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Infam

Infam

Titel: Infam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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würde. »Machen Sie sich keine Mühe«, sagte ich, »ich rede ein andermal mit ihm.«
    »Irgendwas herausgefunden?«, fragte Anderson, während wir vom Bishop-Anwesen fuhren.
    »In einem Punkt hattest du Recht«, sagte ich. »Bishop will, dass die Ermittlungen eingestellt werden.«
    »Was hat er gesagt?«
    »Er hat mir fünfzig Riesen angeboten, damit ich aufgebe.«
    »Ich hoffe, du hast sie genommen«, bemerkte er.
    Ich sah ihn an. Er grinste. »Er war nicht glücklich darüber, als ich abgelehnt habe«, erklärte ich. »Inzwischen tut er nicht mehr so, als spielten wir in derselben Mannschaft.«
    »Dann steht er also immer noch ganz oben auf deiner Liste? Du denkst, er ist es gewesen.«
    »Ich denke, wenn wir ihn weiter unter Druck setzen, dann werden wir es erfahren – auf die eine oder andere Weise«, sagte ich.
    »Davon bin ich überzeugt«, erwiderte Anderson.
    »Claire hat mich auf dem Weg hinaus abgepasst«, sagte ich. »Sie wollte mir ein paar Dinge über Julia erzählen.«
    »Zum Beispiel?«
    »Julia ist nach der Geburt der Zwillinge sehr depressiv geworden.« Ich bemühte mich, meine Stimme so ruhig wie möglich klingen zu lassen. »Wie es scheint, hat sie sogar die eine oder andere Bemerkung fallen lassen, dass sie wünschte, sie wären nie geboren worden.«
    Anderson zog eine Augenbraue hoch. »Alles sehr interessant«, sagte er. »Ich bin froh, dass wir hergekommen sind.«
    »Ich auch«, pflichtete ich bei.
    »Ich habe die Informationen durchgesehen, die du mir per E-Mail geschickt hast. Die über das Risiko eines zweiten Kindsmords, nachdem ein Zwilling getötet wurde«, sagte Anderson. »Siebzig Prozent. Ich werde beim Sozialamt Druck machen, dass sie eingreifen und Tess dort wegholen.«
    Mir gefiel die Idee nicht, über Julias Kopf hinweg zu agieren, doch das Risiko für Tess war zu groß, um sich um verletzte Gefühle Sorgen zu machen. »Es ist bestimmt das Richtige«, sagte ich.
    Als wir an Bishops »Wachhaus« vorbeikamen, heftete sich ein weiterer Range Rover an unsere Fersen.
    Anderson sah in den Rückspiegel, ehe er mir einen Seitenblick zuwarf. »Du solltest aus dem Hotel ausziehen und lieber bei mir übernachten.«
    Instinktiv tastete ich nach der Browning Baby in meiner Hosentasche. »Keine schlechte Idee«, stimmte ich zu. »Vielleicht komme ich nach der Beerdigung rüber.«
    »Warum nur vielleicht?«, wollte er wissen.
    »Weil ich mein Zimmer im Voraus bezahlen musste«, scherzte ich.
    Anderson schüttelte den Kopf. »Wenn du irgendetwas mit Julia vorhast, dann bist du wirklich nicht mehr ganz richtig im Kopf.«
    »Ich werde wahrscheinlich vorbeikommen«, versprach ich, um das Thema zu beenden.
    »Ich hab dich gewarnt«, sagte Anderson.

10
    Der Brant Point Racket Club an der North Street ist die Art von Einrichtung, in der reiche Müßiggänger ihre Mußestunden verbringen. Die Zäune um die Tennisplätze sind mit grünen Nylonplanen verhängt, die die Spieler nicht nur vor der Sonne, sondern auch vor den Paparazzi schützen sollen. Das Clubhaus ist schlicht und elegant, mit weich gepolsterten Sesseln, in denen man sich gemütlich räkeln und über diesen oder jenen Schlag oder diesen oder jenen Schläger plaudern kann, während man an einem Gin Tonic nippt und möglicherweise auf einem Palm-VII einen Aktienpreis verfolgt.
    Nachdem Anderson mich am Hotel abgesetzt hatte, war ich nach Brant Point gefahren, in der Hoffnung, ich könnte vielleicht ein paar Minuten unter vier Augen mit Garret Bishop reden. Mein Instinkt sagte mir, dass es nicht nur die Trauer war, die ihn zum Eigenbrötler machte.
    Kurz vor 14 Uhr traf ich zu Garrets Einzel-Match ein. Die Tribünen um den Platz waren mit Zuschauern gefüllt. Garret lag bereits 4:1 in Führung. Er hatte den ersten Satz 6:2 gewonnen und schlug gerade für einen weiteren Spielpunkt auf. Er holte aus. Schweißtropfen flogen von seiner Stirn. Er warf den Ball über seinem Kopf hoch, wobei er ihn mit seinen Augen verfolgte wie ein Jäger. Dann reckte er sich gen Himmel und legte die gesamte Kraft seines muskulösen Körpers in seinen Arm und sein Handgelenk. Ein dumpfes Aufklatschen zerriss die Stille, der gegnerische Spieler holte aus und schlug daneben, und schon stand es 5:1.
    Was für ein junger Mensch kann auf dem Tennisplatz brillieren, wenn keine vier Stunden später die Beerdigung seiner kleinen Schwester stattfindet?, fragte ich mich. Und was hatte es Garret gekostet, sich Darwin Bishops Forderungen nach Leistung und

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