammt, du bist eine gefährliche kleine Hexe«, keuchte er schließlich. »Vielleicht war es ein Fehler, dir beizubringen, wie man mit einem Gewehr umgeht!«
»Ich kann nicht glauben, daß ich dich wirklich reingestoßen habe«, sagte sie peinlich berührt. »So etwas habe ich noch niemals getan. Aber du hast mich so wütend gemacht!«
»Ich war selbst ziemlich wütend, und wahrscheinlich hast du noch mehr Beherrschung bewahrt als ich.« Er streckte ihr eine Hand entgegen, und sie ergriff sie instinktiv, weil sie dachte, sie sollte ihm aus dem Wasser heraushelfen. Statt dessen aber zog Ian kräftig an ihrem Handgelenk, und sie stürzte kopfüber in den See.
Lauras kurzes, erschrecktes Aufkreischen wurde abgeschnitten, als sie ins Wasser eintauchte. Für einen scheußlichen Augenblick versank sie unter die Oberfläche, spürte das einengende Korsett und die klatschnassen Unterröcke, die sie hinabzogen,, und begann verzweifelt um sich zu treten.
Doch bevor sie wirklich in Panik geraten konnte, packte ein starker Arm sie und zog sie nach oben, bis ihr Kopf aus dem Wasser auftauchte. Sie schlang ihre Glieder um Ian, zu dankbar für seine Hilfe, um ihn für die
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