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Infanta (German Edition)

Infanta (German Edition)

Titel: Infanta (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bodo Kirchhoff
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ließ keine Einwände zu. Im gleichen Ton sagte er zu Kurt Lukas: »Gehen wir zur Musikbox, dort ist es heller als hier. Ich möchte Ihr Gesicht sehen, wenn wir reden.«
    Die Truhe im Zentrum der Bude stammte aus der einst berühmten Bar Our Place in Cebu-City. Ben Knappsack hatte sie ersteigert, alle neueren Platten entfernt und die betagte Box ganz nach dem Geschmack eines melancholischen Fliegers, Jahrgang achtundvierzig, bestückt. Während sich Gussmann betrank, stand Kurt Lukas über die gläserne Haube gebeugt und überflog die Reihen der Titel. Promenaden der Erinnerung waren das, Anfang und Ende seiner großen Zeit; er flüsterte einzelne Titel und schüttelte sachte den Kopf.
    »Eine einzigartige Sammlung«, bemerkte der Kommandant.
    Kurt Lukas drehte sich um.
    »Warum interessieren Sie sich für mich?«
    »Weil Sie ein auffälliger Mensch sind.«
    »Es gibt noch andere auffällige Menschen.«
    »Sie sind Gast auf der Station, das kommt dazu.«
    »Man hat mich eingeladen. Ich weiß nicht, weshalb.«
    »Weil Sie aufgefallen sind. Es ist so einfach, daß man es nicht glauben will.«
    »Sind Sie meinetwegen hier?«
    Der Kommandant lächelte gegen seine Lider an. »Ich bin hier, weil ich die Besitzerin der Bude verehre« – er winkte Doña Elviras Lakai zu sich – »und wegen der Platten in dieser Musikbox.«
    Ferdinand kam mit einem Fächer aus Textzettelchen in der Hand; bald schlug die Stunde der Amateure. Er sah an Kurt Lukas herauf. »Sind Sie aus Hollywood?«
    »Nein.«
    »Möchten Sie ein Lied singen?«
    »Ein Lied? Was für ein Lied denn?«
    »Ich werde Sie vormerken.« Ferdinand fächelte jetzt mit den Zetteln. Er trug Schuhe mit hohen Absätzen, gescheckte Hosen, die ihm zu kurz waren, ein durchsichtiges Hemd mit Rüschen, Silberketten um jedes Handgelenk und ein Käppi, auf dem Kraft stand. Von Kopf bis Fuß stellte er die Katastrophe einer jäh erfolgten Geschlechtsreife dar. »Richte Doña Elvira aus, ich will sie noch sprechen«, sagte der Kommandant zu ihm und beugte sich dann wie Kurt Lukas über die Truhe. »Die Station hatte noch nie einen unwichtigen Gast. Wer länger als eine Nacht bei den Alten wohnt, muß Hintergrund haben.«
    »Sehen Sie mich an, das ist mein Hintergrund.«
    »Unterbrechen Sie nicht. Ich will Ihnen einige Wahrheiten sagen, ehe Sie die Dinge mit eigenen Augen sehen und falsche Schlüsse ziehen. Erstens: Das Militär ist neutral, wir sind Berufssoldaten. Zweitens: Wir führen hier einen Krieg gegen die sogenannte Volksarmee, gegen die eigenen Landsleute. Und das ist nicht einfach; man kann die eigenen Leute immer nur mit einem gewissen Erbarmen erschießen. Die Brutalität fällt uns viel schwerer, als allgemein behauptet wird. Drittens: Wir töten nur, damit das Töten irgendwann aufhört. Als Soldat erwirbt man natürlich Sicherheit beim Töten, aber die selbstherrliche Austeilung des Todes ist ein Merkmal unserer Gegner.«
    »Warum erzählen Sie mir das alles?«
    »Damit Sie das Wesentliche sehen. Den Unterschied zwischen Töten und Morden. Spielerisch töten, mit leichter Hand den Tod verursachen zählte schon immer zu den stärksten Genüssen eines Teils der Menschheit. Man spuckt dem Tod ins Gesicht, indem man ihn austeilt. Es geht dabei nie um politische Ziele, das sollten Sie berücksichtigen. Aber über Politisches läßt sich leichter berichten. Nur was ist politisch? Sind es die berühmten Mißhandlungen? Auf unseren Inseln wurde seit vierhundert Jahren nichts mehr erfunden, nicht einmal Foltermethoden. Wir äffen nach oder kaufen. Doch was bringt uns das Ausland? Ein paar Devisen, viel Sperma und etwas Belehrung in Demokratie. Aber man will uns erklären, was Menschlichkeit ist. Ihre Zeitungen leben von solchen Predigten. Journalisten gehören nun einmal zum empfindlicheren Teil der Menschheit, der kein Vergnügen am Töten hat, und sehen deshalb immer nur Morde. Soldaten morden, Rebellen morden, Kinder morden, was für eine unzivilisierte Gesellschaft. Ich kenne diese Ansicht arroganter Leute, die sich nie damit befaßt haben, daß Töten zum Menschsein gehört.« Sein Blick wurde wach. Doña Elvira trat aus ihrer Garderobe. »Welch eine Frau«, bemerkte der Kommandant. »Ihre bloße Gegenwart macht es unwahrscheinlicher, daß die Nacht je zu Ende geht. Berichten Sie über dieses Phänomen, und Sie erfassen etwas von dieser Insel.«
    »Ich bin kein Journalist«, sagte Kurt Lukas.
    »Nennen Sie Ihre Tätigkeit, wie Sie wollen. Wie lange werden Sie

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