Infam
York Times
vermeldete, dass Bishop bei einer Sotheby’s-Auktion für 4,2 Millionen Dollar ein Mark-Rothko-Ölgemälde ersteigert hatte, dessen Wert auf 800.000 Dollar geschätzt worden war. Sein aufwändiger Lebensstil hatte das Interesse von
Vanity Fair
geweckt, die Fotos seiner Oldtimer-Sammlung und seines 1800-Quadratmeter-River-House-Penthouse veröffentlichte. Das Gebäude an der zweiundfünfzigsten Straße in einer Sackgasse zwischen der First Avenue und dem East River, in dem sich das Penthouse befand, beherbergte auch Henry Kissinger und Lord Rothschild. Das Penthouse hatte ehemals den Astors gehört, bevor Bishop es sich für den Spottpreis von 13 Millionen Dollar geschnappt hatte. Und das war, bevor die Immobilienpreise in Manhattan wirklich in den Himmel geschossen waren.
Ich blieb an einem älteren Artikel aus dem Archiv des
New York
-Magazins mit dem Titel »Bishop fährt mit seiner Braut ins Glück« hängen, in dem es um Bishops Heirat mit »›Elite‹-Model Julia Oakley« ging. Ein Foto zeigte die Bishops in Smoking und Hochzeitskleid, während sie in einem roten Ferrari Testarossa die Fifth Avenue entlangfuhren. Julia sah atemberaubend aus.
Etwa in der Mitte des Artikels ließ sich Bishop über seine erste Ehe aus. »Lauren und ich hatten zwei wunderbare Jahre«, hatte Bishop dem Reporter erzählt. »Ich würde unsere gemeinsame Zeit gegen nichts eintauschen. Aber eines Tages sind wir schlichtweg aufgewacht und haben gesagt: ›Wir sind besser als Freunde denn als Ehemann und Ehefrau.‹ Und eines kann ich Ihnen verraten: Ich könnte mir keinen besseren Freund wünschen.«
Ich schmunzelte. Jeder konnte zwischen den Zeilen lesen, dass das nicht einmal die halbe Geschichte war.
Ich sah Dutzende von Verweisen durch und überflog ein paar hundert weitere, bis mein Blick an einem hängen blieb, der aus der Reihe zu fallen schien. Es war ein Artikel in der
New York Daily News
aus dem Jahr 1995 mit der Überschrift »Firmenchef auf Schleuderkurs«, der Bishops Festnahme wegen Trunkenheit am Steuer schilderte.
Stuart Tabor
Exklusiv für die Daily News
Manhattan
Ein Mann aus Manhattan wurde gestern kurz nach 2 Uhr morgens festgenommen, nachdem er mit seinem Porsche Carrera auf der Triboro Bridge zwei andere Wagen gerammt und anschließend Fahrerflucht begangen hatte.
Darwin Bishop, 45, wohnhaft 32 East 49 TH Street, werden Trunkenheit am Steuer, Gefährdung des Straßenverkehrs, Fahrerflucht und Widerstand gegen die Staatsgewalt zur Last gelegt. Die Polizei nahm ihn nach einer Verfolgungsjagd, die in Astoria, Queens, endete, in Gewahrsam.
Trotz einer früheren Verurteilung aus dem Jahr 1981 wegen tätlichen Angriffs wurde Bishop heute nach Hinterlegung einer Kaution von 250.000 Dollar auf Ehrenwort freigelassen.
Estelle Marshfield, 39, wurde mit Brust- und Bauchverletzungen vom Unfallort ins Columbia Presbyterian Hospital gebracht. Ihr Zustand gilt als nicht lebensbedrohlich. Es gab keine weiteren Verletzten.
Ein Foto zeigte einen vollkommen anderen Darwin Bishop als den unerschütterlichen Mann, den ich nur wenige Stunden zuvor auf Nantucket kennen gelernt hatte. Sein Kopf war gesenkt und seine Hände hinter seinem Rücken gefesselt, während ihn zwei Polizisten in das 23. Revier eskortierten. Die Brust seines blauweißen Nadelstreifenhemds war blutbefleckt.
Ich starrte auf das Bild, das einen betrunkenen Darwin Bishop mit hängendem Kopf zeigte. In seiner Villa auf Nantucket hatte er so steif und zugeknöpft gewirkt. Unangreifbar. Dieses Foto hingegen machte ihn für mich zu einer realen Person, weil es bestätigte, wovon ich innerlich überzeugt war: Jeder – reich oder arm, schwarz oder weiß, gebildet oder nicht – befindet sich in emotionalem Aufruhr, leidet irgendeinen Schmerz. Den meinen hatte ich jahrelang mit Alkohol und Kokain betäubt. Bishop hatte offensichtlich seine eigenen Probleme mit dem Alkohol. Inzwischen genoss er den Rausch des Geldes, einer Droge, die mindestens ebenso süchtig machte.
Aber vielleicht waren tief schürfende Betrachtungen zum Wesen der Menschheit nur ein Teil des Grunds, weshalb ich meinen Blick nicht von dem Foto losreißen konnte. Vielleicht gefiel es mir, eine gedemütigte Version von Bishop zu sehen, weil mich der Gedanke an ihn mit seiner neuen Braut Julia ärgerte.
Ich fragte mich, warum Julia Bishop einen so unmittelbaren und überwältigenden Eindruck auf mich gemacht hatte. Sie war atemberaubend schön, doch irgendwie schien das nicht der
Weitere Kostenlose Bücher