Infernal: Thriller (German Edition)
los.«
»Menschenhandel. Frauen, die aus ihrer Heimat entführt, in die Ferne verschleppt und dort zur Prostitution gezwungen werden. Es passiert auch heute noch, auf die unterschiedlichste Weise, sogar in Amerika. In Asien ist es ein lukratives Geschäft, insbesondere in Thailand. Kriminelle Syndikate entführen junge Frauen aus den Bergdörfern und bringen sie in die Städte. Sie sperren sie in kleinen Zimmern ein, geben sie als Jungfrauen aus und zwingen sie, Dutzenden von Kunden täglich zu Diensten zu sein.«
Ich schließe die Augen und unterdrücke eine Welle von Übelkeit. Die Erwähnung dieses Grauens zwingt mich zu akzeptieren, dass es vielleicht auch Janes Schicksal sein könnte. Doch selbst wenn es nicht so ist – das Bild, das Kaiser mit seinen Worten heraufbeschworen hat, lässt mich vor Angst und Empörung erschauern. Ich kann über ein von Leichen übersätes Schlachtfeld laufen und mein Essen bei mir behalten, doch die Vorstellung von einer zu Tode verängstigten jungen Frau, die in eine kleine Zelle gesperrt ist und tagtäglich durch die Hölle geht, bis sie sich mit AIDS infiziert, ist selbst für mich zu viel.
»Tut mir Leid«, sagt Kaiser und berührt mein Knie. »Mein Kopf ist voll mit derartigen Szenarien, und manchmal vergesse ich mich einfach.«
»Schon gut. Es ist nur ... von allen schlimmen Dingen macht mir dieser Gedanke am meisten zu schaffen.«
Er versucht zwar, es zu verbergen, doch die Frage, die ihm auf der Zunge brennt, steht in seinen Augen.
»Fragen Sie nicht. Okay?«
»Okay. Hören Sie, wir sind auf der Suche ein gutes Stück weitergekommen. Näher daran, ihn aufzuhalten. Konzentrieren Sie sich darauf.«
»Okay.«
»Kann ich Ihnen ein Glas Wasser holen oder sonst etwas?«
»Ja ... bitte.«
Er steht auf und geht nach vorn, und ich reiße das Faltblatt mit den Sicherheitsratschlägen aus dem Rücksitz auf der anderen Seite des Gangs. Irgendetwas, auf das ich mich konzentrieren kann, um meinen Verstand daran zu hindern, seine eigenen dunklen Wege zu gehen. Was ist das Schlimmste, das ihnen je passiert ist? , hat Dr. Lenz früher seine Patienten gefragt. Was ist das Schlimmste ...
11
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I m großen Konferenzraum der Niederlassung von New Orleans findet eine Strategiebesprechung statt, auf der entschieden wird, welchen Verlauf der NOKIDS-Fall von hier aus nehmen soll. Ich nehme nicht an der Besprechung teil. Man hat mich in das Büro von SAC Bowles verbannt. Einmal mehr definiert Ausschluss meinen Status als Außenseiterin. Das Treffen findet unter dem Vorsitz eines Stellvertretenden FBI-Direktors statt. Teilnehmer sind unter anderem der für New Orleans zuständige Bundesanwalt, der Polizeichef von New Orleans, der Sheriff von Jefferson Parish und eine Reihe anderer hoher Tiere. Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie sie aus ihren Löchern kriechen, sobald ein Hauch von Erfolg in der Luft liegt.
Während ich warte, geht mir das Treffen mit Marcel de Becque durch den Kopf, seine Bilder, seine wunderschöne vietnamesische Dienerin und das Foto meines Vaters an der Wand. Doch diese Erinnerungen sind nicht mehr als ein statisches Rauschen rings um das elektrisierende Wissen, dass ich – falls Baxters Plan nicht überstimmt wird – bald den ersten Verdächtigen gegenüberstehen werde, Männern, die möglicherweise meine Schwester ermordet haben, in der Hoffnung, sie so zu erschüttern, dass sie sich verraten. Diese Aussicht trägt mehr dazu bei, meine Seele zu besänftigen, als irgendetwas, was ich im vergangenen Jahr unternommen habe.
Special Agent Wendy Travis, mein Bodyguard, ist zweimal hereingekommen und hat versucht, ein Gespräch anzufangen, doch ich konnte mich nicht konzentrieren, und sie hat es kapiert. Als sich diesmal die Tür von Bowles’ Büro öffnet, marschiert John Kaiser mit geschäftsmäßiger Miene herein. Die Tür schließt sich hinter ihm, doch ich erhasche noch einen flüchtigen Blick auf Wendy, die vom Gang zu mir hereinsieht.
»Sind Sie so weit?«, fragt er.
»Was ist bis jetzt passiert?«
»Eine Menge von gar nichts. Die Bürokraten sind noch am Zug. Diverse juristische Klippen, die umschifft werden müssen. Der Stellvertretende Direktor und der Bundesanwalt sind gegangen. Sie wollten Sie kennen lernen, doch ich habe ihnen gesagt, Sie wären kein großer Fan des Justizministeriums.«
»Es gibt gewisse Elemente, die ich anderen vorziehe.«
Kaiser lächelt. »Die gute Nachricht lautet, wir haben vier Verdächtige. Ausnahmslos alle waren
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