Infantizid
Am Dienstag um 6 Uhr werde ich in der Nähe von Rybakows Unterkunft sein. Den müssen wir lebend bekommen. Mehr kann ich im Augenblick nicht tun«, sagte Matti Klatt und wandte sich zur Tür.
»Moment noch. Hier nehmen Sie dieses Satellitentelefon, für alle Fälle. Die Nummer des Chefs der litauischen Spezialeinheit ist eingespeichert. Wir kennen die Zeit und den Ort des Treffpunktes mit ihm und Sie könnten es dringender gebrauchen. Viel Glück«, wünschte PaweÅ.
Matti Klatt nahm das Telefon und verschwand genauso lautlos, wie er gekommen war.
PaweÅ schaute nachdenklich hinter ihm her. Einerseits wollten sie auf keinen Fall das Lager ohne Arndt und Zbigniew verlassen, andererseits mussten sie unter allen Umständen zu dem Treffen mit den litauischen ARAS, um ihre Aufklärungsergebnisse zu übergeben. Das Problem bestand darin, dass das Fehlen der beiden Gefangenen vor dem geplanten Angriff nicht auffallen durfte. Ansonsten würde der General misstrauisch werden und irgendwelche MaÃnahmen ergreifen. Damit wäre das so wichtige Ãberraschungsmoment verspielt. Himmel und Hölle, dachte er, wie sollen wir das bloà anstellen?
»Mein Name ist Kratzenstein, Oberkommissar Bernd Kratzenstein. Freut mich, Sie zu sehen, Colonel Laurent«, sagte Kratzenstein, als er die Air-France-Maschine auf dem Erfurter Flughafen betrat. Sein Kommen war angekündigt worden.
»Freut mich ebenfalls. Das sind meine Männer, insgesamt sind wir 40. Mein Stellvertreter, Oberstleutnant Reno«, begrüÃte Laurent Kratzenstein. Reno reichte ihm die Hand.
Die Angehörigen der französischen GIGN hatten alle ihre typischen dunkelblauen Kombinationen an und hoben zum Gruà ihre Hände.
»Ihr Einsatzgebiet kann man von hier aus sehen. Es handelt sich um einen stillgelegten Bahnhof. Die Gebäude stehen leer, auf den Gleisen befinden sich noch ein paar uralte Waggons. Es führt nur eine StraÃe hin, eine Sackgasse. Gegenüber hat sich ein FliesengroÃhändler niedergelassen. Der Arbeitsbeginn ist 9 Uhr. Wenn wir um 5  Uhr zugreifen, wird keine Menschenseele anwesend sein, denn ansonsten ist das Gebiet unbewohnt. Wir haben von dem Gelände einige Luftaufnahmen kommen lassen. Vor dem Flughafen wartet ein neutrales Fahrzeug. Mit dem können wir uns, ohne aufzufallen, die Gegend vor Ort anschauen. AnschlieÃend fahren wir in die Stadt zur Omicron AG und ich zeige Ihnen das Haus«, beendete Kratzenstein die Erläuterung seines Plans und übergab dem Colonel die Fotos.
Colonel Laurent reichte die Luftaufnahmen an seine Männer weiter.
»Einverstanden. Fahren wir los und schauen uns die Gegend an. Oberstleutnant Reno, vier Truppführer und ich selbst.«
Die anderen Spezialeinheiten hielten sich in ihren Bereitstellungsräumen auf, ohne mit der deutschen Polizei Kontakt aufzunehmen. Das sollte laut Zeitplan erst Dienstag um 4 Uhr erfolgen. Am Montagabend waren die Vorbereitungen abgeschlossen. Ãber eine sichere Leitung meldeten die Chefs aller Einheiten Innenminister Schilling in der Zentrale in Berlin ihre Einsatzbereitschaft. Sie lagen alle auf der Lauer, bereit anzugreifen.
Den Rest des Montags verbrachte Matti Klatt mit General Rybakow. Er erhielt weitere detaillierte Einweisungen in den Plan âºEiserne Faustâ¹. Unter anderem genaue Wegbeschreibungen mit zeitlichen Vorgaben und die Verteilung der Trupps in die jeweiligen Räumlichkeiten beim Eindringen in das Bundeskanzleramt und Alternativen, wie bei einer möglichen Gegenwehr zu reagieren war. Die Abläufe wurden zigfach durchgespielt. Jeder Trupp musste zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem ihm zugewiesenen Ort sein. In den Ministerien, TV-Stationen und so weiter. Alle sollten unbedingt aufeinander eingespielt sein und jeder musste seine Aufgabe blind beherrschen. Das war der Schlüssel zum Erfolg. Das Startsignal sollte die abgefeuerte Rakete des Luftlandepanzers in die Kuppel des Reichstages sein. Die kommenden Wochen sollten dazu benutzt werden, dieses Szenario auf dem Gelände der 7. Garde-Luftlande-Division bis zum Umfallen zu trainieren. Besonderes Augenmerk wurde auf die Zielgenauigkeit bei Fallschirmlandungen, auf treffsicheres SchieÃen und auf körperliche Kondition gelegt. Matti Klatt erfuhr, dass ihnen dafür etwas über sechs Wochen Zeit blieben. Sechs Wochen härtestes Training für diese eine Aktion. Dann war
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