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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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und warten, denn unter den Yanaconas war das Gerücht laut geworden, eine zweite Schar Spanier sei in der Gegend. Der Name Francisco de Aguirre war gefallen, und Pedro hoffte inständig, daß sein Herzensfreund zu uns stoßen werde. Aus der Ferne wurden wir von feindlichen Indios belauert, aber sie näherten sich nicht. Ich konnte mich wieder in dem vornehmen Zelt von Pizarro einrichten. Auf dem Boden breitete ich peruanische Decken aus, verteilte Sitzkissen, holte das irdene Geschirr aus den Truhen, um endlich nicht mehr aus Holzschalen essen zu müssen, und gab Anweisung, einen Lehmofen zu bauen, mit dem sich anständig kochen ließe, denn zwei Monate Getreide und Trockenfleisch waren genug. In den größeren Raum des Zelts, der Valdivia als Hauptquartier, Audienzraum und Gerichtssaal diente, stellte ich seinen Sessel und einige lederne Hocker für die Besucher, die oft unangemeldet kamen. Catalina war den ganzen Tag wie ein lautloser Schatten im Lager unterwegs undhielt mich über alles auf dem laufenden. Nichts geschah unter Spaniern und Yanaconas, von dem ich nicht erfahren hätte. Häufig kamen die Hauptleute abends zum Essen und mußten erleben, daß Valdivia auch mich an den Tisch bat. Wahrscheinlich hatte keiner von ihnen je mit einer Frau eine Mahlzeit eingenommen. In Spanien ist das nicht üblich, aber hier sind die Sitten lockerer. Kerzen und Öllampen sorgten für Licht und zwei große peruanische Kohlebecken für Wärme, denn die Nächte waren kühl. González de Marmolejo, der nicht nur Priester war, sondern auch in wissenschaftlichen Fragen bewandert, erklärte uns, weshalb die Jahreszeiten hier vertauscht sind, es in Chile Sommer ist, wenn in Spanien Winter herrscht und umgekehrt, aber niemand konnte ihm recht folgen, und im stillen dachten wir weiterhin, daß die Gesetze der Natur in der Neuen Welt aus den Fugen waren. Im Nebenraum des Zelts hatten Pedro und ich unsere Bettstatt, außerdem ein Schreibpult, meinen Altar, unsere Truhen und den Waschzuber, der lange nicht benutzt worden war. Pedros Wasserscheu hatte etwas nachgelassen, und zuweilen konnte ich ihn überreden, in den Bottich zu steigen und sich von mir einseifen zu lassen, aber eine Katzenwäsche mit einem feuchten Lappen zog er allemal vor. Wir erlebten frohe Tage, genossen unsere Liebe wie einst in Cuzco. Ehe wir uns einander hingaben, las Pedro mir gern aus seinen Lieblingsbüchern vor. Ich hatte ihm nicht verraten, daß González de Marmolejo mir lesen und schreiben beibrachte, es sollte eine Überraschung werden.
    Nach einigen Tagen brach Pedro mit einer kleinen Schar seiner Männer auf, weil er in der Umgegend nach Francisco de Aguirre Ausschau halten und sehen wollte, ob sich mit den Indios verhandeln ließe. Er war der einzige, der an die Möglichkeit einer gütlichen Einigung glaubte. Ich nutzte seine Abwesenheit, um mich ausgiebig zu baden und meine Haare mit der Rinde der Quillaja zu waschen, die Läusetötet und das Haar seidig und bis ans Lebensende frei von grauen Strähnen hält. Bei mir hat dieser chilenische Wunderbaum das zwar nicht vermocht, ich benutze die Rinde von jeher, und mein Kopf ist doch schlohweiß geworden, aber wenigstens bin ich nicht halb kahl wie so viele andere in meinem Alter. Vom vielen Laufen und Reiten tat mir der Rücken weh, und eins meiner Mädchen rieb ihn mir mit einer Salbe aus Peumo-Blättern ein, die Catalina bereitet hatte. Sehr erleichtert ging ich an diesem Abend zu Bett, und Baltasar legte sich zu meinen Füßen auf den Boden. Der Hund war zehn Monate alt und noch sehr verspielt, besaß indes schon eine stattliche Größe und ließ erahnen, daß er einmal ein guter Wachhund sein würde. Endlich wurde ich einmal nicht von Schlaflosigkeit geplagt und war rasch eingeschlafen.
    Es war Mitternacht vorbei, als Baltasars dumpfes Knurren mich weckte. Ich setzte mich auf, tastete mit der einen Hand im Dunkeln nach einem Schultertuch, das ich mir umwerfen konnte, und hielt mit der anderen den Hund fest. Ein ersticktes Raunen drang aus dem Nebenraum, ohne Zweifel war dort jemand. Erst dachte ich, Pedro sei zurück, denn die Wachen vorm Zelt hätten niemanden sonst hereingelassen, aber das Verhalten des Hundes erschreckte mich. Ich nahm mir nicht die Zeit, eine Lampe zu entzünden.
    »Wer da?« rief ich.
    Angespannte Stille, dann rief jemand nach Pedro de Valdivia.
    »Er ist nicht hier. Wer sucht ihn?« fragte ich jetzt zornig.
    »Verzeiht, Señora, ich bin es nur, Sancho de Hoz, treuer Diener des

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