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Infam

Infam

Titel: Infam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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abscheulichsten Dinge getan haben.« Ihr von meinem Schmerz zu erzählen war so, als würde ich ihn ihr überantworten und ihn von meinen Schultern nehmen.
    Sie sah mir noch immer tief in die Augen, während sie nickte, und ihr Gesichtsausdruck und ihre gesamte Haltung ermutigten mich, mehr darüber zu erzählen, ihr mein Herz auszuschütten.
    »Ich habe die Forensik vor einigen Jahren aufgegeben«, sagte ich. »Es ist nicht besonders gut für mich gelaufen.« Das war alles, was ich bereit war preiszugeben, und Julia schien zu verstehen.
    Sie holte tief Luft. »Ich habe immer fest daran geglaubt, dass Menschen immer dann in unser Leben treten, wenn wir sie brauchen«, sagte sie.
    »Daran glaube ich auch«, pflichtete ich bei. Unsere Blicke trafen sich, und mir wurde klar, warum Models die unglaublichen Honorare verlangen können, die man ihnen bezahlt. Julias strahlende Augen versprachen, das Beste in einem zu sehen und einem zu helfen, es selbst zu erkennen. Sie weckte in mir den Drang, für sie stark zu sein.
    »In Wahrheit«, sagte sie, »leben die Jungs und ich schon seit Jahren in Furcht vor Darwin. Er wird unberechenbar gewalttätig. Früher ist es passiert, wenn er getrunken hatte. Ich gab dem Alkohol die Schuld. Aber nachdem er es geschafft hatte, mit dem Trinken aufzuhören, wurde es nur noch schlimmer.«
    »Er schlägt Sie?«, fragte ich und spürte, wie sich mein Puls beschleunigte. Mir war klar, dass ein Teil meiner Reaktion darin verwurzelt sein musste, dass ich Zeuge gewesen war, wie mein Vater meine Mutter geschlagen hatte, doch ich vermochte nicht zu sagen, wie viel davon. Und ich wusste nicht, wie ich diesen Teil von mir unter Kontrolle behalten konnte.
    Julia schaute verlegen drein. »Sagen wir einfach, ich musste des Öfteren eine Sonnenbrille tragen«, erwiderte sie. »Ich habe über die Jahre viel verborgen.«
    »Und er misshandelt die Jungs?«
    Ihr Gesicht wurde ernst. »Daran trage ich Mitschuld«, sagte sie. »Ich hätte schon vor langer Zeit mit ihnen weggehen sollen.«
    »Das heißt also, er misshandelt sie«, hakte ich nach.
    Sie nickte. »Billy hat das meiste davon abbekommen«, gestand sie.
    Ich bemerkte, dass ich mich über den Tisch gebeugt hatte, und lehnte mich wieder auf meinem Stuhl zurück. »Warum?«, fragte ich.
    »Aus zwei Gründen, denke ich. Zum einen ist es Billy bedeutend schwerer gefallen, Leistung zu zeigen. Win betrachtet das als einen direkten Angriff gegen seine Autorität. Er scheint nicht zu begreifen, dass Billy aufgrund seiner Vergangenheit vielleicht immer mehr zu kämpfen haben wird. Darwin ist felsenfest überzeugt, dass Billy absichtlich wieder und wieder in der Schule – und im Sport – versagt hat. Aus reiner Gehässigkeit.«
    Das klang eindeutig nicht nach dem Mann, der so betont hatte, dass Billy krank und kein schlechter Mensch sei – und jede mögliche Hilfe verdiente. Langsam erkannte ich, dass Darwin Bishop mindestens zwei Gesichter hatte. »Was ist der andere Grund, dass Billy das bevorzugte Opfer Ihres Mannes ist?«, fragte ich.
Ihr Mann.
Die Worte gefielen mir keinen Deut besser, wenn ich sie selbst aussprach.
    »Billy ist derjenige, der sich immer auflehnt. Er gibt nicht klein bei. Keine Entschuldigungen. Keine Versprechen, sich mehr anzustrengen oder besser zu benehmen – nicht einmal, nachdem er Feuer im Haus gelegt hatte. Diese Sturheit macht Darwin offensichtlich nur noch wütender. Es gibt sonst niemanden in seinem Leben, der ihm die Stirn bietet.« Sie senkte den Blick. »Ich selbst eingeschlossen.«
    Ich entschied, ihr reinen Wein darüber einzuschenken, was Billy mir über die wiederholten Schläge mit dem Riemen erzählt hatte. »Als ich Billy im Payne Whitney besucht habe, hat er mir seinen Rücken gezeigt«, sagte ich.
    »Mir zeigt er ihn nie«, erklärte Julia. »Er versteckt ihn vor mir.«
    »Er ist mit Striemen überzogen. Billy hat mir erzählt, dass Ihr Mann ihn mit einem Gürtel schlägt.«
    Sie zuckte zusammen.
    »Ist das häufiger passiert?«, fragte ich.
    Sie nickte.
    »Versuchen die Jungs, einander zu beschützen?«
    »Nein«, antwortete sie. »Sie haben kein enges Verhältnis. Sie gehen einander mehr oder weniger aus dem Weg. Zuerst dachte ich immer, es käme daher, dass Garret aus Darwins erster Ehe stammt. Die Jungs haben sich erst kennen gelernt, als Garret sieben und Billy sechs Jahre alt war. Aber inzwischen glaube ich, dass Garret sich auch von ihm fern hält, weil Billy derjenige ist, der rebelliert und in

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