Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Infernal: Thriller (German Edition)

Infernal: Thriller (German Edition)

Titel: Infernal: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
Vom Netzwerk:
und strömt in kleinen Bächen über meine Rippen. Ich drücke die Seide auf meine Haut, um ihn aufzufangen.
    »Haben Sie eine deutliche Erinnerung an die Stimme Ihres Vaters?«
    »Eigentlich nicht, nein. Mehr eine Vorstellung, schätze ich. Ich glaube, die Stimme am Telefon erinnerte mich an ihn, weil Dad hin und wieder ein wenig Französisch gesprochen hat. Er hat es in Vietnam gelernt, denke ich. Und er hat mich manchmal chérie genannt.«
    »Tatsächlich? Was geschah als Nächstes?«
    »Um ehrlich zu sein, mein Gehirn war noch halb im Tiefschlaf. Ich dachte zunächst, es wäre eine Illusion gewesen, nur ein Traum. Doch am nächsten Tag erzählte ich es Baxter, und er sagte mir, dass der Anruf aufgezeichnet und zu einem Bahnhof in Bangkok zurückverfolgt worden wäre.«
    »Als Sie das gehört haben – was hat Ihnen Ihr Gefühl da gesagt?«
    »Ich hoffte, dass es meine Schwester gewesen ist. Doch je länger ich darüber nachdachte, desto weniger glaubte ich daran. Ich weiß einiges über Familien von Soldaten, die nach Kampfeinsätzen vermisst wurden, von der langen Suche nach meinem Vater. Was, wenn es eine Verwandte von einem Vermissten war, unterwegs im Fernen Osten? Es sind noch immer viele von ihnen drüben. Eine Ehefrau oder Tochter, die in Schwierigkeiten war und Hilfe brauchte? Vielleicht war sie betrunken und depressiv. Sie zog meine Karte aus ihrer Brieftasche. Die Unterhaltung würde dazu passen, wenn man die Störungen entsprechend auffüllt. ›Jordan, ich brauche deine Hilfe. Mein Daddy ist noch am Leben, aber er ...‹, und damit meinte sie ihren Vater, ›... er kann mir nicht helfen.‹«
    »Aber die Angehörigen von vermissten Soldaten gehen nach Vietnam, um den Vermissten zu helfen, richtig? Nicht andersherum.«
    »Ja.«
    »Haben Sie bei den Ihnen bekannten Familien von Vermissten nachgeforscht?«
    »Ja. Das FBI ebenfalls. Wir fanden niemanden, der zugab, mich angerufen zu haben. Doch es gibt immer noch mehr als zweitausend Vermisste, über deren Verbleib nichts bekannt ist. Das sind verdammt viele Familien. Und bei den Treffen wenden sich alle an mich, weil ich bekannt und so viel im Fernen Osten herumgereist bin.«
    »Wenn das der Fall wäre – wem würde die Stimme des Mannes gehört haben?«
    »Einem Ehemann. Oder einem Stiefvater. Wer weiß? Aber ich dachte eigentlich an eine andere Möglichkeit. Was, wenn der Killer mich verunsichern wollte? Wenn er eine Frau benutzt hat, um mich aus der Fassung zu bringen?«
    Kaiser schüttelt den Kopf. »Kein Angehöriger der anderen verschwundenen Frauen hat einen solchen Anruf erhalten. Ich habe es überprüft.«
    »Und was glauben Sie?«
    Beiläufig gabelt er einen Rest Rindfleisch auf. »Ich glaube, dass es möglicherweise Ihre Schwester war.«
    Ich atme tief durch und versuche, meine flatternden Nerven zu beruhigen.
     »Ich sage Ihnen das nur«, fährt er ernst fort, »weil Baxter mir erzählt hat, Sie wären hart im Nehmen.«
    »Ich weiß nicht, ob ich so hart bin.«
    Er wartet, bis ich es verdaut habe.
    »Das ist der Grund, warum Sie Lenz nicht dabeihaben wollten, richtig?«
    »Teilweise.«
    »Als ich Lenz nach seiner Meinung über den Anruf fragte, hat er ihn abgetan.«
    Kaiser blickt zu Boden. »Die vorherrschende Meinung in der Abteilung lautet, dass der mysteriöse Anrufer tatsächlich ein Familienangehöriger eines vermissten Soldaten war, genau wie Sie dachten. Lenz hat Sie nicht danach gefragt, weil er die Aussage gelesen hat, die Sie zum damaligen Zeitpunkt gemacht haben, und weil er sie als zuverlässigere Beschreibung der Ereignisse betrachtet als das, was Sie heute in Erinnerung haben.«
    »Das klingt äußerst offiziell. Wie lautet Ihre persönliche Meinung?«
    »Falls Ihre Schwester am Leben ist, lässt das Lenz’ gegenwärtige Theorie, wie auch immer sie lautet, fragwürdig erscheinen. Lenz redet eine Menge darüber, dass alles möglich wäre, dass es keine Regeln gäbe, aber tief in seinem Innern trägt er Scheuklappen. Ich glaube nicht, dass das schon immer so war, doch heute hat er eindeutig eine vorgefertigte Meinung und tendiert zum tragischen Ende. Ich hingegen bin noch offen. Das ist im Grunde genommen alles.«
    »Und warum sind Sie noch offen?«
    Ein trauriges Lächeln umspielt seine Mundwinkel und Augen. »Weil ich weiß, dass die Welt keinen Gesetzen gehorcht. Ich habe es auf die harte Tour gelernt.« Er nimmt einen in Plastik eingepackten Glückskeks hoch, dann legt er ihn wieder weg. »Lenz hat Sie alle möglichen

Weitere Kostenlose Bücher