Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
Vom Netzwerk:
zurück. Ich kann mir nicht erklären, weshalb sie mir nicht an Ort und Stelle den Schädel mit einem Keulenhieb zertrümmerten. Später hieß es, Michimalonko habe befohlen, mich nicht anzurühren, weil er mich für sich haben wollte, aber das sind solche Geschichten, die sich die Leute im nachhinein ausdenken, um das Unerklärliche zu erklären. Im nächsten Moment war Rodrigo de Quiroga zur Stelle, der seinen Degen über dem Kopf wirbeln ließ wie ein Mühlrad und mir zurief, in Deckung zu gehen, und mein Hund Baltasar knurrte und bellte und fletschte die Zähne wie die Bestie, die er unter gewöhnlichen Umständen nie war. Die Angreifer gaben Fersengeld, der Hund jagte ihnen nach, und ich stand inmitten meiner zertrampelten, rauchenden Beete und der Leiber meiner getöteten Tiere – am Boden zerstört. Rodrigo nahm meinen Arm und wollte mich ins Haus ziehen, aber da sah ich einen Hahn mit angesengten Federn, der mühsam versuchte, auf die Füße zu kommen. Unwillkürlich raffte ich meine Röcke und bettete ihn dort hinein wiein einen Beutel. Etwas weiter entdeckte ich zwei Hühner, so benommen vom Rauch, daß ich sie mühelos packen und zu dem Hahn stecken konnte. Catalina wollte mich zu den Verletzten rufen, doch als sie sah, was ich tat, half sie mir. Zu zweit konnten wir diese beiden Hennen, den Hahn, einen Eber und eine Sau retten, außerdem je zwei Hände voll Weizen, das war alles, und wir verstauten es sicher im Haus. Rodrigo und der Kaplan waren bereits zurück auf dem Platz und fochten Seite an Seite mit den anderen.
    Mit Catalina und etlichen anderen Frauen kümmerte ich mich um die Verwundeten, die mittlerweile in erschreckender Zahl in unser notdürftig ausgestattetes Lazarett gebracht wurden. Eulalia schleifte einen Fußsoldaten zu uns, der von Kopf bis Fuß blutüberströmt war. Großer Gott, dachte ich, da ist nichts mehr zu machen, aber als wir ihm den Helm abnahmen, sahen wir, daß er eine klaffende Wunde an der Stirn hatte, der Knochen aber nicht zertrümmert, sondern nur etwas eingedrückt war. Zusammen mit ihren Helferinnen brannte Catalina die Wunde aus, wusch ihm das Blut aus dem Gesicht, gab ihm einen Schluck Wasser, konnte ihn jedoch nicht dazu bewegen, einen Moment Atem zu schöpfen. Benommen und halb blind wegen seiner monströs angeschwollenen Lider, schwankte er zurück auf den Platz. Unterdessen war ich mit der Pfeilwunde am Hals eines anderen Soldaten beschäftigt, eines gewissen López, der mir stets mit kaum verhohlener Verachtung begegnet war, vor allem nach der Tragödie mit Escobar. Jetzt lag er da kreidebleich, und der Pfeil steckte so tief, daß ich die Wunde verschlimmern würde, wenn ich ihn herauszog. Ich überlegte noch, ob ich es wagen sollte, da wurde der arme Mann von heftigen Krämpfen geschüttelt. Ich wußte, ich konnte nichts mehr für ihn tun, und schickte nach dem Kaplan, der atemlos ankam, ihm die Letzte Ölung zu spenden. Auf dem Boden des Saals lagen viele Verwundete, dieunmöglich zurück auf den Platz konnten; es mußten mindestens zwanzig sein, die meisten von ihnen Yanaconas. Uns ging das Verbandszeug aus; Catalina zerriß die Bettlaken, die wir mit soviel Hingabe in den langen Winternächten bestickt hatten, dann mußten wir die Unterröcke in Streifen schneiden und schließlich mein einziges elegantes Kleid. Sancho de la Hoz stand plötzlich in der Tür, über der Schulter einen bewußtlosen Soldaten, den er mir vor die Füße legte. Der Verräter und ich tauschten einen Blick, und ich glaube, in diesem Moment verziehen wir einander alle vergangene Unbill. Mir klangen die Ohren von den Schreien der Männer, deren Wunden mit glühenden Eisen und Kohlen ausgebrannt wurden, und vom panischen Wiehern der verletzten Pferde, die am anderen Ende des Saals, so gut es eben ging, vom Hufschmied verarztet wurden. Auf dem gestampften Lehmboden mischte sich das Blut der Tiere mit dem der Christenmenschen.
    Aguirre tauchte im Türrahmen auf, stieg aber nicht vom Pferd. Er war blutig vom Kopf bis zu den Steigbügeln und rief, er habe befohlen, alle Häuser zu räumen, die nicht direkt am Platz lagen, diese aber würden wir bis zum letzten Atemzug verteidigen.
    »Steigt ab, Hauptmann, ich sehe rasch nach Euch!« schaffte ich noch, ihn zu bitten.
    »Ich habe keinen Kratzer, Doña Inés! Bringt den Männern auf dem Platz Wasser!« rief er in wildem Jubel und drängte sein Roß, das an der Flanke blutete, in scharfen Wendungen zurück ins Getümmel.
    Ich wies einige Frauen

Weitere Kostenlose Bücher