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Infantizid

Titel: Infantizid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Grit; Hoffman Bode-Hoffmann
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Ganze dauerte nicht einmal zwei Sekunden. Da er nicht vorbestraft war, brachte ihm diese Körperverletzung eine Bewährungsstrafe und eine empfindliche Geldbuße ein. Allerdings tat das seiner Karriere keinen Abbruch, im Gegenteil. Den Hessen buchte man in der ganzen Frankfurter Unterwelt als Personenschützer. Als er sah, wie viel Geld man verdienen konnte, wenn man ein paar Prostituierte laufen hatte, gründete er sein eigenes Geschäft. Innerhalb sehr kurzer Zeit nahm er bis zu 5.000 Deutsche Mark am Tag ein. Das gefiel einigen Konkurrenten überhaupt nicht. Sie schickten ihm erst Morddrohungen und später Schläger. Als die Angriffe überhandnahmen, drehte er den Spieß um und besuchte die Auftraggeber der Schläger in ihren Eigentumswohnungen beziehungsweise Villen. Das Ergebnis waren zwei schwer verletzte Leibwächter und ein toter Zuhälter. Es gelang seinem Verteidiger, auf Totschlag zu plädieren. Er bekam sechs Jahre Haft. Nach seiner Entlassung konnte er in Frankfurt/Main nicht mehr Fuß fassen. Die ganze Szene hatte sich verändert. Organisierte Gruppen aus Osteuropa hatten das Zepter übernommen. Er schlug sich mit Gelegenheitsarbeiten durch. Bis eines Tages dieser Staatsanwalt Feller auftauchte. Der sprach ihn morgens in seinem Lieblingscafé an. Zuerst fühlte sich der Hesse bei seinem Frühstück gestört, doch als Feller ihm sagte, er wisse, wer er sei, was er mache und dass er gerade aus der Haft entlassen worden sei, ließ er sich auf ein Gespräch ein. Anwalt sei er und benötige jemanden mit besonderen Qualitäten. Der Hesse hatte zugestimmt. Immerhin, es handelte sich um einen Staatsanwalt, die Bezahlung war gut und ihm wurde ein BMW zur Verfügung gestellt. Allerdings musste er zu jeder Zeit, Tag und Nacht, verfügbar sein. Seitdem arbeitete er im Auftrag dieses Mannes. Es ging um Überwachungen, Abhöraktionen und Drohungen. Er führte unter anderem Situationen herbei, die es dem Staatsanwalt und ihm ermöglichten, öffentliche Personen in eindeutigen Posen mit Prostituierten zu fotografieren, um sie damit erpressbar zu machen.
    Seine Loyalität musste der Hesse erstmals 1996 in Osnabrück beweisen. Dort galt es, einen Bankdirektor zu liquidieren. Warum, interessierte den Hessen nicht. Er beobachtete den Mann einen Monat lang und wusste, dass er allein lebte. Immer donnerstags bekam er Besuch von einem jungen Burschen, der über Nacht blieb. An einem Samstag war die Gelegenheit günstig. Es war ganz einfach, ein Schlag auf den zweiten Halswirbel genügte. Der Bankdirektor war sofort tot. Sieben Jahre war der Hesse jetzt für Feller tätig.
    Â»He, träumst du?« Staatsanwalt Feller stand neben seinem Tisch. Der Hesse war so in Gedanken versunken, dass er ihn gar nicht hatte kommen hören. Er hatte etwas von einem Gockel, fand der Hesse. Feller ging immer sehr steif und bewegte bei jedem Schritt seinen Kopf vor und zurück.
    Â»Ja, ich habe ein wenig in Erinnerungen gekramt. Worum geht es diesmal? Berlin war ein Kinderspiel, keiner hat etwas gemerkt.«
    Â»Gut. Behalte die Wanze bis zum nächsten Auftrag. Es geht um diese Person hier.«
    Feller legte dem Hessen ein Foto von Dr. Röhl vor. Man konnte darauf erkennen, wie dieser an seinem Auto stand. Er schloss gerade die Fahrertür ab. Auf der Rückseite des Fotos stand eine Adresse. Feller sprach nun etwas leiser.
    Â»Das Bild wurde heute Nachmittag gemacht. Dieser Dr. Röhl war der Arzt, der einen Mann von uns notärztlich versorgt hat. Unter Umständen haben beide auch miteinander gesprochen. Der Mann ist tot. Ich will jedes Wort wissen, das die beiden gewechselt haben. Verstehst du, jedes verdammte Wort. Morgen früh fährt er nach Heidelberg zu einem Ärztekongress. Häng dich dran.«
    Wie Feller es schaffte, immer wieder in so kurzer Zeit präzise Informationen zu bekommen, war dem Hessen rätselhaft. Als er das Foto einsteckte, fragte er: »Was soll mit Röhl nach der Befragung passieren?«
    Â»Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Wir dürfen uns nicht mit moralischem Geplänkel aufhalten. Liquidieren!«
    Damit stand Staatsanwalt Feller auf, verabschiedete sich, ohne dem Hessen die Hand zu reichen, und ging.
    Welche Ereignisse?, fragte sich der Hesse, dieser Feller gab manchmal seltsame Worte von sich. Aber was soll’s, er ist mein Auftraggeber und ich werde es für ihn erledigen,

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