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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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läßt den Stamm nicht los, geht weiter und spricht. Die Sonne erreicht den Zenit und sinkt erneut, bis sie hinter den Bäumen verschwindet, doch er hält nicht inne. Tausende Mapuche sind um diese Stunde herbeigekommen, schon sind Lichtung und Wald voller Menschen, und noch immer strömen sie von den umliegenden Hügeln, tragen Flöten und Trommeln die Kunde von der Großtat des Kriegers in alle Winde. Fresias Augen lassen Caupolicán nicht mehr los, halten ihn, führen ihn.
    Endlich, als es schon Nacht ist, holt der Krieger Schwung und hebt den Stamm über seinen Kopf, hält ihn so einige Augenblicke und wirft ihn dann von sich. Lautaro hat schon einen Stellvertreter. »Oooooooooooom! Oooooooooooooom!« Der Ruf aus tausend Kehlen hallt durch den Wald, findet ein Echo in den Bergen, setzt sich in Araukanien fort und fort und dringt, viele Meilen entfernt, an das Ohr der Huincas. »Ooooooooooooom!«
    Valdivia brauchte fast einen Monat, bis er das Gebiet der Mapuche erreichte, und hatte sich in dieser Zeit so weit erholt, daß er hin und wieder, wenn auch unter Schmerzen, für eine Weile im Sattel sitzen konnte. Sobald die Truppe ihr Feldlager einrichtete, verging kein Tag ohne feindlichen Angriff. Die Mapuche durchschwammen die Flüsse, die den Spaniern den Vormarsch erschwerten, weil sie Flöße bauen mußten, um die schwere Ausrüstung ans andere Ufer zu schaffen. Einige der Angreifer traten ungeschützt den Hunden entgegen, wußten wohl, daß sie lebendig zerfleischt werden würden, waren aber bereit, ihren Auftrag zu erfüllen und die Tiere auf sich zu lenken, damit die anderen Krieger über die Spanier herfallen konnten. Die Mapuche brachten Dutzende um, halfen ihren Verwundeten auf die Beine und waren im Wald verschwunden, ehe die Soldaten die Verfolgung aufnehmen konnten. Valdivia befahl, daß die Hälfte seiner kleinen Streitmacht Wache halten sollte, während die andere Hälfte sich ausruhte. Alle sechs Stunden wurde gewechselt. Trotz der Angriffe setzte der Gouverneur, der in jedem Scharmützel Sieger blieb, seinen Vormarsch fort. Weiter und weiter drang er nach Araukanien vor, traf nie auf größere Verbände von Eingeborenen, stets nur auf kleine Gruppen, deren überraschende und blitzartige Überfälle seine Soldaten ermüdeten, sie jedoch nicht aufhielten, waren sie doch daran gewöhnt, sich mit einer hundertmal größeren Zahl von Feinden zuschlagen. Einzig Michimalonko war unruhig, denn er wußte sehr gut, mit wem sie es schon bald würden aufnehmen müssen.
    Und dann war es soweit. Die erste ernsthafte Begegnung mit den Mapuche fand im Januar 1550 statt, als die Huincas den Bío Bío erreichten, der die Grenze zum unverletzlichen Gebiet der Mapuche markierte. Nahe der Küste fanden sie einen geschützten Lagerplatz, wo ihnen die kühlen, klaren Wasser einer Lagune Rückendeckung boten. Sie rechneten nicht damit, daß ihre Feinde, schnell und leise wie Seehunde, von der Küstenseite her angreifen würden. Die Wachen bemerkten nichts, die Nacht war ruhig gewesen, bis mit einemmal das Geschrei und Gekreisch losbrach, Flöten und Trommeln ertönten und die Erde unter dem Trampeln der nackten Füße von Tausenden und Abertausenden Kriegern erzitterte, der Männer Lautaros.
    Die spanische Kavallerie, die stets kampfbereit war, ritt den Eingeborenen entgegen, die aber wichen nicht wie sonst vor dem Ansturm zurück, sondern erwarteten die Tiere mit einem Wall aus erhobenen Lanzen. Die Pferde bäumten sich auf, die Reiter mußten zurückweichen, und die Arkebusiere feuerten die erste Salve. Lautaro hatte seinen Männern eingeschärft, daß das Laden der Büchsen eine Weile dauerte und der Schütze so lange ohne Verteidigung war; das nutzten sie zum Angriff. Verwirrt, weil die Mapuche keinerlei Furcht zeigten und den Nahkampf mit Männern in voller Rüstung suchten, ordnete Valdivia seine Truppe wie einst in Italien zu kompakten Schwadronen, die von Schilden geschützt wurden und gespickt waren mit Lanzen und Klingen, während Michimalonko ihnen mit seinem Heerhaufen den Rücken freihielt. Die heftige Schlacht währte bis zum Abend, dann zog Lautaro seine Streiter zurück, die nicht überstürzt das Weite suchten, sondern sich auf ein Pfeifensignal hin geordnet davonmachten.
    »Solche Krieger hat man in der Neuen Welt noch nichtgesehen«, sagte Jerónimo de Alderete, der am Ende seiner Kräfte war, und sah Valdivia entgeistert an.
    »Ich hatte in meinem Leben nie derart entschlossene Gegner«, nickte der.

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