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Infernal: Thriller (German Edition)

Infernal: Thriller (German Edition)

Titel: Infernal: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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schwarzen Augen. »Er fängt etwas ein, das niemand, der heutzutage arbeitet, auch nur annähernd schafft. All die arroganten jungen Typen, die hier hereinschneien ... sie wollen hip sein, malen mit Blut und bauen Skulpturen aus Kanonenteilen ... der reinste Witz. Das dort ist die wahre Avantgarde. Sie sehen sie genau vor sich.«
    »Also ist er ein bedeutender Künstler?«
    »Das wissen wir frühestens in fünfzig Jahren.«
    »Wie würden Sie diesen Stil nennen?«
    Wingate seufzt nachdenklich. »Schwer zu sagen. Er ist nicht statisch. Er hat mit fast reinem Impressionismus angefangen, absolut tot . Jeder kann das. Doch die Vision war da. Irgendwann zwischen dem fünften und dem elften Bild begann er, etwas sehr viel Faszinierenderes zu entwickeln. Sind Sie vertraut mit den Nabis?«
    »Den was?«
    »Nabis. Es bedeutet ›Propheten‹. Bonnard, Denis, Vuillard.«
    »Mein Wissen über Kunst würde keine Postkarte füllen.«
    »Nicht Ihre Schuld. Es liegt am amerikanischen Bildungssystem. Sie unterrichten es einfach nicht. Nicht, bevor man nicht darum bittet. Nicht einmal an den Universitäten.«
    »Ich war nicht auf dem College.«
    »Wie erfrischend. Und warum auch? Amerikanische Institutionen beten die Technologie an. Die Technologie und das Geld.«
    »Sind Sie Amerikaner?«
    Ein nachdenkliches Grinsen. »Was glauben Sie?«
    »Ich weiß es nicht. Woher kommen Sie?«
    »Normalerweise lüge ich, wenn mir diese Frage gestellt wird. Ich möchte Ihre Intelligenz nicht beleidigen, deswegen überspringen wir die Biografie.«
    »Verbergen Sie ein dunkles Geheimnis?«
    »Ein wenig Geheimnistuerei sorgt dafür, dass ich interessant bleibe. Sammler kaufen gerne bei interessanten Händlern. Die Leute denken, ich wäre ein großer, böser Wolf. Sie glauben, ich hätte Verbindungen zum Mob und Dutzende krimineller Klienten.«
    »Haben Sie?«
    »Ich bin Geschäftsmann. Wenn man in New York Geschäfte macht, kann so ein Ruf nicht schaden.«
    »Haben Sie Abdrucke von anderen ›Schlafenden Frauen‹? Kann ich sie sehen?«
    »Es gibt keine Abdrucke. Das garantiere ich meinen Käufern.«
    »Was ist mit Fotografien? Sie haben doch sicher Bilder?«
    Er schüttelt den Kopf. »Keine Fotos. Keine Kopien, gleich welcher Art.«
    »Warum nicht?«
    »Rarität ist das seltenste Handelsgut.«
    »Wie lange hatten Sie dieses hier?«
    Wingate blickt auf die Leinwand, dann aus den Augenwinkeln zu mir. »Nicht lange.«
    »Wie lange werden Sie es noch haben?«
    »Ich werde es morgen verschicken. Takagi bietet unbesehen für alles von diesem Künstler. Eins Komma fünf Millionen Pfund. Aber mit diesem hier habe ich andere Pläne.«
    Er packt den Metallrahmen und bedeutet mir, die Kiste zu halten, während er das Bild hineinschiebt. Ich helfe ihm, um ihn bei Laune zu halten.
    »Während einer Serie von vielleicht acht Bildern«, fährt Wingate fort, »hätte er einer der Nabis sein können. Doch dann änderte er seinen Stil erneut. Die Frauen wurden mehr und mehr real, ihre Körper lebloser und ihre Umgebung dafür umso lebendiger. Jetzt malt er wie einer der alten Meister. Seine Technik ist unglaublich.«
    »Wissen Sie wirklich nicht, ob die Modelle tot oder lebendig sind?«
    »Nun machen Sie aber mal einen Punkt!«, grunzt er und schiebt mit angemessener Kraft, um den Rahmen nicht zu beschädigen. »Sie sind Modelle. Wenn irgendein geiler Japaner glauben will, dass sie tot sind, und Millionen für die Bilder bezahlt, dann ist das großartig. Ich beschwere mich keinesfalls darüber.«
    »Das ist Ihre ehrliche Meinung?«
    Er sieht mich nicht an. »Was ich meine, spielt überhaupt keine Rolle. Was eine Rolle spielt, ist das, was ich weiß, und ich weiß überhaupt nichts.«
    Wenn Wingate nicht weiß, dass die Frauen echt sind, dann wird er es jetzt herausfinden. Als er sich aufrichtet und seine Stirn wischt, wende ich mich ihm voll zu und nehme meine Sonnenbrille ab.
    »Und was sagen Sie nun?«
    Seine Gesichtsmuskeln bewegen sich kaum, doch er ist geschockt, das erkenne ich. In seinen Augen ist mehr Weiß zu sehen. »Ich sage, dass Sie vielleicht irgendeine Masche mit mir abziehen wollen.«
    »Warum sollte ich?«
    »Weil ich ein Bild von Ihnen verkauft habe. Sie sind eine von ihnen. Eine der ›Schlafenden Frauen‹.«
    Er hat also noch nicht erfahren, was in Hongkong geschehen ist. Hat der dortige Museumskurator vielleicht befürchtet, seine Ausstellung zu verlieren?
    »Nein«, sage ich leise. »Das war meine Schwester.«
    »Aber das Gesicht ... es ist das

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