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Infam

Infam

Titel: Infam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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gewesen wäre. Aber abgesehen davon, hatten wir schon Wochen vor Brookes Ermordung keinen Kontakt mehr gehabt.«
    »Dann denkst du also, dass es noch jemand anderen in ihrem Leben gibt, außer dir und mir.«
    »Ja«, bestätigte Anderson. »Ich schätze, das ist der Grund, weshalb ich Claire so wegen ihrer Affäre mit Darwin zugesetzt habe.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich war wütend über das, was ich da gerade gelesen hatte. Und ich habe es an ihr ausgelassen.«
    Ich war hin und her gerissen, ob ich hier einem Waffenbruder gegenüberstand, der im selben Krieg wie ich gekämpft hatte, oder einem Feind, den ich auf frischer Tat dabei ertappt hatte, wie er mir ein Messer in den Rücken rammte. Vielleicht sogar wortwörtlich. »Hast du mich gebeten, diesen Fall zu übernehmen«, sagte ich, »weil du Julia geliebt hast und ihr helfen wolltest?«
    »Sie hat mich wissen lassen, dass sie Billy nicht für den Täter hielt«, antwortete er. »Mein Instinkt sagte mir dasselbe.«
    »Das beantwortet meine Frage nicht.«
    Er zögerte, wenn auch nur für den Bruchteil einer Sekunde. »Ja«, sagte er. »Ich habe dich dazugeholt, weil ich ihr helfen wollte.«
    »Und …«
    »Und weil ich dachte, ich …« Er hielt inne und korrigierte sich. »Und weil ich sie liebte.« Er zuckte mit den Schultern. »Du wolltest eine Antwort hören. Da hast du sie. Es klingt verrückt, aber ich habe sie geliebt.«
    Ich nickte. Diese ehrliche Antwort reichte beinahe, um mich zu überzeugen, dass Anderson die Wahrheit sagte. Trotzdem quälten mich noch immer Zweifel. Ich sah Anderson durchdringend an. »Wenn ich nicht der Ansicht wäre, dass Darwin Bishop ganz oben auf die Liste der Verdächtigen gehört, würde ich dann noch an diesem Fall arbeiten?«
    »Was für eine Frage, Frank.« Anderson gelang es nur mit Mühe, seine Stimme ruhig klingen zu lassen. »Willst du wissen, ob ich einen Mann für den Rest seines Lebens hinter Gitter bringen würde, nur um ihm seine Frau wegzunehmen?«
    Genauso lautete die Frage, obwohl es abscheulich klang, als Anderson sie aussprach. Ich schwieg.
    »Als ich gesagt habe, sie müssten zuerst mich feuern, wenn sie dich aus diesem Fall hinausdrängen wollten, habe ich es auch so gemeint«, erklärte er. »Es mag schwer sein, das jetzt noch zu glauben. Aber wenn du mir erzählt hättest, dass Billy alle Charakterzüge eines Mörders aufweist, dann würde er ganz oben auf unserer Liste stehen, nicht Darwin. Ich würde niemals jemandem einen Mord anhängen. Nicht einmal für Julia Bishop.«

16
    Anderson flog zurück nach Nantucket, während ich mit einem Taxi vom Präsidium der State Police zum Mass General fuhr. So sehr wir auch Abstand und Zeit brauchten, um zu entscheiden, wie es zwischen uns weitergehen sollte, wussten wir doch beide, dass wir am Ball bleiben mussten. Bei all den Komplikationen des Bishop-Falls war eines unverändert geblieben: Jemand hatte versucht, die fünf Monate alte Tess Bishop zu ermorden – und würde es vielleicht ein zweites Mal versuchen.
    Während das Taxi den Storrow Drive entlangbrauste und der Charles River zu meiner Linken und die Bostoner Skyline zu meiner Rechten vorbeiflogen, begann ich mich zu fragen, wer das Negativ in das Medikamentenfläschchen gesteckt hatte. Angesichts seiner Leidenschaft für Insel-Fotografie und der Tatsache, dass er es gewesen war, der das Fläschchen an Anderson und mich übergeben hatte, war Garret der offensichtlichste Kandidat. Doch es war zumindest vorstellbar, dass Darwin Bishop es dort hineingegeben hatte – dass er einen Teil seines Motivs für den versuchten Mord zusammen mit den Mitteln, mit denen er Tess zu ermorden versucht hatte, darin verwahrt hatte. Die Antwort sollte nicht lange auf sich warten lassen; Leona würde inzwischen das Negativ auf Fingerabdrücke hin untersuchen.
    Es war bereits nach 18 Uhr und wurde langsam dunkel, als ich durch den Haupteingang des Krankenhauses trat. Ich hatte den flüchtigen Impuls, einen kurzen Abstecher in die Notaufnahme zu machen und mir von Colin Bain ein Rezept für Percocet geben zu lassen, um den Schmerz von den Verletzungen meines Körpers und meiner Psyche – meinem verstümmelten Rücken, meinem verletzten Stolz, meiner zerbrochenen Freundschaft – zu betäuben. Jeder Suchtberater würde mir unter den gegebenen Umständen diesen kleinen Rückfall verzeihen. Zum Glück erkannte ich, dass meine Nüchternheit möglicherweise eines der wenigen Dinge war, über die ich noch Kontrolle hatte. Es

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