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Infernal: Thriller (German Edition)

Infernal: Thriller (German Edition)

Titel: Infernal: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Häuser besucht habe.
    »Wer ist das?«, fragt Gaines.
    Eine eigenartige Pause entsteht, während Lenz und Kaiser seine Reaktion auf mich studieren. Ich zwinge mich, Gaines nicht anzustarren, indem ich mich mit meiner Kamera beschäftige. Hinter der Kamera sehe ich ein von Zigarettenbrandflecken übersätes Sofa und einen durchgetretenen Teppich, der fleckig ist von herabgetropfter Ölfarbe. Die Wände sind bis auf einen Elvis in Airbrushtechnik und ein kleines, elegantes abstraktes Bild über dem Sofa nackt. Eine große Staffelei steht in der Ecke, die mir am nächsten ist, verhüllt mit einem schmutzigen braunen Tuch.
    »Das ist unsere Fotografin«, sagt Kaiser schließlich. Er deutet auf die Leinwand. »Ist das Ihr Gemälde dort?«
    »Ja«, antwortete Gaines, und an seinem Tonfall erkenne ich, dass er mich noch immer anstarrt.
    Ich wende mich ihm zu und suche in seinen Augen nach einem Zeichen des Wiedererkennens. Die Augen sind wie dunkle Kohlen, das Weiße ist gelb, und sie wirken weit aufgerissen wie bei einem Menschen mit Schilddrüsenüberfunktion, ein Effekt, der von den dunklen Halbmonden darunter noch betont wird. Eine schlaffe schwarze Locke hängt in seine Stirn, und ein drei Tage alter Bart macht sein Gesicht stoppelig. Seine Haut hat die kränklich weiße Blässe eines Schlangenbauchs. Es fällt mir nicht schwer, mir vorzustellen, wie er eine lebende Katze mit einem Rasenmäher überfährt.
    »Nehmen Sie das Tuch von diesem Bild, damit wir es fotografieren können«, befiehlt Kaiser.
    »Vielleicht will ich nicht, dass es fotografiert wird, bevor ich es fertig habe.«
    »Vielleicht gibt irgendjemand einen Dreck auf das, was Sie wollen, Leon.« Kaiser geht selbst zur Staffelei und reißt das Tuch herunter.
    Ich habe nicht viel erwartet, und deshalb überrascht mich die kraftvolle Arbeit, die darunter zum Vorschein kommt. Eine Frau mit langem, strähnig blondem Haar und hartem Gesicht sitzt im kalten Licht einer nackten Glühbirne an einem Küchentisch. Sie ist umgeben von benutzten Schalen mit Resten von Frühstücksflocken und von Fastfood-Verpackungen. Ihr Hemd steht bis zum Bauchnabel offen und gibt den Blick auf kleine, schlaffe Brüste frei. Ihre hohlen Augen blicken mit der mürrischen Resignation eines Tieres von der Leinwand, das beim Errichten seines eigenen Käfigs geholfen hat. Es fällt mir schwer zu glauben, dass die Kreatur auf der anderen Seite des Zimmers zu solch wahrhaftiger Kunst fähig sein soll, doch Talent fragt nicht nach Verdienst.
    Ich schiebe den Blitz auf die Mamiya und beginne zu schießen, während ich mich nach Kräften bemühe, Gaines zu ignorieren, dessen Augen sich wie schmierige Finger auf meiner Haut anfühlen. Nach zehn Aufnahmen wende ich mich dem kleinen abstrakten Bild an der Wand zu. Es ist anders als die Arbeit von Gaines, aber es sieht aus wie ein Original. Wahrscheinlich hat er es von einer weiblichen Kunststudentin bekommen, nachdem er mit ihr geschlafen hat.
    »Wer hat das gemalt?«, frage ich und mache einen Schnappschuss von der kleinen Leinwand.
    »Roger«, antwortet Gaines.
    »Roger Wheaton?« fragt Lenz.
    »Ja.« Gaines kommt einen Schritt auf mich zu. »Ich sehe, dass Ihnen mein Bild gefällt. Was halten Sie davon, wenn Sie später wiederkommen und ich Sie male?«
    Ich würde laut auflachen, wäre die Situation nicht so ernst.
    »Halt den Mund, du treuloser Bastard!«
    Ich wirbele herum und sehe die blonde Frau von Gaines’ Gemälde ins Zimmer stürzen. Ihre Augen in dem bleichen Gesicht brennen wütend, und ein roter Fleck in der Größe einer Faust zieht sich auf einer Wange vom Mund bis zum Auge. Die Mitte des Flecks verfärbt sich bereits dunkel.
    »Mach, dass du wieder nach hinten verschwindest!«, brüllt Gaines sie an, die Hand zur Faust geballt.
    Kaiser schiebt sich zwischen ihn und die Frau, die nur ein dünnes Nachthemd trägt. »Hat dieser Mann Sie angegriffen, Miss?«
    »Er hat mich durchgefickt, das hat er getan! Er ist ein gottverdammter Lügner! Er hat gesagt, dass ich als Modell arbeiten würde.«
    »Haben Sie ihm unbekleidet Modell gestanden?«
    »Verdammt, ja! Er lässt mich kaum je was anziehen! Aber er will mich nicht malen, sondern immer nur ficken! Das und sich vollkiffen, den ganzen Tag lang, jeden Tag! Und wenn er bekifft ist, kann er nicht mal mehr ficken!«
    »Verschwinde, gottverdammt!« , brüllt Gaines und hebt die Faust.
    Die Frau sieht mich in trotziger Wut an. »Lassen Sie sich nicht von diesen irren Augen einfangen,

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