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Infantizid

Titel: Infantizid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Grit; Hoffman Bode-Hoffmann
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Weihnachten.
    Als er wieder auf seinem Zimmer war, tat ihm der Kopf weh. Die letzten Stunden waren anstrengend gewesen. Er ging ans Fenster und schaute zu dem Gebäude, in dessen Keller die polnischen Grenzpolizisten saßen. Mitgefühl überkam ihn. Die beiden warteten in ihren Löchern auf die Dunkelheit und setzten ihr Leben aufs Spiel. General Rybakow hatte an diesem Tag keine Zeit gefunden, Arndt und Zbigniew erneut zu vernehmen. Das wollte er in aller Ausführlichkeit am Dienstag nachholen. Dieser Umstand sollte ihnen das Leben retten.

    Dienstag, 4. November 2003
    Der Flur, an dessen Ende sich die Arrestzellen befanden, lag im Dunkel. Es war kein Geräusch zu hören. Kurz nach Mitternacht standen Paweł und Dariusz vor dem Zimmer, in dem sie die Schlüssel zu den Zellen vermuteten. Die Tür stand einen Spalt breit offen, es war kein Mensch zu sehen. Als sie vor einer halben Stunde aufgebrochen waren, hatten sie vereinbart, bei Arndts und Zbigniews Befreiung keine Schusswaffen einzusetzen. Vielmehr nur im äußersten Notfall, zu ihrer eigenen Verteidigung. Wenn Rybakow die Vernehmung bereits an diesem Tag fortgesetzt hätte, wäre ihnen nichts Überzeugendes zur Befreiung eingefallen. Was sie nicht wissen konnten, war, dass sie diesen Zeitgewinn Matti Klatt zu verdanken hatten. Denn der hatte seine Einweisung in den Plan ›Eiserne Faust‹ durch geschickte Fragestellungen, in die Länge gezogen.
    Dariusz zog sein zweischneidiges Kampfmesser aus der Scheide und schob langsam die Tür weiter auf. Zuerst sah er den Schlüsselkasten, der an der angrenzenden Wand befestigt war. Daneben befand sich ein offener Schrank, voll mit Ordnern, direkt vor dem Fenster ein Schreibtisch mit einem Telefon und einem überfüllten Aschenbecher. An der gegenüberliegenden Wand stand ein Feldbett. Der Wachposten lag in Uniform rücklings auf dem Bett und schnarchte. Sein Pistolengürtel hing um den unteren Bettpfosten. Was tun, blickte Dariusz Paweł fragend an, und machte eine Kopfbewegung Richtung Schlüsselkasten. Einfach alle Schlüssel aus dem Kasten nehmen und gehen oder den Posten unschädlich machen? Paweł schüttelte den Kopf und nickte zum Bett hin. Das Entnehmen der Schlüssel konnte Geräusche verursachen, er wollte lieber auf Nummer sicher gehen. Er zog seine Pistole und entsicherte sie. Dariusz nahm den Pistolengürtel vom Bettpfosten und hielt dem Schlafenden sein Messer ein paar Zentimeter vor das rechte Auge. Paweł stupste mit seiner Pistole gegen die Stirn des Schlafenden. Sofort schlug der die Augen auf und erschrak.
    Â»Keinen Ton, sonst bist du tot. Hast du verstanden?«, fragte er leise auf Russisch. Der Angesprochene nickte hastig. Paweł und Dariusz setzten ihn auf und fesselten mit seinem Gürtel seine Arme auf dem Rücken. Dann nahmen sie sein Barett und stopften es ihm so weit in den Mund, dass es ohne fremde Hilfe unmöglich war, es auszuspucken.
    Â»Bewege einfach deinen Kopf, wenn ich zu den Schlüsseln für die beiden Zellen komme«, sagte Paweł und tippte der Reihe nach alle in dem Kasten an. Kurze Zeit später standen sie vor den Kerkern. Zuerst schlossen sie Arndts Arrest auf. Der lag zusammengekrümmt unter der Blechwand am Fenster und stöhnte vor Schmerzen leise vor sich hin.
    Â»Gleich hast du es geschafft, wir holen dich hier raus«, sagte Dariusz und lud Arndt auf seine Schulter. Den Russen setzten sie in die Ecke und verschlossen die Zelle hinter sich. Dabei brach Paweł den Schlüssel ab, als er noch im Schloss steckte.
    Â»Wie kommt ihr beide …«, fragte Arndt leise. Alles hatte er erwartet, nur nicht, dass die zwei mitten in der Nacht hier auftauchen würden, um ihn zu befreien.
    Â»Sei still«, ermahnte ihn Paweł. »Wir erklären dir das später. Ist Zbigniew nebenan?« Arndt zuckte mit den Schultern und biss vor Schmerz die Zähne zusammen.
    Paweł ging zur Nebenzelle und schloss sie auf.
    Â»Oh, mein Gott. Nein, bitte sag, dass es nicht wahr ist«, flüsterte er vor sich hin. Die Zelle war leer.

    Mitteilung von:
    Verteiler an:
    Bundesministerium des Inneren
    Der Minister
    Dem Präsident
    Landeskriminalämter
    Den Chefs
    Bundesgrenzschutz
    Dem Leiter
    Höchste Dringlichkeit!

    Gemäß Abschnitt Xa, Verteidigungsfall, Artikel 115a, Absatz 4, Grundgesetz, gibt der Bundespräsident in Kürze bekannt, dass das Bundesgebiet mit

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