Infernal: Thriller (German Edition)
ausgewichen.«
»War nicht anders zu erwarten, oder?«
»Wieso?«
»Roger ist im ländlichen Vermont aufgewachsen. Er ist achtundfünfzig Jahre alt, verdammt. Eine ganz andere Generation als wir.«
»Soll das heißen, er ist schwul?«
»Selbstverständlich ist er das.«
Selbstverständlich ist er das ...
Smith fährt mit einem manikürten Fingernagel über die Verzierungen des schmiedeeisernen Tisches. »Es ist ihm einfach unangenehm, die Art von Aufmerksamkeit zu erregen, die berühmte Homosexuelle auf sich ziehen.«
»Sind Sie und er ein Paar?«
Smith schüttelt mit einem Ausdruck des Bedauerns den Kopf. »Nein.«
»Und woher wissen Sie dann, dass er homosexuell ist? Hat er es Ihnen gesagt?«
»Roger ist von zu Hause weggelaufen und mit siebzehn oder achtzehn Jahren nach New York gegangen. Was glauben Sie, wovon er gelebt hat? Ganz bestimmt nicht vom Verkauf seiner Bilder.«
»Heißt das, er hat sich verkauft?«
»Wir alle verkaufen uns auf die eine oder andere Weise. Er war ein talentierter, hübscher Junge, der mit seinen nachgeahmten Bildern von einer Galerie zur anderen zog. Er fiel auf, aber nicht wegen seiner Gemälde. Es dauerte nicht lange, bis die Tunten darum kämpften, ihm einen Platz zum Leben und Arbeiten zu geben. Sie kümmerten sich um ihn, bis er zu den Marines ging.«
»Sie scheinen eine Menge mehr über Roger Wheaton zu wissen als jeder andere.«
»Roger hat mir diese Dinge anvertraut, weil er wusste, dass ich ihn verstehen würde. Und ich erzähle es Ihnen, damit Sie alles unternehmen, um das FBI zurückzupfeifen. Sein Leben ist schwer genug ohne diese ständigen Belästigungen.«
»Ich stimme Ihnen zu. Und ich werde es tun. Aber ich habe noch ein paar Fragen. Wenn die Besuche freundschaftlich waren, weswegen die Streits? Das Geschrei?«
Smith schüttelte den Kopf. »Diese Frage kann ich nicht beantworten. Das FBI darf den Grund nicht erfahren.«
»Meine Güte, Frank, ich werde keine Einzelheiten erzählen! Ich werde sagen, dass die Besuche und Streits bedeutungslos sind für ihre Ermittlungen.«
»Ich kann nicht.«
Voller Frustration, aber auch mit Verständnis für Smiths Zögern, Wheatons Privatsphäre zu verletzen, beuge ich mich vor, ziehe den Saum meiner Bluse aus der Jeans und reiße mir das Pflaster vom Rücken. Ich stelle mir vor, wie Daniel Baxter draußen im Überwachungswagen in Panik gerät, als der Sender auf das Eisen meines Stuhls fällt. Ich hoffe nur, er besitzt genügend Verstand, um nicht mit gezückter Pistole das Haus zu stürmen.
»Ich schalte ab«, sage ich laut. »Kommen Sie nicht herein.«
Smith starrt mich mit offenem Mund an, als ich unter die Bluse greife und das winzige Mikrofon von meinem BH löse, das Kabel zum Sender ausstöpsele und den ausgeschalteten Sender samt Mikro vor mich auf den Tisch lege.
»Wir sind nicht länger live, Frank«, sage ich. »Nur wir beide, Sie und ich.«
Er sieht aus, als würde er mich jeden Augenblick hinauswerfen.
»Hören Sie zu«, sage ich mit der Eindringlichkeit meines eigenen Schmerzes. »Meine Schwester hat zwei kleine Kinder, die sie mehr liebt als ihr Leben. Sie wurde von einem Raubtier von der Straße weggerissen, und sie verrottet wahrscheinlich irgendwo in einem Sumpf. Elf anderen Frauen ist es genauso ergangen, eine davon eine Freundin von Ihnen, die Sie bewundert und gemocht haben. Die Uhr tickt unerbittlich weiter, und mit jeder Minute sinken Thalias Chancen. Ist es ein Eindringen in Wheatons Privatsphäre, wenn das FBI herausfindet, dass er homosexuell ist? Ja. Ist es eine Tragödie? Nein. Wenn ihre Streitereien mit Wheaton nichts mit diesem Fall zu tun haben, sind die Anstrengungen des FBI, den Grund zu erfahren, nichts als Zeitverschwendung. Möchten Sie, dass diese Zeitverschwendung Thalias Leben kostet?«
»Ich denke, Sie übertreiben meine Bedeutung.«
»Unsinn! Das FBI hat nicht viel, womit es arbeiten kann, und es wird diesen Aspekt nicht fallen lassen, bevor es ihn durchleuchtet hat. Erzählen Sie mir, worum es bei diesen Streitereien ging, und wenn der Grund belanglos ist, werde ich dem FBI sagen, dass es Sie verdammt noch mal in Ruhe lassen soll.«
Smith schließt die Augen und atmet tief ein. Dann öffnet er sie wieder, während er seinen Atem langsam ausstößt. Der Ausdruck in seinem Gesicht zeigt mir, dass das Vertrauen dieses Mannes nur schwer zu gewinnen ist. »Sie geben mir Ihr Wort, dass Sie dem FBI nichts sagen, wenn es für den Fall nicht wichtig ist?«
»Herrgott noch
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