Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Haarwuchs und die Stimmlage. Als sie im Dunkeln Pedros Atem spürte und seine großen Hände zwischen den Falten des Nachthemds nach der sinnreichen Öffnung tasteten, versetzte sie ihm einen Tritt wie ein Maultier, stürzte aus dem Bett und flüchtete laut schreiend durch die steinernen Flure des Hauses. Er hatte es gut gemeint, doch ein behutsamer Liebhaber war Pedro nicht, seine Erfahrungen hatte er in kurzen Begegnungen mit Frauen von verhandelbarer Tugend gesammelt, er begriff aber doch, daß er sich in Geduld würde üben müssen. Seine Frau war ja noch ein Kind, ihre Weiblichkeit erstzaghaft entwickelt, er durfte sie nicht bedrängen. Schritt für Schritt wollte er sie heranführen, doch Marinas Unschuld, die ihn zunächst so sehr angezogen hatte, erwies sich bald als unüberwindliche Hürde. Die Nächte waren für ihn ein Fiasko und für sie eine Marter, und keiner der beiden wagte es, bei Lichte darüber zu sprechen. Pedro vergrub sich in seine Lektüre und die Sorge um seine Ländereien und seine Bauern, und er übte sich bis zur Erschöpfung im Fechten und Reiten. Im Grunde machte er sich bereit für den Abschied. Insgeheim träumte er davon, den militärischen Ruhm eines Marchese di Pescara zu erringen, und als der Durst nach dem Abenteuer übermächtig wurde, meldete er sich erneut zum Dienst unter dem Banner Karls V.
Im Frühjahr 1527 standen die spanischen Heere unter dem Oberbefehl des Connétable von Bourbon vor den Mauern von Rom. Die Spanier, die durch fünfzehn Kompanien italienischer und deutscher Söldner verstärkt wurden, hatten seit Monaten keinen Sold bezogen und warteten nur auf die Gelegenheit, in die Stadt der Cäsaren und Päpste einzufallen und sich an ihr schadlos zu halten. Es war eine hungrige, gegen jeden Befehl taube Soldatenhorde, die da auf die Schatzkammern Roms und des Vatikans lauerte. Doch nicht alle waren Erzgauner und Söldner; in den spanischen Reihen ritten zwei aufrechte Offiziere, Pedro de Valdivia und Francisco de Aguirre, die sich nach zwei Jahren der Trennung wiedergetroffen hatten. Wie Brüder hatten sie einander umarmt und sich berichtet, was ihnen in der Zwischenzeit widerfahren war. Valdivia zeigte dem Freund ein Medaillon mit einem Porträt von Marina. Er hatte es von einem portugiesischen Miniaturmaler fertigen lassen, einem Juden, der sich hatte taufen lassen, um der Verfolgung durch die Inquisition zu entgehen.
»Kinder haben wir noch keine, denn Marina ist sehr jung, aber uns bleibt ja noch Zeit, so Gott will.«
»So man uns nicht zuvor umbringt, wohl eher!«
Francisco gestand, seine unerfüllbare, heimliche Liebschaft zu seiner Cousine bestehe unverändert fort und seine Liebste habe ihrem Vater inzwischen gedroht, ins Kloster zu gehen, sollte der weiter darauf beharren, sie einem anderen zur Frau zu geben. Valdivia fand diese Lösung nicht abwegig, als Frau von Stand würde sie mit all ihren Kammermädchen ins Kloster eintreten können, über ihr eigenes Geld verfügen und auf keine der gewohnten Annehmlichkeiten verzichten müssen, was einer erzwungenen Heirat allemal vorzuziehen war.
»Was im Falle meiner Cousine aber eine bedauerliche Verschwendung wäre, mein Freund. Ein so schönes und vor Gesundheit strotzendes Mädchen, das wie geschaffen ist für die Liebe und für Kinder, sollte sich nicht in einem Habit lebendig begraben. Aber du hast natürlich recht, ich sähe sie lieber als Nonne denn als Frau eines anderen. Das könnte ich nicht zulassen«, ereiferte sich Francisco. »Wir müßten uns gemeinsam das Leben nehmen.«
»Und euch zu ewiger Verdammnis verurteilen? Da geht deine Cousine gewiß lieber ins Kloster. Und du? Was hast du vor?«
»Weiter kämpfen, solange ich kann, und meine Cousine im Schutz der Nacht in ihrer Klosterzelle besuchen«, lachte Francisco und berührte das Kreuz und das Medaillon an seiner Brust.
Rom wurde durch Papst Clemens VII., der eher ein Mann für politische Intrigen als für Kriegsstrategien war, nur unzulänglich verteidigt. Kaum daß die feindlichen Heerscharen im dichten Nebel auf die Brücken der Stadt vorrückten, stahl sich das Kirchenoberhaupt durch einen Geheimgang aus dem Vatikan davon auf die mit Kanonen gespickte Engelsburg. Bei Clemens waren dreitausend Mann, darunter der berühmte Bildhauer und Goldschmied Benvenuto Cellini, der für seine außerordentliche künstlerische Begabungebenso bekannt war wie für seinen schäbigen Charakter; ihm übertrug der Papst die militärischen Entscheidungen,
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