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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Männer. Mit einem gut bewaffneten Trupp machte Valdivia sich auf den Weg, und an seiner Seite ritt Michimalonko auf einem wunderbaren Rotfuchs, den Pedro ihm geschenkt hatte. Es goß in Strömen, sie waren durchnäßt bis auf die Haut und zitterten vor Kälte, aber ihre Laune war ungetrübt. Unterdessen hörte man in Santiago die Zornesschreie der von Michimalonko hintergangenen Toquis, die noch immer an ihre Pfähle gekettet waren. Aus den umliegenden Wäldern antwortete der dumpfe Ruf der Trutucas auf die Verwünschungen der Anführer.
    Der großtuerische Michimalonko führte die Huincas gut dreißig Meilen durch die Hügel bis zu einer Flußmündung nahe der Küste und von dort weiter zu einem Bachbett, an dem seit vielen Jahren Gold gewaschen wurde zu dem einzigen Zweck, die Gier der Inkas zu stillen. Wie vereinbart, unterstellte er eintausendfünfhundert Seelen der Befehlsgewalt Valdivias, wobei sich zeigte, daß die meisten Frauen waren, doch dagegen war nichts einzuwenden, denn unter den chilenischen Eingeborenen erledigen die Frauen alle Arbeit, die Männer schwingen nur Reden und üben ihre Muskelkraft im Kampf, beim Schwimmen und Ballspielen. Die Männer, die Michimalonko zur Verfügung stellte, machten keinen Finger krumm, weil sie es unter ihrer Kämpferwürde fanden, den ganzen Tag im Wasser zu stehen und mit einem Korb Sand zu waschen, aber Valdivia war sich sicher, daß sie unter den Peitschenhieben der Neger schon gefügig würden. Ich lebe seit vielen Jahren in Chile und weiß, daßes keinen Zweck hat, die Mapuche versklaven zu wollen, eher sterben sie oder fliehen. Sie sind niemandem hörig und begreifen nicht, wozu Arbeit dienen soll, schon gar nicht, wenn sie darin besteht, Gold aus einem Fluß zu waschen und es den Huincas zu geben. Sie leben vom Fischfang, von der Jagd, von Beeren und Pinienkernen, treiben etwas Ackerbau, halten Lamas und Federvieh. Sie besitzen nur, was sie mit sich führen können. Weshalb sollten sie sich den Peitschen der Aufseher beugen? Aus Furcht? Die kennen sie nicht. Über alles schätzen sie die Tapferkeit und an zweiter Stelle die Gegenleistung: Du gibst mir, ich gebe dir, wie es gerecht ist. Sie haben keine Kerker, keine Ordnungshüter und keine Gesetze als die der Natur; auch die Strafe ist natürlich, wer Böses tut, muß damit rechnen, daß ihm Gleiches widerfährt. So ist es in der Natur und kann unter den Menschen nicht anders sein. Mit uns liegen sie seit vierzig Jahren im Krieg und haben zu foltern, zu rauben, zu lügen und zu betrügen gelernt, doch untereinander leben sie, so hat man mir berichtet, in Frieden. Die Frauen pflegen das Netz der familiären Bande und halten so die Klans selbst über Hunderte von Meilen zusammen. Vor dem Krieg besuchten sie einander häufig, und weil die Reisen lang waren, blieb man über Wochen zusammen, festigte Freundschaften, gab die alten Geschichten auf mapudungu zum besten und erzählte sich neue, tanzte, trank, verabredete Ehen. Einmal im Jahr trafen sich die Stämme auf freiem Feld zum Nguillatún, der Anrufung des Herrn über die Menschen, den sie Ngenechén nennen, und um die Erde zu ehren, die Göttin der Fülle, fruchtbar und treu, Mutter des Volks der Mapuche. Sie finden es respektlos, wenn man wie wir Gott jeden Sonntag behelligt; einmal im Jahr genügt vollauf. Ihre Toquis sind keine unumschränkten Herrscher, niemand ist ihnen zum Gehorsam verpflichtet, ihre Pflichten sind zahlreicher als ihre Vergünstigungen. Alonso de Ercilla y Zúñiga beschreibt, wie die Toquis ernannt werden:
    Nicht Rang ist wichtig und auch nicht die Habe,
    nicht Erbe, nicht der Name oder Stand,
    vielmehr der wehrhaft Arm und seine Gabe
    entscheidet, wer zum höchsten Mann ernannt;
    nur er allein befähigt, zeugt und kündet
    vom Wert, den man in diesem Menschen findet.
    Als wir nach Chile kamen, wußten wir nichts über die Mapuche, wir dachten, es würde einfach sein, sie zu unterwerfen, schließlich war uns das mit weit zivilisierteren Völkern gelungen, mit den Azteken etwa oder den Inkas. Es dauerte Jahre, bis wir begriffen, wie gründlich wir uns getäuscht hatten. In diesem Krieg ist kein Ende abzusehen, denn wenn wir einen Toqui hinrichten, taucht sofort der nächste auf, und wenn wir einen ganzen Stamm ausrotten, drängt ein neuer aus den Wäldern und nimmt seinen Platz ein. Wir möchten Städte gründen und vorankommen, ein gesittetes und behagliches Leben führen, sie aber sind einzig auf Freiheit aus.
    Pedro blieb einige

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