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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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der Frauen wirkten anziehend, obwohl sie nie lächelten. Über viele Meilen folgten sie unserem Troß, bis Núñez sie nach Hause schickte; da nahmen sie eine nach der anderen ihre Kinder an die Hand und gingen fort. Ihre Männer waren mit den schweren Lasten beladen wie Packtiere und gingen barfuß, und doch schienen ihnen die Launen des Wetters und die Anstrengungen des Marschs weniger zuzusetzen als uns Reitenden. Stumm und mit leeren Gesichtern trotteten sie Stunde um Stunde im immergleichen Takt, als liefen sie im Schlaf. Ihr Spanisch war dürftig, ein wehleidiger Singsang, der stets wie eine Frage klang. Aufgeregt sah ich sie nur, wenn die Hunde von Leutnant Núñez bellten, zwei scharfe Bluthunde, zum Töten abgerichtet.
    Vom ersten Tag an rückte Núñez mir auf den Leib und ließ mich nicht mehr in Frieden. Ich versuchte ihn vorsichtig auf Abstand zu halten, erinnerte ihn daran, daß ich verheiratet war, wollte ihn mir nicht zum Feind machen, aber er wurde mit jedem Tag dreister. Er brüstete sich seiner Ritterwürde, doch die konnte man ihm kaum glauben, wenn man sah, wie er sich benahm. Er hatte es zu etwas Vermögen gebracht und hielt sich dreißig indianische Konkubinen, einige in der Stadt der Könige, andere in Cuzco und »alle höchst willig«, wie er betonte. In seinem Dorf in Spanien wäre das ein Skandal gewesen, aber in der Neuen Welt vergehen sich die Spanier nach Belieben an indianischen und schwarzen Frauen, ohne daß ein Hahn danach kräht. Die meisten werden geschändet und umgehend vergessen, aber einige behalten die Spanier auch bei sich im Haus, nehmen sich jedoch kaum je der Kinder an, diediese mißbrauchten Frauen gebären. So wird dieses Land mit Mischlingen bevölkert, die voller Groll sind. Núñez erbot sich, auf seine Gespielinnen zu verzichten, wenn ich seinen Antrag annahm, was ich doch zweifellos tun würde, sobald sich bestätigte, daß mein Mann tot war, und das war er gewiß, davon war Núñez überzeugt. Dieser aufgeblasene Leutnant besaß zuviel von dem, was mir an Juan de Málaga eine Last gewesen war, und nichts von dem, was ihn für mich liebenswert gemacht hatte. Ich bin keine, die zweimal über denselben Stein stolpert.
    Zu jener Zeit waren die spanischen Frauen in Peru noch an einer Hand abzuzählen, und ich hörte nie davon, daß eine wie ich allein gekommen wäre. Alle waren Ehefrauen oder Töchter von Soldaten und auf Betreiben der Krone gereist, der es um eine Zusammenführung der Familien und die Begründung von rechtmäßigen und gottgefälligen Gesellschaften in den neuen Grenzlanden zu tun war. Sie führten ein Leben hinter geschlossenen Türen, das einsam und öde war, allerdings sehr behaglich, weil ihnen Dutzende indianischer Dienerinnen noch die abwegigsten Wünsche erfüllten. Angeblich wischten sich die spanischen Damen in Peru nicht allein den Allerwertesten ab, selbst darum kümmerten sich ihre Mägde. Eine Spanierin ohne Begleitung zu sehen war also für meine Mitreisenden in dem Troß sehr ungewohnt, und sie überschlugen sich mir gegenüber in Aufmerksamkeiten, als wäre ich eine Frau von Rang und Geblüt und nicht die einfache Näherin, die ich doch eigentlich war. Auf unserem langen und langsamen Marsch waren sie rührend um mich bemüht, teilten ihr Essen mit mir, stellten mir ihre Zelte und Reittiere zur Verfügung, schenkten mir ein Paar Stiefel und eine Decke aus Vicuña-Haar, dem feinsten Wollstoff, den man sich vorstellen kann. Als Gegenleistung baten sie mich nur, ich möge ihnen etwas vorsingen oder von Spanien erzählen, wenn wir gegen Abend unser Lager aufschlugen und das Heimweh siedrückte. Ohne ihre Unterstützung wäre ich wohl nur schwer zurechtgekommen, denn in diesem Land war alles hundertmal teurer als in Spanien, und bald sah ich mich ohne einen Maravedi. Es gab so viel Gold in Peru, daß man Silber nicht wertschätzte, und zugleich fehlte es am Notwendigen, an Hufeisen für die Pferde etwa oder an Tinte zum Schreiben, was die Preise in absurde Höhen trieb. Einem der Reisenden zog ich mit einem Ruck einen faulen Backenzahn – das ist einfach und geht schnell, es bedarf nur einer Anrufung der heiligen Apollonia und einer Zange –, und er entlohnte mich mit einem Smaragd, der eines Bischofs würdig gewesen wäre. Heute funkelt er in der Krone unserer Señora del Socorro und ist kostbarer als damals, weil es Edelsteine in Chile nicht in Hülle und Fülle gibt.
    Nachdem wir viele Tage auf Inkawegen durch trockene Ebenen und über

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