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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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an, unseren Streitern, die ja schon seit Sonnenaufgang fochten, Wasser und Maisfladen zu bringen, und nahm dann zusammen mit Catalina dem toten Soldaten López die Rüstung ab, zog mir das blutverschmierte Kettenhemd über und den Brustpanzer. Ich nahm sein Schwert, weil ich meins in dem Durcheinander nicht finden konnte, und lief hinaus auf den Platz. Die Sonne hatteden Zenit längst überschritten, es mußte drei, vielleicht vier Uhr am Nachmittag sein; über zehn Stunden kämpften wir schon. Ich sah mich um, Santiago brannte lichterloh, die Mühen von Monaten, alles war vergeblich gewesen, unser Traum, dies Tal zu besiedeln, lag in Trümmern.
    Monroy und Villagra hatten sich mit den Überlebenden ihrer Reitertrupps auf den Platz zurückgezogen und erwehrten sich Seite an Seite mit unseren Fußsoldaten der Angreifer, die aus allen vier Straßen gegen die eilends errichteten Barrikaden drängten. Einzig ein Teil der Kirche und das Haus von Aguirre, in dem die sieben gefangenen Kaziken eingeschlossen waren, standen noch unversehrt. Don Benito, der schwarz war von Pulver und Ruß, feuerte von seinem Schemel aus mit ruhiger Hand, zielte sorgfältig, ehe er den Hahn zog, als würde er Wachteln schießen. Der Yanacona, der zuvor die Büchsen nachgeladen hatte, lag reglos zu seinen Füßen, und seinen Platz hatte Eulalia eingenommen. Die junge Frau mußte den ganzen Tag draußen gewesen sein, um ihren geliebten Rodrigo nicht aus den Augen zu lassen.
    Über das Krachen der Arkebusen, das Wiehern der Pferde, das Gebell der Hunde und das Gekreisch der Kämpfenden hinweg drangen deutlich die Schreie der sieben Gefangenen zu mir, die ihre Leute aus voller Kehle anfeuerten. Ich weiß nicht, was da mit mir geschah. Oft habe ich an diesen unseligen 11. September gedacht und versucht, die Ereignisse zu begreifen, aber es gibt wohl niemanden, der sagen könnte, was sich wirklich zutrug, weil jeder in dem gefangen ist, was er selbst erlebte. Der Qualm war dicht, das Durcheinander groß, der Lärm kaum auszuhalten. Wir kämpften wie von Sinnen ums nackte Überleben, das viele Blut und die rohe Gewalt raubten uns den Verstand. Ich habe kein klares Bild von dem, was ich an jenem Tag tat, und muß mich auf die Berichte anderer verlassen. Aber ich weiß sicher, ich hatte inkeinem Augenblick Angst, weil der Zorn, der mich erfüllte, keinen Raum dafür ließ.
    Ich blickte hinüber zu der Zelle, aus der die Schreie der Gefangenen drangen, und trotz des Qualms erkannte ich klar und deutlich, daß dort, an der Tür, mein Ehemann, Juan de Málaga, lehnte, der mir seit Cuzco immer wieder erschienen war. Mit seinen beklagenswerten Augen eines rastlosen Gespensts sah er mich an, und dann hob er die Hand, als wollte er mich zu sich winken. Ich drängte mich zwischen den Soldaten und Pferden hindurch, war mit einem Teil meiner Gedanken beim Grauen um mich her, gehorchte mit dem anderen indes dem stummen Befehl meines verstorbenen Mannes. Die Zelle war nichts weiter als ein notdürftig gesicherter Raum im Erdgeschoß von Aguirres Haus, die Brettertür war von außen mit einem Querbalken verriegelt und wurde von zwei jungen Männern bewacht, die Anweisung hatten, die Gefangenen mit ihrem Leben zu verteidigen, weil sie unser einziges Faustpfand für Verhandlungen mit dem Feind waren. Ich hielt mich nicht damit auf, um Erlaubnis zu fragen, schob die beiden zur Seite und hob den schweren Balken gemeinsam mit Juan de Málaga mit einer Hand aus der Führung. Die Wachen drängten hinter mir in die Zelle, wagten nicht, mich aufzuhalten, und konnten sich nicht erklären, was ich vorhatte. Sonnenlicht und Qualm drangen durch das vergitterte Fenster, die Luft war zum Ersticken, und vom Boden wirbelte rötlicher Staub auf, so war die Szene vor meinen Augen verschwommen, aber ich erkannte doch die sieben, an dicke Pfosten geketteten Gefangenen, die sich wie besessen gegen die Ketten zum Fenster hin warfen und aus Leibeskräften brüllten, um ihre Kämpfer herzurufen. Als sie mich neben dem blutüberströmten Geist von Juan de Málaga über die Schwelle treten sahen, verstummten sie.
    »Tötet sie! Alle!« befahl ich den Wachen mit einer Stimme, die ich unmöglich als meine erkennen konnte.
    Gefangene wie Wachen starrten mich fassungslos an.
    »Sie töten, Señora? Es sind die Geiseln des Gouverneurs!«
    »Tötet sie, habe ich gesagt!«
    »Aber wie sollen wir das tun?« Aus der Stimme des Wachsoldaten sprach blankes Entsetzen.
    »So!«
    Und ich packte das schwere

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