Infernal: Thriller (German Edition)
explodieren und die Maschinengewehrsalven den Dreck umpflügen.«
»Das ist die Art von Mut, die ich immer respektiert habe«, sagt Kaiser leise. »Ich kannte eine Reihe von Soldaten, die so waren.«
Sein Gesicht zeigt stille Trauer; ich frage mich, ob er es weiß. »Irgendetwas sagt mir, dass Sie auch so ein Soldat waren.«
Er antwortet nicht.
»Und mein Vater besaß diese Art von Mut«, fahre ich fort. »Er war kein sehr begabter Fotograf, wenn man es genau nimmt. Seine Komposition war nie wirklich großartig. Doch er wagte sich so dicht heran an den Elefanten, dass nicht einmal die Verrückten ihm folgen wollten. Und wenn man so nahe dran ist, spielt die Komposition keine Rolle mehr, nur das Bild. Das war es, was seine Arbeiten einzigartig machte. Er war in Laos, und er war in Kambodscha. Er war während der schlimmsten Phase der Belagerung von Khe Sanh zwölf Tage unter der Erde. Ich habe ein Bild von ihm, das ein Marine geschossen hat. Es zeigt ihn, wie er mitten auf dem Ho-Chi-Minh-Pfad steht und pinkelt.«
Schließlich sieht Kaiser mich doch noch an. »Wer hat Ihnen das erzählt? Mit dem Elefanten?«
»Mein Dad. Als ich klein war, habe ich ihn einmal gefragt, warum er so eine gefährliche Arbeit machen würde, und er versuchte, alles zu verharmlosen. Er sagte, dass eigentlich alles wie ein großer Zirkus wäre und dass die Soldaten sagen, sie würden ›den Elefanten besuchen‹, wenn sie in die Schlacht ziehen.«
»Es war tatsächlich ein Zirkus, und zwar in mehr als einer Hinsicht.«
»Später, als ich selbst anfing, auf Kriegsschauplätzen zu arbeiten, begriff ich, was er gemeint hat.«
»Sie sind nicht wie er. Was für eine Sorte Fotograf sind Sie? Warum tun Sie es?«
»Weil ich muss. Ich kann mich nicht einmal erinnern, dass ich mich irgendwann bewusst für diesen Beruf entschieden hätte.«
»Versuchen Sie, die Welt zu ändern?«
Ich lache erneut. »Zu Anfang vielleicht, ja. Heute bin ich nicht mehr so naiv.«
»Trotzdem haben Sie die Welt wahrscheinlich stärker verändert, als das den meisten Menschen je gelingt. Sie verändern das Bewusstsein der Leute. Sie bringen die Menschen dazu, die Dinge in einem neuen Licht zu sehen. Wenn Sie mich fragen, das ist das Allerschwierigste auf dieser Welt.«
»Wollen Sie mich heiraten?«
Er lacht und schlägt mir auf die Schulter. »Sind Sie so ausgehungert nach Anerkennung?«
»Das vergangene Jahr war wirklich bescheiden.«
»Bei mir waren es die letzten beiden Jahre. Willkommen im Club.«
Kaisers Handy piepst erneut. Er ignoriert es, doch diesmal hört es nicht auf, und schließlich nimmt er es hoch und sieht auf das Display. »Das ist Baxter, in Quantico.« Er nimmt den Anruf entgegen.
»Kaiser.« Seine Gesichtszüge werden angespannt, während er lauscht. »In Ordnung, mach ich.« Er beendet das Gespräch und sammelt die Reste in die Tüten.
»Was ist passiert?«
»Baxter möchte, dass ich ins Büro zurückkehre.«
»Warum?«
»Ich weiß es nicht, aber er hat gesagt, dass ich Sie mitbringen soll. Sie richten eine Video-Verbindung nach Quantico ein, und er will Sie dabeihaben.«
Mein Puls schlägt plötzlich höher. »O Gott. Glauben Sie, dass es wegen Jane ist?«
»Hat keinen Sinn, zu raten.« Er wirft die Tüten eine nach der anderen in Richtung eines Mülleimers, der drei Meter entfernt steht. Sie fallen hinein, ohne den Rand auch nur zu berühren. »Baxter klang jedenfalls nervös. Irgendetwas ist passiert, so viel steht fest.«
7
----
D as Büro des FBI befindet sich in der vierten Etage, die so beschaffen ist, dass man außer Korridoren und Türen nichts sehen kann, bevor man die Räumlichkeiten selbst nicht betreten hat. Einige Türen stehen offen, und als ich vorbeigehe, spüre ich, wie Leute mich aus den Zimmern beobachten. An einer Tür mit einem Schild »Patrick Bowles, Special Agent in Charge« wirft Kaiser mir einen ermutigenden Blick zu.
»Seien Sie nicht schüchtern«, sagt er. »Sagen Sie einfach, was Sie denken.«
»Das tue ich für gewöhnlich immer.«
Er nickt und führt mich in einen großen, L-förmigen Raum mit einem breiten Fenster, das auf den Lake Pontchartrain hinaus zeigt. Im Knick des L steht ein Schreibtisch, und dahinter sitzt ein Mann mit geröteter Haut, flinken grünen Augen und silbergrauem Haar.
Auf dem Weg hierher hat Kaiser mir erzählt, dass SAC Bowles der dienstälteste FBI-Beamte im Bundesstaat Louisiana ist und das Kommando hat über einhundertfünfzig Agenten und einhundert Mann
Weitere Kostenlose Bücher