Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Generalhauptmanns. Lang war meine Fahrt hierher, und ich wollte keine Zeit verlieren, ihn zu begrüßen.«
»Sancho de la Hoz? Was fällt Euch ein, mitten in der Nacht in mein Zelt einzudringen?«
Baltasar hatte jetzt wie toll zu bellen begonnen, was dieWachen auf den Plan rief. Im Nu waren auch Don Benito, Rodrigo de Quiroga, Juan Gómez und andere mit Lampen und blankgezogenen Degen zur Stelle und fanden in meinem Zelt nicht nur den frechen Sancho de la Hoz, sondern noch vier weitere Männer. Die Meinen wollten die Eindringlinge unverzüglich festnehmen, aber ich überzeugte sie davon, daß ein Mißverständnis vorlag. Ich bat sie, wieder zu gehen, und wies Catalina an, für die Neueingetroffenen etwas zu essen zu bereiten, während ich mich rasch ankleidete. Eigenhändig schenkte ich den fünfen Wein ein und servierte ihnen mit der gebotenen Gastfreundschaft ihr Mahl, wobei ich sehr aufmerksam zuhörte, was sie mir über die Fährnisse ihrer Reise zu berichten wußten.
Zwischen Nachschenken und Nachschenken stahl ich mich aus dem Zelt, um Don Benito zu sagen, daß er umgehend jemand auf die Suche nach Pedro de Valdivia schicken sollte. Die Situation war heikel, denn unter den unzufriedenen und wankelmütigen Männern unserer Expedition besaß de la Hoz etliche Anhänger. Weil die königliche Ermächtigung, die de la Hoz vorweisen konnte, mehr wog als eine Bewilligung durch Pizarro, beschuldigten einige der Soldaten Valdivia, dem Gesandten der Krone die Eroberung Chiles widerrechtlich streitig zu machen. Allerdings besaß de la Hoz keinerlei finanziellen Rückhalt, seinen Anteil an Atahualpas Lösegeld hatte er in Spanien durchgebracht, für die Unternehmung weder Geld noch Schiffe, noch Soldaten auftreiben können, und sein Wort galt so wenig, daß er in Peru wegen Schulden und Betrügerei inhaftiert gewesen war. Mir schwante, daß er Valdivia loswerden wollte, um die Expedition zu übernehmen und die Eroberung Chiles allein fortzusetzen.
Ich hielt es für das beste, die fünf ungebetenen Besucher mit ausgesuchter Höflichkeit zu behandeln, damit sie Vertrauen faßten und allen Argwohn fahren ließen, bis Pedro zurück wäre. Zunächst sorgte ich dafür, daß sie aßen, bissie nicht mehr konnten, und gab in die Karaffe mit dem Wein genug von dem einschläfernden Pulver aus Catalinas Vorrat, um einen Ochsen zu betäuben, denn ich wollte jeden Aufruhr im Lager vermeiden; das letzte, was wir brauchen konnten, war eine Spaltung unserer Leute in zwei Lager, und zu der konnte es leicht kommen, wenn de la Hoz die Zweifel am rechtmäßigen Anspruch Valdivias schürte. Wegen meiner Freundlichkeit lachten diese Schufte wahrscheinlich hinter meinem Rücken und klopften sich auf die Schenkel, weil sie mit ihrer Dreistigkeit ein dummes Weib hinters Licht geführt hatten, aber es dauerte keine Stunde, da waren sie so betrunken und betäubt, daß sie nicht muckten, als Don Benito mit den Wachen kam und sie abführte. Als man sie durchsuchte, fand man bei jedem einen Dolch mit silberverziertem Griff, alle fünf vollkommen gleich, und damit konnte kein Zweifel sein, daß sie in bühnenreifer Weise Valdivias Ermordung geplant hatten. Die fünf gleichen Dolche mußten eine Idee des feigen de la Hoz gewesen sein, der die Verantwortung für die Missetat auf fünf Schultern hatte verteilen wollen. Unsere Hauptleute forderten, die fünf Verschwörer an Ort und Stelle hinzurichten, aber ich gebot ihnen Einhalt, weil eine so weitreichende Entscheidung nur von Pedro de Valdivia getroffen werden konnte. Es bedurfte einiger Überzeugungskunst und Festigkeit, Don Benito daran zu hindern, daß er de la Hoz am nächsten Baum aufknüpfte.
Drei Tage später kehrte Pedro zurück. Über die Verschwörung war er bereits im Bilde, doch war seine Laune ungetrübt, denn er hatte seinen Freund Francisco de Aguirre gefunden, der ihn schon seit Wochen erwartet hatte und obendrein fünfzehn berittene Soldaten, zehn Arkebusiere, viele Indios und Nahrungsmittel für etliche Tage zu unserem Unternehmen beizutragen hatte. Wenn mich nicht alles täuscht, wuchs unsere Schar damit auf über hundertdreißigSoldaten; anders als die Marienquelle war dies tatsächlich ein Wunder.
Ehe Pedro mit seinen Hauptleuten darüber sprach, was mit Sancho de la Hoz zu tun wäre, zog er sich mit mir in unser Zelt zurück, um meine Version des Geschehenen zu hören. Oft ist behauptet worden, ich hätte Valdivia mit Liebestränken und Zauberformeln in Bann geschlagen, hätte
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