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Infanta (German Edition)

Infanta (German Edition)

Titel: Infanta (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bodo Kirchhoff
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so Butterworth, die Liste der Klagen erweiternd, »das Mittel für Stimmenkäufe heranschafft und in ihrer berüchtigten Garderobe tagt . . .« Erst als die große Kanne mit Eistee geleert war und allen die Flüssigkeit fehlte zum Reden, legte sich ihre Erregung über das Komitee und seine Gastgeberin, während ihnen die Augen schwer wurden vor Hitze.
    Gesangsfetzen lösten bald das Gedröhn ab, Stimmübungen, wie sie nachmittags aus Opernhäusern dringen, etwas erschreckend erst, dann seltsam betörend. Bis in die Station drang ihr Schall durch die glühende Windstille, mal stärker, mal schwächer, und Kurt Lukas glaubte sich immer wieder für einen Augenblick im Zentrum von Mailand, wo er als junger Mann oft zu tun gehabt hatte. Er lag wie festgezurrt in der verdunkelten Kammer und fürchtete im Halbschlaf, sich nie mehr aufrichten zu können. Sein Gewicht schien sich verdoppelt zu haben; selbst das Denken fiel ihm schwer. Ab und zu roch er an seiner Hand und bildete sich ein, sie rieche noch nach Mandarine. Ein kurzer Traum folgte den anderen. Rom, irgendein Platz, Eis essende Mädchen. Eine bei Positano im Meer verlorene Sonnenbrille in McEllis’ Gesicht. Mopedfahren vor der Scala. Kurt Lukas erwachte von einem leisen Geräusch. Er sah einen Arm und wußte, daß es Maylas Arm war, und nahm eine Faust vor den Mund. Dann sah er die Balkontür – sie stand auf.
    »Bist du geklettert?«
    »Ja.«
    »Ist das so einfach?«
    »Ja.«
    Mayla trug ein Hemd mit dem Kopf der Präsidentschaftskandidatin. Er sah in zwei Gesichter. Beide lächelten ihm zu. »Warum bist du hier?«
    »Ich nahm an, du seist vielleicht krank. Weil du nicht zum Essen kamst. Unsere Sonne kann einen umbringen.«
    »Ich bin nicht krank. Ich habe nur geschlafen. Sogar etwas geträumt.«
    Sie beugte sich zu ihm.
    »Wie ist dein Familienname?«
    »Lukas.«
    Er richtete sich auf. Als nächstes würde sie ihn fragen, was er geträumt habe, dachte er. Aber Mayla faltete die Hände über der Nase und hustete leise.
    »Mein Familienname ist Ledesma. So hieß mein Vater. Er ist tot. Meine Mutter ist auch tot wie meine Brüder. Nun heiße nur noch ich so. Mayla Ledesma. Ich bin hier, weil ich lebe.« Sie zog ein Zigarettenpäckchen aus ihrer Hose und hielt es ihm hin. Er schüttelte den Kopf, und Mayla rauchte. Die Asche streifte sie an der Handschale ab. Ihr Vater sei Korbmacher gewesen, die Mutter Näherin. Eines Tages seien Soldaten gekommen. Mayla erwähnte das Blutbad. Anschließend ging sie zum Waschbecken und löschte die Glut.
    »Darf ich dich Lukas nennen?«
    »Wie du magst.«
    Sie nahm eine Probe von seiner Zahncreme und prüfte die Qualität seines Kamms. »Lukas, wir können auch über dich sprechen. Bist du ein neugieriger Mensch?«
    »Wir wollen jetzt nicht darüber sprechen, wie ich bin«, erwiderte er.
    »Soll ich dich allein lassen?«
    Er stieg aus dem Bett und zog die Bambusjalousien nach oben. Ein spätes Licht strömte in Bahnen herein. »Wo wirst du jetzt hingehen? In deine Kammer?«
    Mayla trat auf ihn zu. Er nahm die Hände auf den Rükken, um ihr nicht in die Haare zu greifen; er vermied es sogar, ihren Mund anzuschauen.
    »Lukas, ich habe hier keine Kammer. Ich wohne mit einer Freundin zusammen. Sie heißt Hazel und arbeitet abends bei Doña Elvira.«
    »Wer ist das?«
    »Ihr gehört die Bude, oben . . .«
    Mayla machte eine Bewegung, als sei es weit zu der Bude, und um ihren Mund erschien ein Zug, als lohne der Weg nicht. Sie standen sich jetzt gegenüber. Für einen Augenblick lag ihr Atem auf seiner Brust. Dann spürte Kurt Lukas einen Finger am Hals, und im nächsten Moment war Mayla gegangen.
    Bald darauf erklang das Angelusläuten. Es war das erste Zeichen des endenden Tages und rief zur Fünfuhrmesse. Wer die Messe las, zog an der Glocke. Sie war etwas verborgen angebracht und hatte einen knappen Klang. Die Hauskapelle – drei Bänke, ein Beichtstuhl, ein Tisch mit Kreuz und Kerzen – befand sich in einem kleinen Seitentrakt der Station und hatte zwei Türen. Die eine war der Zugang vom Flur, die andere führte auf die abgeschiedene Terrasse, wo die Glocke hing. Nach der Messe folgte die Stunde des Drinks. Mit einem Glas Bier in der Hand lasen die Priester Zeitung oder sahen vor sich hin. Ab und zu machten sie Bemerkungen, die immer unbeantwortet blieben. Zwischendurch standen sie auf und schritten langsam durch den Raum. Jeder hatte seine Route, jeder hatte seine Beschäftigung, mehr Nachtwerk schon als Tagwerk.
    McEllis

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