Infantizid
Dariusz schlief seelenruhig weiter. Ein Stück seitlich über dessen Kopf bröckelte der Putz von der Wand. Die unbekannte Gestalt hatte einen Warnschuss abgegeben. In dem Kellerraum roch es nach verbranntem SchieÃpulver. Es war beinahe stockdunkel.
»Ihr antwortet nur auf meine Fragen, ansonsten bewegt ihr euch keinen Millimeter oder ich drücke ab. Was seid ihr für Vögel?«, fragte der Unbekannte auf Deutsch.
In Gedanken ging PaweŠseine Möglichkeiten durch. Es gab keine. Und der, der Wache halten sollte, schlief immer noch. Er musste alles auf eine Karte setzen.
»Zwei Freunde von uns wurden ganz in der Nähe festgenommen und in dieses Lager gebracht. Wir wollen sie befreien. Wenn es dunkel ist. Heute Nacht. Deswegen haben wir uns hier versteckt«, antwortete PaweŠin gebrochenem Deutsch. Unsicher wagte er zu fragen: »Hast du ihn erschossen?« Vielleicht schlief Dariusz ja gar nicht, sondern war tot.
»Nein, ich habe über seinen Kopf gezielt. Er schläft den Schlaf der Gerechten. Was für Freunde und woher kommt ihr?«, wollte der Unbekannte als Nächstes wissen.
»Wir sind polnische Grenzpolizisten und haben einen Deutschen über die Grenze bis hierher begleitet. Er musste einen Killer abfangen, der einen anderen Deutschen in dem Lager liquidieren sollte. Als das erledigt war, kam zufällig ein Lkw und nahm die beiden mit. Wir waren noch in Deckung, als das passierte. Heute Nacht haben wir uns in den Keller geschlichen, um zu klären, wo die beiden untergebracht sind.« PaweŠwagte nicht, sich zu bewegen. Er ahnte instinktiv, dass die Waffe auf ihn gerichtet war.
»Welchen anderen Deutschen und was wisst ihr über dieses Lager?«
»Keine Ahnung, wir wissen nicht, wer das ist, und über das Lager wissen wir auch nichts«, entgegnete PaweÅ.
Im selben Moment schlug ein paar Zentimeter neben seinem linken Ohr ein Projektil in die Wand. Es blieb stecken. Putz flog an PaweÅs Gesicht. Es roch sofort wieder nach frischem Pulverdampf.
»Beleidige nicht meine Intelligenz. Bis jetzt ging es doch ganz gut. Das war die letzte Warnung. Beantworte meine Fragen.« Dariusz indes fing an, leicht zu schnarchen.
»In diesem Lager werden Deutsche auf eine militärische Aktion vorbereitet. Einem Mann ist es gelungen, unerkannt dort hineinzukommen. Irgendwer bekam Wind davon und schickte einen Killer. Und den haben wir abgefangen. Das ist alles.« PaweŠwar der Verzweiflung nahe. Wenn dieser Penner endlich aufwachen würde! Einer hätte zumindest den Hauch einer Chance, den Mann zu überwinden.
»Wer weià noch davon?«, bohrte der Unbekannte weiter. PaweŠschwieg und schüttelte unmerklich den Kopf. Mehr wollte er auf keinen Fall sagen.
»Ich verstehe«, sagte der Mann und lieà die Waffe sinken. Die Truppen sind im Anmarsch und das hier sind die Späher, dachte er.
»Dieser Deutsche, den ihr beschützt habt, bin ich. Mein Name ist Matti Klatt.«
Die Leiter der deutsch-polnischen Grenzposten hatten alle die Anweisung erhalten, beim Auftauchen der vier in Kolonne fahrenden, dunkelblauen polnischen Reisebusse keine Kontrollen durchzuführen. Sie sollten durchgewinkt werden. Man nahm das zur Kenntnis.
Oberst SÅawomir Petelicki hatte sich entschlossen, seine Männer samt Ausrüstung in Reisebussen unauffällig nach Deutschland zu bringen. Alle Scheiben waren dunkel getönt, von auÃen konnte man nicht in das Innere schauen. Während die Fahrer Zivilkleidung trugen, hatten die Angehörigen der polnischen GROM bereits ihre Uniformen an. Sie waren auf dem Weg in ihre Einsatzgebiete. Drei Busse mit jeweils 15 Mann nach Dresden, Magdeburg, Potsdam und ein Bus mit zehn Mann nach Schwerin.
Der britische SAS, angeführt von Major Douglas, flog mit einer Royal-Air-Force-Maschine vom Typ âºHerculesâ¹ nacheinander Hamburg, Hannover und Bremen an. ÃuÃerlich als Lieferwagen getarnt, verlieÃen jeweils zwei Fahrzeuge pro Flugplatz die riesige Transportmaschine. Die Kommandos begaben sich unverzüglich in die ihnen zugewiesenen Räume.
Die italienische NOCS begab sich mit zwei Transporthubschraubern in die abgesperrten Bereiche der Flugplätze von München und Stuttgart. Zum Zeitpunkt des Einsatzes wollten sie mit den Helikoptern direkt an den Ort des Geschehens schweben.
Die spanische GEO und die griechische EKAM kamen ebenfalls mit Militärtransportern auf
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