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Indische Naechte

Titel: Indische Naechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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und meine Wahlheimat in einem Krieg explodieren«, sagte sie kurz. »Meine Loyalität gehört dem Frieden, das ist alles.«
    Ian kam auf die Füße. »Ich denke, ich frage mal den Koch, ob er mir etwas zu essen geben kann, damit ich bis zum Dinner durchhalte. Willst du auch etwas?«
    »Heißt das, du fängst an, das Essen wieder zu genießen?« fragte Laura, und ihre vollen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln.
    »Ich glaube schon«, erwiderte Ian. »Aber denk daran: Wenn ich fett und übergewichtig werde, bist du daran schuld.«
    Sie lachte, und Ian stimmte ein. Während sie gemeinsam den Bungalow betraten, stellte er fest, daß er nun Essen, Lachen, Schlafen und die Gesellschaft einer wunderbaren Frau genoß. Das war weit mehr, als er sich vor ein paar Wochen noch hatte vorstellen können.
    Und was noch wichtiger war: Er hatte aufgehört, über Dinge nachzugrübeln, die für immer außerhalb seines Einflußbereichs lagen.

Kapitel 17
    Als die Straße den Hügelkamm erreicht hatte, wies Ian auf eine Ansammlung von Häuschen auf dem Grund des Tales. »Das müßte Hirsar sein, wo sich der Dak-Bungalow befindet.«
    »Hoffentlich«, sagte Laura. »Ich denke, ich habe genug.«
    Ian warf ihr einen schnellen Blick zu. »Sind wir zu schnell geritten? Ich hatte nicht den Eindruck, daß du Schwierigkeiten hattest, Schritt zu halten.«
    »Nein, das Tempo ist perfekt. Schneller wäre zu anstrengend, und langsamer zu langweilig.«
    Er grinste. »Du hast nicht gelogen, als du behauptet hast, du seist eine umgängliche Frau. Mach es mir nur nicht zu einfach.« Er nahm seinen Topi ab und blickte in den wolkenlosen Himmel. »Heute hat sich das Wetter geändert, die heiße Jahreszeit ist vorbei, jetzt folgt die kühle. Kannst du den Unterschied in der Luft spüren?«
    Sie schaute prüfend zum Himmel hinauf. »Ich fand es heute sehr angenehm, aber bedeutet das,
    daß die Hitze nun für den Rest des Jahres vorüber ist?«
    Er nickte. »So nach dem fünften oder sechsten Jahr, das ich in Indien verbrachte, habe ich gelernt, die Veränderung zu spüren. An einem Tag im Oktober ist es plötzlich, als würde ein Hebel umgelegt. Die Veränderung erfolgt von einem Augenblick auf den anderen.«
    »Ich hoffe, du hast recht. Dann wird der Rest unserer Reise weitaus angenehmer.« Laura überblickte die Landschaft mit neuem Interesse. »Die Monate von Oktober bis März sind immer so schön, daß man die Hitze des Sommers vergessen könnte.«
    »Ja, das denke ich in der kühleren Jahreszeit auch immer«, stimmte er zu, »sehe es aber sofort wieder anders, wenn die Gluthitze wieder kommt. Einmal ein Nordmann, immer ein Nordmann.«
    Laura war seiner Meinung; obwohl sie inzwischen mit der mörderischen Hitze umgehen konnte, haßte sie sie immer noch. »Wirst du Indien vermissen?«
    »Zum Teil«, sagte er bedächtig. »Das Land hat etwas an sich, das jeden, der einen Tropfen keltischen Blutes in sich hat, zu locken scheint. Vielleicht sind deswegen so viele Schotten und Iren hier. Ganz sicher wird mir der Hauch von Magie fehlen, obwohl ich hervorragend ohne Krankheiten, Schmutz und Armut auskommen kann. Dennoch: Wenn das Reisen zwischen Asien und Europa einfacher geworden ist, hätte ich nichts dagegen, dieses Land wieder zu besuchen. Was hältst du davon?«
    »Viel.« Sie grinste. »Nicht nur keltisches Blut wird angelockt — die Slawin in mir fühlt genauso. Ich komme gerne zurück, wenn wir uns auf die kühle Jahreszeit einigen können.«
    In freundlichem Schweigen ritten sie weiter, Zafir, der das Packpferd führte, in einigem Abstand hinter ihnen. Laura hatte schon halb befürchtet, seine Begleitung würde bedeuten, daß Ian und er unablässig über Dinge und Personen sprechen würden, von denen sie keine Ahnung hatte und nicht kannte, aber das war nicht so. Die Vertrautheit zwischen Zafir und Ian schien nicht viele Worte zu benötigen.
    Sie hatte noch nie einen Pathanen kennengelernt, da dieser Volksstamm in den Bergen im Nordwesten lebte, aber sie mochte Zafirs unverfälschte Direktheit auf Anhieb. Mochte Lauras Benehmen von pathanischem Standpunkt auch seltsam und peinlich sein, so gebührte ihr doch als Ians Frau der gleiche Respekt und die gleiche Loyalität, die Zafir ihrem Mann entgegenbrachte. Zudem arbeitete er sehr effektiv, was in einem spärlich besiedelten Land, wo sie oft im Freien übernachten mußten, äußerst nützlich war.
    Bald darauf erreichten sie das kleine Dorf und wurden von einer Abordnung begrüßt, die aus den

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