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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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dachte er doch, wenn er selbst vor dem Künstler zitterte, gebe es keinen Grund, weshalb die Heere des Connétablen von Bourbon das nicht ebenfalls tun sollten.
    Bereits bei der ersten Angriffswelle auf Rom wurde der Connétable von einer Musketenkugel ins Auge getroffen. Benvenuto Cellini sollte sich später brüsten, er selbst habe den tödlichen Schuß abgefeuert, obwohl er überhaupt nicht in der Nähe gewesen war, aber wer hätte ihm zu widersprechen gewagt? Noch ehe die Hauptleute für Ordnung sorgen konnten, stürmten die spanischen Truppen völlig außer Kontrolle mit Schwert und Pulver die Stadt und nahmen sie binnen Stunden. Die erste Woche war ein einziges grausiges Gemetzel, in Strömen floß das Blut durch die Straßen und gerann zwischen den jahrtausendealten Pflastersteinen. Über fünfundvierzigtausend Menschen flohen aus der Stadt, und wer blieb, durchlitt die Schrecken der Hölle. Kirchen, Klöster, Hospitäler, Paläste und Wohnhäuser standen in Flammen. Die blutgierigen Invasoren metzelten wahllos alles nieder, selbst die Schwachsinnigen und die Kranken in Hospizen und Hospitälern und die Tiere in den Ställen; sie folterten die Männer, damit die preisgaben, was sie an Habe womöglich versteckt hatten; sie vergewaltigten jedes Mädchen und jede Frau, die sie fanden; ob Säugling oder Greis, keiner blieb verschont. Über Wochen zog sich die Plünderung wie eine nimmer endende Orgie hin. Die von Blut und Alkohol berauschte Soldateska schleifte Kunstschätze und religiöse Reliquien durch die Straßen der Stadt, schlug Statuen und Menschen die Köpfe ab, füllte sich die Taschen mit Raubgut und legte, was man nicht mitnehmen konnte, in Schutt und Asche. Die weithin gerühmten Fresken der Sixtinischen Kapelle entgingen der Zerstörung nur, weil dort der Leichnam des Connétablen von Bourbon aufgebahrt war. Im Tiber trieben Tausende Tote, und schwerhing der Geruch nach Verwesung über der Stadt. Hunde und Krähen taten sich an den unbestatteten Leichen gütlich; endlich hielten die treuen Gefährten des Kriegs Einzug, der Hunger und die Pest, die keinen Unterschied kannten zwischen den unglücklichen Römern und deren Mördern.
    Während dieser unheilvollen Tage lief Pedro de Valdivia zornentbrannt und mit gezogenem Degen durch die Straßen von Rom, doch sein Bemühen, der Plünderung und dem Morden Einhalt zu gebieten und die Soldaten zur Ordnung zu rufen, blieb vergebens, denn die fünfzehntausend Landsknechte erkannten weder Obrigkeit noch Gesetz an und waren entschlossen, jeden niederzumachen, der sich ihnen in den Weg stellte. Der Zufall wollte es, daß Valdivia eben an der Pforte eines Klosters vorbeikam, als ein Dutzend deutscher Söldner dort einzudringen versuchte. Die Nonnen, die wohl wußten, daß keine Frau den Vergewaltigungen entging, hatten sich im Klosterhof um ein Kreuz geschart, hatten die jungen Novizinnen in die Mitte genommen und standen so reglos im Kreis, hielten sich an den Händen und beteten leise mit gesenkten Köpfen. Von fern sahen sie aus wie Tauben. Sie flehten zum Herrn, er möge sich ihrer erbarmen, sie vor der Schande bewahren und ihnen einen schnellen Tod schenken.
    »Zurück! Wer es wagt, diese Schwelle zu übertreten, ist ein toter Mann!« brüllte Pedro de Valdivia, den Degen in der Rechten, einen kurzen Säbel in der Linken.
    Von dem herrischen Ton überrascht, wichen einige der Landsknechte tatsächlich zurück und überlegten vielleicht, ob es sich lohnte, gegen diesen entschlossenen spanischen Offizier anzugehen, oder ob man nicht besser weiterzog zum Nachbarhaus, aber ihre Kameraden stürmten schon Hals über Kopf vorwärts. Valdivia konnte von Glück sagen, daß er als einziger nüchtern war, und mit vier sicheren Hieben hatte er dieselbe Zahl von Deutschenniedergestreckt, aber unterdessen hatten die anderen ihr anfängliches Zaudern aufgegeben und gingen nun ebenfalls auf ihn los. Wenngleich der Alkohol ihren Sinn trübte, waren die Deutschen doch nicht weniger geübte Streiter als Valdivia, und rasch sah er sich von allen Seiten eingekreist. Womöglich hätte das Leben des spanischen Offiziers hier ein jähes Ende gefunden, wäre nicht unversehens Francisco de Aguirre aufgetaucht und ihm beigesprungen.
    »Nur her mit euch, ihr teutonischen Hundesöhne!« brüllte der baskische Koloß und schwang zornesrot und furchterregend sein Schwert mit beiden Händen, als wär’s eine Keule.
    Der Streit erregte die Aufmerksamkeit weiterer Spanier, die in der Nähe

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