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Infam

Infam

Titel: Infam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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Pick-up. Ich hatte Lust auf einen Drink, deshalb beschloss ich, mir im Café Positano einen Kaffee zu genehmigen.
    Carl Rossetti, mein Anwaltsfreund (und gelegentlicher Patient), stand an der Espresso-Theke, als ich hereinkam. Sein langes schwarzes Haar war zu einem Zopf geflochten. Ich gesellte mich zu ihm und nickte Mario zu.
    »Was gibt’s Neues, Meister?«, fragte Rossetti. Bevor ich antworten konnte, streckte er mir seinen kleinen Finger hin, an dem ein protziger Brillant-Solitär steckte, der mindestens zwei Karat haben musste. »Wie findest du ihn?« Er zog an seiner Zigarette.
    »Nicht schlecht«, sagte ich. »Ich meine, wenn du vorhast, dich zu verloben und ihn deiner Angebeteten zu geben.«
    Er schmunzelte und blies eine dünne Rauchfahne zur Silberblechdecke hinauf. Wahrscheinlich dachte er, dass ich scherzte. »Den hab ich als Honorar von Scotty Deegan bekommen«, erklärte er. »Ich habe ihn bei einer Drogenanklage vor Richter McClure im Bundesgericht vertreten. Besitz von zweihundert Kilo Gras, mit Vorsatz des Handels. Wir haben uns wacker geschlagen. Sechsunddreißig Monate in Allenwood. Hafterleichterungen. Nach zwei Jahren vielleicht Freigang. Es war also ein Sieg.«
    »Er hat sich den Richtigen ausgesucht«, sagte ich und meinte es auch so. Wenn ich in Schwierigkeiten wäre, würde ich als Erstes Carl Rossetti anrufen.
    Er wedelte mit seiner Hand und bewunderte den im Licht funkelnden Stein. »Ich würde niemals Kohle für so was ausgeben, aber wenn’s einem in den Schoß fällt, dann greift man zu, stimmt’s?« Er zuckte mit den Schultern.
    »Ein bisschen zu protzig für meinen Geschmack«, sagte ich. »Er könnte selbst für deinen Geschmack ein bisschen zu protzig sein, und das will schon viel heißen.«
    »Manchmal muss man über seinen eigenen Schatten springen«, gab Rossetti zurück und klopfte mir auf die Schulter. »Also, was gibt’s Neues bei dir? Bist du noch mit der brasilianischen Schönheit von neulich abends zusammen?«
    Ich hatte das Gefühl, als wäre wesentlich mehr Zeit als nur ein paar Abende vergangen. Ich dachte an Justine zurück, in meiner Wohnung, an dem Morgen, als North Anderson an meiner Tür geklingelt hatte. »Sie ist wieder in Brasilien«, sagte ich. »Dort wäre ich auch, wenn ich mir nicht diesen Bishop-Fall aufgehalst hätte. Du erinnerst dich sicher noch – das Baby auf Nantucket.«
    »Natürlich. Der Russen-Junge«, bestätigte er. »Plädiert er auf Unzurechnungsfähigkeit?«
    »Sieht so aus. Er behauptet, er wär’s nicht gewesen.«
    Rossetti schmunzelte. »Was soll er denn sonst sagen? Hat er einen Anwalt?«
    »Soviel ich weiß, nicht«, erwiderte ich.
    »Leg ein gutes Wort für mich ein, wenn du die Gelegenheit bekommst.«
    »Vor zwei Tagen hast du doch noch behauptet, der Junge sei zweifelsohne schuldig.«
    »Einen Anwalt braucht er trotzdem«, konterte Rossetti. »Und ich könnte eine goldene Gans wie ihn gebrauchen. Meine sonstigen Klienten sind keine Milliardäre.«
    Mario brachte meinen Kaffee. Ich trank einen Schluck. Dann schnorrte ich mir eine Zigarette von Rossetti, steckte sie an und inhalierte so viel Rauch, wie meine Lunge fassen konnte.
    »Darfst du darüber reden, was du bis jetzt in dem Fall herausgefunden hast?«, erkundigte sich Rossetti.
    Rossetti mochte recht außergewöhnlich aussehen, doch er war auch außergewöhnlich brillant. Ich begrüßte die Gelegenheit, seine Meinung zu einigen der Details zu hören, die ich über den Bishop-Fall wusste. »Eins der Dinge, die ich ausgegraben habe, ist, dass Darwin Bishop – der Vater des Verdächtigen – eine Vorstrafe wegen häuslicher Gewalt hat«, berichtete ich. »Er hat seine erste Frau geschlagen und darüber hinaus gegen ein Kontaktverbot verstoßen, das vom Gericht gegen ihn ausgesprochen worden war.«
    »Du machst Witze«, sagte Rossetti.
    »Ich habe mir sein Strafregister besorgt. Es war alles in den öffentlichen Archiven zu finden.«
    »Dann ziehe ich respektvoll meine zuvor geäußerte Meinung zurück.«
    »Meinung worüber?«, fragte ich.
    »Den Russen-Jungen«, sagte Rossetti. »Ich hebe hiermit seine Verurteilung auf.«
    »Warum?«
    »Weil der Vater bis auf weiteres dein Täter ist, Doc. Ist mir egal, wie viele Katzen der Junge erdrosselt oder wie oft er ins Bett gepisst hat.«
    »Was macht dich da so sicher?«
    Rossetti hob beide Hände wie ein Dirigent. »Als wüsstest du das nicht selber. Männer, die Frauen schlagen, sind anders als wir anderen. Du stimmst mir doch zu,

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