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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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verheilt war, hinderten ihn am Reiten. Ehe er aufbrach, schickte Valdivia den gefürchteten Francisco de Aguirre erneut in den Norden. Dort sollte er den Wiederaufbau der Stadt La Serena vorantreibenund sich um die Gründung weiterer Siedlungen in diesem Gebiet kümmern, das wegen der Strafexpedition, die derselbe Aguirre Jahre zuvor dorthin unternommen hatte, und wegen des massenhaften Abzugs der Männer von Michimalonko fast gänzlich entvölkert war. Der Gouverneur ernannte Rodrigo de Quiroga zu seinem Statthalter in Santiago, weil allein dessen Weisungen einhellig respektiert und befolgt wurden. So wurde ich durch eine unverhoffte Schicksalsfügung erneut Gouverneurin, was ich im Grunde immer gewesen bin, auch dann, wenn ich den Titel nicht rechtmäßig führte.
    Lautaro verläßt in einer mondlosen Sommernacht Santiago, wird von den Wachen nicht bemerkt und von den Hunden nicht verbellt, da sie ihn kennen. Verborgen zwischen Farnkraut und Schilf, folgt er dem Lauf des Mapocho. Die Brükke der Huincas benutzt er nicht, stürzt sich in die schwarzen Fluten und unterdrückt den Freudenschrei, der sich seiner Brust entringen will. Das kühle Wasser reinigt ihn von innen und wäscht den Geruch der Huincas von seiner Haut. Mit kräftigen Armschlägen quert er den Fluß und entsteigt seinen Wassern wie neu geboren. »Inche Lautaro!«, »Ich bin Lautaro!« ruft er. Reglos wartet er am Ufer, während die linde Nachtluft die Tropfen auf seiner Haut trocknet. Er hört das Krächzen eines Chon-Chón, eines Geists mit Vogelkörper und menschlichem Antlitz, und beantwortet den Ruf; da spürt er, daß Guacolda, die ihm den Weg weist, ganz nah ist. Obwohl seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt haben, muß er sich mühen, um sie zu erkennen, denn sie besitzt die Gabe des Windes, ist unsichtbar, kann durch die Reihen der Feinde wandeln, wird von den Menschen nicht gesehen, von den Hunden nicht gewittert. Guacolda, die fünf Jahre älter ist als er und ihm versprochen. Er kennt sie von klein auf und weiß, daß er zu ihr gehört wie sie zu ihm. Immer hat er sie gesehen, wenn er die Stadtder Huincas verließ, um den Stämmen Nachricht zu bringen. Sie war das Bindeglied, die schnelle Botin. Sie war es, die ihn zur Stadt der Eindringlinge führte, als er noch ein kleiner, elfjähriger Junge war und klare Anweisung hatte, dem Feind etwas vorzugaukeln und wachsam zu sein; sie war es, die ihn im Auge behielt, als er sich an die Fersen des schwarzgekleideten Geistlichen heftete und ihm folgte. Bei ihrem letzten Treffen sagte ihm Guacolda, er solle in der nächsten Neumondnacht aus der Stadt fliehen, da seine Tage beim Feind vorüber seien, er alles Notwendige wisse und sein Volk ihn erwarte. Als sie ihn in dieser Nacht nackt, ohne die Kleider der Huincas, vor sich sieht, grüßt Guacolda ihn mit »Mari mari« und küßt ihn dann zum erstenmal auf den Mund, leckt ihm die Wassertropfen vom Gesicht und bestätigt durch ihre Berührung ihren Anspruch auf ihn. »Mari mari«, antwortet Lautaro, der weiß, daß die Zeit für die Liebe nah ist, bald wird er Guacolda aus ihrer Hütte rauben, wird sie auf seine Schultern nehmen und mit ihr fliehen, wie es Rechtens ist. Er sagt es ihr, und sie lächelt, dann führt sie ihn in leichtem Lauf nach Süden, immer weiter nach Süden. Das Amulett, das Lautaro niemals ablegt, ist von Guacolda.
    Nach vielen Tagen sind die beiden schließlich am Ziel. Lautaros Vater, ein hoch angesehener Kazike, stellt ihn den anderen Toquis vor, damit sie hören, was sein Sohn zu sagen hat.
    »Der Feind macht sich auf den Weg. Es sind dieselben Huincas, die unsere Brüder im Norden besiegt haben«, erklärt Lautaro. »Mit ihren Yanaconas, ihren Pferden und Hunden rücken sie vor zum Bío Bío, dem heiligen Fluß. Bei ihnen ist Michimalonko, der Verräter, und er bringt sein feiges Heer mit, das gegen seine eigenen Brüder des Südens kämpfen soll. Tod dem Michimalonko! Tod den Huincas!«
    Tagelang spricht Lautaro, erklärt, die Arkebusen machten nur Lärm und Rauch, vor den Klingen, den Lanzen,Streitäxten und Hunden müßten sie weit mehr auf der Hut sein; die Reiter trügen Rüstungen, durch die keine Pfeile dringen und keine Lanzen aus Holz; man müsse sie mit Keulen treffen und mit Wurfseilen aus dem Sattel holen; einmal am Boden, seien sie verloren, könnten leicht fortgeschleift und zermalmt werden, denn unter dem Metallpanzer sei Fleisch und Blut.
    »Vorsicht! Diese Männer sind furchtlos. Die Unberittenen sind

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