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Infam

Infam

Titel: Infam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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Unerschütterlichkeit im Angesicht aller Widrigkeiten zu beugen? Wohin waren seine Sorge, Traurigkeit und Angst verschwunden?
    Das Match endete knapp fünf Minuten später mit 6:2, 6:1. Garret verwandelte den Matchball, indem er antäuschte, er würde einen schlappen Lob von der gegnerischen Seite mit voller Wucht entlang der rechten Grundlinie zurückdonnern, woraufhin sein Gegner in Erwartung seines gewaltigen Schlags zurückwich, um am Ende mit ansehen zu müssen, wie Garret den Ball so sanft antippte, dass er gerade eben übers Netz hüpfte.
    Während der Applaus toste, drehte Garret sich um und verließ wortlos den Platz – keine triumphierend hochgereckte Faust, kein Nicken zur Menge, kein Handschlag am Netz.
    Ich versuchte, ihn auf halbem Weg zum Clubhaus abzufangen. »Garret!«, rief ich ein paar Schritte hinter ihm, doch er blieb nicht stehen. Ich beschleunigte meine Schritte, bis ich ihn eingeholt hatte. Sein Blick war starr geradeaus gerichtet. »Garret!«, sagte ich ein wenig lauter.
    Er wandte sich mit ausdrucksloser Miene zu mir um. »Was?«, sagte er. Nichts deutete darauf hin, dass er sich an unsere frühere Begegnung erinnerte.
    »Ich bin Frank Clevenger«, sagte ich. »Ich bin dir und deiner Mutter auf eurem Anwesen begegnet. Ich war mit Chief Anderson dort.«
    Er blieb noch immer nicht stehen.
    »Der Psychiater«, half ich ihm auf die Sprünge.
    »Ich weiß, wer Sie sind«, sagte er, ohne seine Schritte zu verlangsamen.
    »Ich würde gern kurz mit dir sprechen«, sagte ich.
    »Das brauche ich nicht«, erwiderte er und beschleunigte seine Schritte. »Ich stehe es schon durch.«
    Mir ging auf, dass er möglicherweise dachte, Julia hätte mich geschickt, um ihm zu helfen, seine Gefühle im Hinblick auf den Mord zu bewältigen. »Niemand weiß, dass ich hier bin«, versicherte ich. »Weder dein Vater noch deine Mutter haben mich geschickt. Ich bin hergekommen, weil ich Informationen brauche.«
    »Ach ja«, sagte er.
    Ich glaubte nicht, dass ich mir den Luxus erlauben konnte, raffiniert vorzugehen. »Ich möchte, dass du mir alles über deinen Vater erzählst, was du weißt.«
    Abrupt blieb er stehen und drehte sich zu mir um. »Über meinen Vater«, sagte er und zwang sich, geduldig zu klingen.
    »Ja.«
    »Was wollen Sie über ihn wissen?«, fragte er.
    Ich hatte das Gefühl, dass ich Garret mehr statt weniger Informationen entlocken konnte, wenn er wusste, dass ich seinen Vater der Beteiligung an Brookes Tod verdächtigte. Vielleicht würde er die Gelegenheit nutzen, Bishop etwas heimzuzahlen. »Ich bin einfach nicht überzeugt von der allgemeinen Theorie, dass Billy deine Schwester umgebracht hat«, erklärte ich. »Ich suche nach anderen Möglichkeiten.«
    Er musterte mich zweifelnd. »Werden Sie nicht von Win bezahlt?«, fragte er.
    Mir fiel wieder ein, dass Billy mir die gleiche Frage gestellt hatte. Außerdem bemerkte ich, dass Garret seinen Vater beim Vornamen nannte. Kosenamen schienen in ihrer Beziehung keinen Platz zu haben. »Nein«, antwortete ich. »Ich arbeite für die Polizei.«
    »Die arbeiten gewöhnlich auch für Win.«
    Garrets Feststellung brachte mich zu der Frage, ob North Anderson sich tatsächlich immer auf Abstand von der Bishop-Familie gehalten hatte. Doch mein Argwohn verflog so schnell, wie er gekommen war. Anderson und ich waren zusammen durch die Hölle gegangen. »Niemand, der in diesem Fall ermittelt, steht auf der Gehaltsliste deines Dads«, versicherte ich ihm. »Das könnte ein Problem für ihn sein.«
    Er starrte auf den Boden, dann musterte er mich abschätzend. »In Ordnung«, sagte er. »Schießen Sie los.«
    »Glaubst du, dass Billy deine Schwester ermordet hat?«
    »Nein.«
    »Was ist deiner Meinung nach passiert?«
    »Ich glaube, sie wurde tot geboren.«
    »Wie bitte?«
    »Eine Totgeburt«, sagte er.
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ich verstehe nicht, was du damit meinst.«
    »Nicht nur Brooke. Sie und Tess.«
    »Wie meinst du das?«, fragte ich.
    »Ich meine damit, dass wir in dem Haus alle wandelnde Tote sind«, erklärte Garret. »Es zählt nur einer. Darwin Harris Bishop.«
    »Er hat dich gezwungen, heute bei diesem Turnier anzutreten«, sagte ich. »Claire hat es mir erzählt.«
    »Claire«, wiederholte er verächtlich und schüttelte den Kopf. »Sie begreifen es einfach nicht«, sagte er.
    »Was begreife ich nicht?«
    »Es geht nicht um dieses Turnier. Es geht nicht um Tennis. Es geht um alles. Was ich anziehe. Wer meine Freunde sind. Was ich lerne. Was

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