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Infam

Infam

Titel: Infam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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Ölraffinerie außerhalb von St. Petersburg und hat seinen Finger am Puls der Geschäftswelt in ganz Russland.«
    »Ich wäre dir sehr dankbar.« Ich trank meine Tasse aus und legte einen Zehner auf die Theke, damit es auch für Rossettis Kaffee reichte. »Diese Runde spendiere ich«, sagte ich und wandte mich zum Gehen.
    Rossetti hielt mich am Arm zurück. »Danke für den Kaffee«, sagte er. »Versprich mir, dass du auf dich aufpasst, Frank.« Auch der letzte Anflug von Humor verschwand von seinem Gesicht. »Ich meine es ernst. Sei vorsichtig.«
    Ich nickte. »Wir sehen uns«, verabschiedete ich mich. »Melde dich, wenn du etwas von deinem Freund Viktor hörst.«
    Ich fuhr über die Meridian Street Bridge zurück und bog nach links auf die Spruce ab. Eigentlich hatte ich vor, die Winnisimmet zu nehmen und schnurgerade nach Hause zu fahren, doch ich wusste, dass mich dort nur weiteres Herumwälzen und Wachliegen erwarteten – zumindest redete ich mir das ein. Also fuhr ich geradeaus weiter durch das Großmarktviertel von Chelsea zum Sir Galahad Motel and Lounge.
    Das Sir Galahad ist ein heruntergekommenes, von Obst- und Gemüsegroßhandlungen flankiertes Striplokal mit Ytong-Wänden. Die Mädels tragen keine ausgefallenen Kostüme. Sie geben sich nicht einmal die Mühe, so zu tun, als wären sie College-Studentinnen. Und niemand tut so, als wäre dies ein Herrenclub.
    Als ich noch meinen Lebensunterhalt mit der Forensik verdient hatte, war ich Abend für Abend Gast im Sir Galahad gewesen. Ich hatte mich beständig der nackten Wahrheit über die menschliche Natur stellen, Lust und Eifersucht und Hass und all die anderen Emotionen ausloten müssen, die die Triebfedern für Gewalt sein können.
    Außerdem war ich dorthin gegangen, um zu trinken. Und diese Tatsache hielt mich hinter dem Steuer meines F-150, nachdem ich vor dem Gebäude geparkt hatte. Ich saß da und betrachtete die rosafarbene Tänzerin, die vom Neonschild des Sir Galahad flackernd die Nacht erhellte. Und ich erinnerte mich daran, dass die ständige Nähe zu den Abgründen der menschlichen Natur in mir das Bedürfnis geweckt hatte, das schonungslose Bild mit Scotch oder Kokain oder vorzugsweise einer Kombination aus beidem abzumildern. Ich erinnerte mich daran, dass es eine Milchmädchenrechnung gewesen war – es hatte sich nur täglich mehr Zins und Zinseszins meines Schmerzes angesammelt.
    Ich kann nicht mit Gewissheit sagen, was mich aus meinem Pick-up aussteigen ließ. Vielleicht war es der Anblick von Billy Bishops vernarbtem Rücken, das Bild eines verzweifelt nach Luft ringenden Säuglings oder das Aufwallen von Gefühlen, die ich früher einmal für Kathy empfunden hatte. Vielleicht war es auch nichts von alledem, sondern nur wieder mein altes Problem, in einer schnurgeraden Linie durch eine Welt voller emotionaler Minenfelder zu gehen, die überall willkürlich versteckt lauerten.
    Aus welchem Grund auch immer betrat ich das Sir Galahad. Musik plärrte aus den Lautsprechern, mit denen man mühelos ein Rockkonzert hätte beschallen können. Rote, blaue und lila Scheinwerfer tauchten die Wände und die Decke in bunte Farben. Ich suchte mir einen Platz ganz vorn am Laufsteg. Eine blonde Tänzerin, die ich auf höchstens neunzehn schätzte, hatte sich bereits bis auf einen weißen Slip ausgezogen. Sie hakte ihre Daumen unter das Taillengummi und zog ihr Höschen ein paar Zentimeter herunter, um die vielleicht zwanzig Fernfahrer und Rocker anzuheizen, die im Raum verstreut saßen. Sie nickten, zwinkerten und grinsten ihr zu. Dann zog sie ihr Höschen wieder hoch, so weit, dass es sich in ihren Schritt schnürte. Die Männer klatschten begeistert.
    »Was darf’s sein?«, fragte mich eine Kellnerin von etwa fünfundfünfzig, deren ausgemergelter Körper in hautengen Jeans und einem Schlauchoberteil steckte.
    Ich überlegte, ob ich mir eine Diät-Cola bestellen sollte – aber nur einen Augenblick lang. »Scotch«, sagte ich. »Auf Eis.«
    »Kommt sofort«, erwiderte sie. Sie drehte sich um und marschierte zur Theke.
    Die Tänzerin zog ihren Slip bis zu den Knöcheln hinunter, stieg aus dem Höschen heraus und baute sich vor dem Mann zwei Plätze neben mir auf, der fünf Fünf-Dollar-Scheine über das Messinggeländer gefaltet hatte. Sie ließ sich nach hintenüberkippen, spreizte die Beine und hielt sich krebsgleich auf allen vieren, während sie sich ihm großzügig präsentierte.
    Mein Scotch kam. Ich bezahlte ihn und hielt die bernsteinfarbene

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