Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Infantizid

Titel: Infantizid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Grit; Hoffman Bode-Hoffmann
Vom Netzwerk:
kleines Kästchen hervor und behielt es in der Hand. Die Triebwerke mussten jetzt Vollgas laufen, um den Widerstand der Landeklappen zu überwinden. Ganz langsam nahm die Geschwindigkeit ab. Noch drei Minuten bis zum Absprung signalisierte der Bordmechaniker, indem er drei Finger hochhielt.
    Wenn Gott existiert, bitte ich ihn um Verzeihung, dachte Stüpp, der eigentlich ungläubig war. Es gibt keinen anderen Weg. Ich muss es tun. Verzeiht mir.
    Es war so weit. Mit diesen letzten Gedanken sprang er, wie vom Blitz getroffen, von seinem Platz auf. Seinen Blick starr auf die geöffnete Luke gerichtet, rannte er, so gut es ging, mit dem an seinen Beinen befestigten Tornister los und stürzte sich, ohne zu zögern, in die bodenlose Tiefe.

    Sonntag, 26. Oktober 2003, 12:10 Uhr, Weimar
    Als Matti Klatt wieder zu Hause ankam, verspürte er Hunger. Ihm war schon fast übel deswegen. Er konnte sich nicht mehr erinnern, wann er zuletzt etwas gegessen hatte.
    Eine seltsame Unruhe erfasste ihn. Was war das für ein VW-Transporter? Es gab keinen Zweifel, dieses Kennzeichen hatte er heute schon zweimal gesehen. Als er kurz vor 10 Uhr seine Wohnung verließ und später, als er von der Polizeiinspektion kam. EF-DF-87. Morgen würden Bräunig oder einer seiner Mitarbeiter den Halter feststellen können.
    Matti Klatt ging ins Bad, um zu duschen, und hoffte auf Besserung seines Befindens. Auf dem Weg durch den Flur richtete er einen Schuh aus, der etwas schräg stand.
    Während er den warmen Strahl auf seiner Haut fühlte, dachte er an den Schuh. Meine Schuhe stehen zu jedem Zeitpunkt ausgerichtet und geputzt da, überlegte er. Eine Marotte, ähnlich wie mit den Autokennzeichen, die im Laufe der Zeit zur Zwangsneurose wurde. Warum das so war, konnte er sich nicht erklären. Aber eines war sicher: Er ging nie außer Haus, ohne gerade hingestellte, aufgereihte Schuhe. Ebenso fiel ihm auf, dass die Schlafzimmertür einen Spalt aufstand. Er schloss immer sämtliche Türen, bevor er fortging. Als Matti Klatt die Dusche abstellte, kam ihm ein Verdacht. Es musste jemand bei ihm zu Hause gewesen sein! Er spürte, wie sein Herz plötzlich schneller schlug.
    Bleib ruhig, sagte er sich. Wenn es so gewesen ist, wird jetzt bestimmt keiner mehr hier sein.
    Nackt, wie er war, stieg er aus der Dusche und musste sich sofort vergewissern. Er schaute in jedes Zimmer. Er war allein. Dann erst trocknete er sich ab und zog sich an. Er begann systematisch, alle Zimmer intensiv zu untersuchen. Nach einer halben Stunde fand er die erste Wanze. Sie war im Türschloss der Wohnzimmertür versteckt. Derjenige, der sie dort versteckt hatte, musste erkannt haben, dass das Schloss defekt war und nicht benutzt wurde. Matti Klatt ging davon aus, dass es noch weitere gab. Er machte sich jedoch nicht die Mühe, danach zu suchen. Fast erschrocken über die Tatsache, dass ihn sein Instinkt selten trog, setzte er sich in die Küche und versuchte, sich auf die Situation einzustellen. Ein ungutes Gefühl, dass es hier vielleicht ernster zugehen würde, als er es sich vorzustellen wagte, beschlich ihn.
    Die Löwen hatten die Witterung aufgenommen.

    Als Stüpp das Flugzeug verlassen hatte, spürte er einen gewaltigen Schlag auf seinem Körper, da die Absetzgeschwindigkeit noch nicht erreicht war. Er war bei über 400 Kilometern pro Stunde abgesprungen und überschlug sich mehrmals, konnte aber bereits nach wenigen Sekunden eine stabile Freifallhaltung einnehmen. Arme und Beine waren symmetrisch vom Körper gestreckt. Er zog an dem Öffnungsgriff und sah, wie seine Fallschirmkappe sich entfaltete. Seit dem Absprung waren nicht mehr als sieben Sekunden vergangen. Der Höhenmesser zeigte 9.500 Meter an. Er zog etwas an den Steuerleinen und konnte schräg über sich das Flugzeug weiterfliegen sehen. Gleichzeitig drückte er den einzigen Knopf des schwarzen Kästchens in seiner rechten Hand. Der plötzliche grelle Schein blendete ihn und einen Augenblick lang dachte er, seine Trommelfelle würden platzen. Das Flugzeug war explodiert.

    Die Omicron AG war ein nicht börsennotiertes Unternehmen mit Sitz in Erfurt, der Landeshauptstadt Thüringens, Juri-Gagarin-Ring 113-117. Dieses Gebäude gehörte ursprünglich einer Zeitungsgruppe. Da die Omicron AG Mitte der 90er-Jahre aus allen Nähten zu platzen drohte und dieses Haus zum Verkauf stand, einigten sich Käufer

Weitere Kostenlose Bücher