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Infam

Infam

Titel: Infam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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Schwierigkeiten gerät. Er möchte nicht über denselben Kamm geschoren werden.«
    »Oder mit demselben Gürtel geschlagen werden«, bemerkte ich.
    »Oder das«, pflichtete sie bei.
    »Darwin hat North Anderson und mir erzählt, Billy hätte sich die Verletzungen selbst zugefügt«, sagte ich.
    »Das ist lächerlich«, entgegnete sie und sah mir wieder in die Augen. »Hören Sie. Ein Teil von mir möchte Billy für das, was er getan hat, am liebsten lebenslänglich im Gefängnis sehen«, sagte sie und bemühte sich, ihre Stimme ruhig klingen zu lassen. »Ein Teil von mir wünscht sich, in diesem Bundesstaat gäbe es die Todesstrafe.« Ihr Atem kam stoßweise. »Ich habe mein Baby verloren.«
    »Das verstehe ich«, sagte ich.
    »Das können Sie nicht verstehen.«
    Sie hatte Recht. Ich schwieg.
    »Aber ich bin hier, weil ich irgendwo tief in mir auch weiß, dass Billy nicht voll verantwortlich für das ist, was er getan hat – selbst wenn er es meiner Tochter angetan hat. Mein Mann trägt einen Teil der Schuld. Und auch ich, weil ich nichts gegen Wins Gewalttätigkeit unternommen habe.« Sie verstummte einen Moment, um sich wieder zu fassen. »Zwischen meinem Mann und Billy herrschte ein beständiger gnadenloser Kampf«, fuhr sie fort. »Kein Junge sollte das durchmachen müssen. Schon gar keiner mit Billys Vergangenheit. Und ich glaube, das ist der Grund, weshalb er Brooke das angetan hat. Ich bin überzeugt, dass er in Wirklichkeit Win treffen wollte.«
    Das stimmte erstaunlich genau mit der Theorie überein, die ich Billy während meines Besuchs in der Klinik dargelegt hatte, und beantwortete mir auch eine weitere Frage: Julia Bishop glaubte offenkundig nicht, dass ihr Mann für den Tod ihres Babys verantwortlich war. Ich war nicht sicher, ob sie zustimmen würde, Tess irgendwo anders unterzubringen, beschloss aber trotzdem, einen Versuch zu wagen. »Ich habe zufällig einen Artikel entdeckt, den das
New York
-Magazin nach Ihrer Hochzeit veröffentlicht hat«, sagte ich. »Sie beide sind in einem Ferrari die Fifth Avenue entlanggefahren. Sie wirkten sehr verliebt.«
    »Ich dachte auch, dass ich das wäre«, erwiderte Julia.
    »Kannten Sie ihn gut, bevor Sie ihn geheiratet haben?«
    »Ich habe später eine Menge dazugelernt. Warum fragen Sie?«
    »Hat er Ihnen von seinen Vorstrafen erzählt?«, fragte ich.
    »Ja«, sagte sie. »Aber ich habe mir nicht viel dabei gedacht. Ich wusste, dass er trank.«
    Dass sie sich nicht daran störte, einen Mann geheiratet zu haben, der seine erste Frau geschlagen hatte – betrunken oder nüchtern –, schien sonderbar. »Was genau hat er Ihnen erzählt?«, fragte ich.
    »Er hat mir von der Kneipenschlägerei erzählt, die zu der Anklage wegen tätlichen Angriffs geführt hat«, sagte sie. »Das war etwa 1980, glaube ich. Die Zeitung hat es erwähnt, als Win wegen Trunkenheit am Steuer festgenommen wurde.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das war es nicht, worauf die Zeitung sich bezogen hat«, wandte ich ein. »Ich habe mir Darwins Vorstrafenregister besorgt. Ihr Mann hat sich des tätlichen Angriffs auf seine ehemalige Ehefrau Lauren für schuldig bekannt sowie des Verstoßes gegen ein gerichtliches Kontaktverbot, das sie gegen ihn hatte verhängen lassen. Das Jahr stimmt, aber der Rest von dem, was er Ihnen erzählt hat, ist frei erfunden.«
    Sie sah mich an, als würde ich sie auf den Arm nehmen wollen. Als sie erkannte, dass ich es ernst meinte, beugte sie sich ungläubig vor. »Ich hatte keine Ahnung«, sagte sie und vergrub ihren Kopf in ihren Händen. »Ich bin so dumm gewesen.«
    Dies schien mir der richtige Moment, zur Sprache zu bringen, dass Tess Bishop vielleicht bei Großeltern besser aufgehoben wäre. »Die Frage, die Sie sich stellen müssen, ist, ob Sie sich völlig sicher sind, dass Billy der Täter war.«
    Sie sah auf. »Was meinen Sie damit?«
    »Billy leugnet, seiner Schwester etwas angetan zu haben.«
    »Natürlich«, entgegnete sie. »Er hat noch nie irgendetwas von den schrecklichen Dingen zugegeben, die er tut.«
    »Dann sind Sie also davon überzeugt, dass er es gewesen ist?«
    »Nun … ja.«
    Ich wagte den Sprung ins kalte Wasser. »Es ist also nicht möglich, dass Ihr Mann etwas damit zu tun hatte?«
    Sie starrte mich durchdringend an. »Wollen Sie damit sagen, Sie glauben, dass Win es getan haben könnte?«
    »Ich will damit sagen, dass die Fakten des Falles für mich noch nicht ganz klar sind. Darwin hat wiederholt einen starken Hang zur Gewalttätigkeit

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