Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Infantizid

Titel: Infantizid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Grit; Hoffman Bode-Hoffmann
Vom Netzwerk:
Tatverdächtige und waren der Aufklärung der anderen Morde damit schon etwas nähergekommen. In dieser Richtung ging es voran. Langsam, aber immerhin. Die Frage nach Jentzschs Auftraggebern und Kontaktleuten war immer noch unbeantwortet. Ganz oben auf seinen Notizblock schrieb er einen Namen und setzte drei Ausrufezeichen dahinter: ›Omicron AG!!!‹

    Nachdem Dr. Rose Einzelheiten zur Durchführung der Errichtung einer neuen Republik vorgestellt hatte, wurde am Ende der Sitzung eine Entscheidung getroffen. Es ging um die Frage, wer der erste Präsident des neuen Deutschland sein sollte. Die Gremiumsmitglieder wollten einstimmig ihn: Dr. Rose.
    Ohne zu zögern, hatte dieser das Angebot angenommen. Er war jung und er war brillant. Er dachte an die Macht und daran, dass er der Führer der Auserwählten war. Er wollte den Menschen die Verlogenheit der Gesellschaft vor Augen führen und Wahrheit schaffen, seine eigene Wahrheit. Und sie hatten bei diesem Treffen beschlossen, sich umzubenennen, in ›Komitee der zukünftigen Präsidialen Republik Deutschland‹.
    Der zukünftige Präsident stand jetzt, im Jahr 2003, mit 35 Jahren, in seiner Eigentumswohnung in Frankfurt/Main am Fenster. Er schaute direkt auf das Bankenviertel mit dem höchsten Gebäude, dem Commerzbanktower. Dr. Rose ärgerte sich über seine Ungeduld. Nach so vielen Jahren der Vorbereitung war es nun endlich an der Zeit, die Herrschaft über Deutschland an sich zu reißen. Aber noch musste dieser Augenblick warten.
    Erst wenn das so wichtige Kommando B seine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hatte, und er, Dr. Rose, das Präparat in Massen bereithielt, war es so weit. Ja, dachte er, dieses durchsichtige, unscheinbar aussehende Arzneimittel wird alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen.
    Er drehte sich vom Fenster weg und schaute sich um. Die Wohnung war funktionell eingerichtet. Alles hatte seine Aufgabe. Sessel und Couch zum Sitzen, ein Tisch zum Essen und Regale, die seine Bücher aufnahmen. Kein unnötiger Firlefanz, sagte er sich. Wäre eine Frau an meiner Seite, stünden hier viele unnütze Dinge herum. Deckchen, Kerzchen und Bildchen vielleicht. Er brauchte keine Frau. In seinen Augen machten sie die Männer zu Schwächlingen. Ständig sorgten sie sich um etwas und tratschten herum. Er wusste gar nicht, worüber er sich mit ihnen unterhalten sollte. Es gab für ihn kein Privatleben. Und das, womit er sich den ganzen Tag beschäftigte, ging nur ihn etwas an. Im Übrigen hatte er noch keine Frau getroffen, die seinen Vorstellungen entsprach. Und eine, die ihm intellektuell das Wasser reichen konnte, sowieso nicht. Bei den meisten hatte er den Eindruck, dass sie viel lieber aßen oder besser fraßen, als zu ficken. Wenn ihm danach war, befriedigte er sich selbst. Das war unkomplizierter und billiger. Man konnte es tun, wo und wann immer man wollte und war nicht auf die Hingabe einer Frau angewiesen.
    Jedes Mal, wenn er an Frauen dachte, verzog er verächtlich das Gesicht. Sie waren überflüssig, nervig und brachten nichts als Probleme mit sich.
    Während seines Geschichtsstudiums hatte er sich viel mit der 68er-Studentenbewegung befasst. Später dann mit den Protestbewegungen der Friedensaktivisten gegen den NATO-Doppelbeschluss und mit den Ostermärschen der Gewerkschaften. Er kam zu der Überzeugung, dass diese Aktivitäten zu nichts führten. Die Mitglieder der kommunistischen und sozialistischen Parteien waren in seinen Augen Utopisten. Der Zusammenbruch des Ostblocks bestätigte ihn später in seiner Meinung. Es gab nur ein radikales Mittel, um Veränderungen zu schaffen, nämlich das Übel an der Wurzel zu packen und zu vernichten. Mit Stumpf und Stiel. Plötzlich und gnadenlos. Er hatte kaum zu hoffen gewagt, dass dieser Plan sich durchsetzen ließe. Zu borniert und zu satt waren die Leute geworden. Jeder dachte nur an sein persönliches, kleines, beschissenes Glück im trauten Heim. Und keiner wollte öffentlich seinen Unmut zum Ausdruck bringen oder sich auflehnen, schon gar nicht gegen den Staat. Außer vielleicht in der Kneipe, wo alle ihren Mund groß auftaten und nichts als Luftblasen schlugen.
    Bis zu dieser Fügung des Schicksals, als er die Gemeinschaft ›Deutschland zuerst‹ kennenlernte. Jedes einzelne Mitglied hatte in seinem eigenen Umfeld Gleichgültigkeit, Kriecherei, Feigheit,

Weitere Kostenlose Bücher