Infantizid
Nacht ein bewaffneter Mann, es besteht aber keine Gefahr. Der Name des Mannes ist Peter Arndt.«
In der vergangenen Nacht hatten die Ratten Matti Klatt in Ruhe gelassen. Oder er konnte sich nicht mehr daran erinnern. Er hatte am Abend zuvor absichtlich noch intensiver trainiert und war, zu Hause angekommen, schnell eingeschlafen.
Die Mitteilung auf der Kassette, die er von Klimm erhalten hatte, war kurz. Die Ermittlungen gingen voran und Peter Arndt war nicht tot. So viel war sicher. Und Bräunig wünschte ihm Glück.
Gegen 10 Uhr am Morgen bekam er einen Anruf von Schitko. Er teilte ihm mit, dass er in einer Stunde abgeholt werden würde.
Wenn ich jetzt Bräunig informiere, könnten sie zuschlagen und zumindest ein paar Leute festnehmen, dachte Matti Klatt. Nur, was bringt uns das? Gar nichts! Im Gegenteil, die Drahtzieher im Hintergrund würden einen Ersatz für mich finden und ihr Vorhaben trotzdem durchführen. Nein, es ist zu gefährlich. Ich schwimme schon längst in dem Strom mit und mein Leben ist eh in Gefahr. Also muss ich das Spiel mitspielen. Mann, wie schnell sich alles ändern kann. Noch vor fünf Tagen war ich der Ansicht, langsam wieder Fuà zu fassen und meinen Kopf frei zu haben. Und plötzlich, auf einen Schlag, ist alles anders. Ich habe das Gefühl, wohl nie zur Ruhe zu kommen. Eine Katastrophe löst die nächste ab. Wahrscheinlich bin ich ein Typ, der AuÃergewöhnliches anzieht. Bei dieser Geschichte habe ich nicht die geringste Vorstellung, wie sie enden wird.
Eine Weile grübelte Matti Klatt noch über sein Dasein nach, als es Punkt 11 Uhr klingelte. Da er selbst viel Wert auf Pünktlichkeit legte, fiel ihm das sofort auf. Er mahnte sich, keine Unsicherheiten zu zeigen und wachsam zu bleiben. Er hob den Hörer der Wechselsprechanlage ab und sagte, dass er gleich nach unten kommen würde. Er zog Schuhe und Jacke an, richtete seine Sportschuhe aus und schloss die Wohnungstür ab. Das Treppenhaus lieà er, jeweils zwei Stufen gleichzeitig hinabspringend, schnell hinter sich.
Er trat vor die Haustür. Direkt davor stand ein dunkler Van mit geöffneter Seitentür.
Wie einladend, dachte er. Auf eine anständige BegrüÃung wird bei denen wahrscheinlich nicht viel Wert gelegt. Matti Klatt stieg in das Fahrzeug und schob die Tür zu. Er befand sich praktisch in einem schwarzen, verschlossenen Raum. Alle Scheiben waren verdunkelt, selbst die, die den Fond von der Fahrerkabine trennte. Man konnte nicht sehen, was sich auÃerhalb des Wagens abspielte. Eine kleine Leselampe ging an. Der einzige Lichtpegel in diesem Fahrzeug. Fast zeitgleich meldete sich eine Stimme aus einem Lautsprecher.
»Willkommen. Wir haben den Auftrag, Sie hier abzuholen. Wir weisen darauf hin, dass die Fahrt einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Aus Sicherheitsgründen bleiben die Türen verriegelt. Ebenso sind sämtliche Fenster nicht zu öffnen. Sie sind fest eingebaut und undurchsichtig. GenieÃen Sie die Tour. Wir melden uns kurz vor der Ankunft.«
Ja, und ich bin der Weihnachtsmann! Aus Sicherheitsgründen! Scheiben undurchsichtig! Genau wie das alles hier! Schöne ScheiÃe!
Matti Klatt lehnte sich zurück und schaute auf seine Uhr. Fünf Minuten nach elf. Der Van setzte sich in Bewegung. Er richtete sich wieder auf und setzte sich ganz vorn auf die Kante seines Sitzes, um zu spüren, ob der Wagen geradeaus fuhr oder nach rechts oder links abbog. Gleichzeitig achtete er auf das Motorengeräusch, denn dadurch konnte er hören, wann und wie oft gekuppelt wurde. Mit der vergehenden Zeit und diesen Orientierungshilfen bestimmte er die Richtung, wohin die Fahrt führte.
Zuerst ging es kurz geradeaus, der Wagen stoppte, das Relais des Blinkgebers war zu hören. Mit Sicherheit fahren wir nach rechts, dachte er. Als der Van wieder anfuhr, wurde seine Vermutung bestätigt. In Gedanken sah er die StraÃe vor sich. Jetzt zwei Minuten und wir müssten theoretisch bei Rot halten. Volltreffer! Also gut, es ging Richtung Autobahn. Er versuchte sich vorzustellen, wie er, Klatt, fahren würde. Er nahm die Hände vor seinen Körper und tat so, als würde er ein Lenkrad halten. Seine FüÃe bewegten sich im Takt des Fahrers, wenn dieser kuppelte und Gas gab. Nach kurzer Zeit konnte er dessen eigenwillige Fahrweise nachvollziehen und sich darauf einstellen. Wieder eine Ampel und dann geradeaus. Der
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