Infernal: Thriller (German Edition)
auch wenn ich nicht immer gewusst hätte, was das war. Ich antwortete ihr, dass ich das Leben respektierte, das sie für sich gefunden hätte, auch wenn ich es vorher schlecht gemacht hätte. Es bedeutete ihr sehr viel.« Ich nehme meine Gabel und male imaginäre Kreise auf den Tresen. »Es ist leicht, sich unabhängig zu fühlen, solange man jung ist, und dass man keinen Menschen auf der Welt braucht. Doch je mehr Zeit vergeht, desto mehr beginnt die Familie zu zählen. Und aufgrund des Zustandes unserer Mutter hatten Jane und ich niemanden außer uns selbst.«
»Sie sprechen in der Vergangenheit.«
»Ich weiß nicht, was ich in diesem Augenblick glaube. Ich weiß nur, dass ich sie finden muss. Tot oder lebendig, was auch immer. Sie ist mein Blut, und ich liebe sie. So einfach ist das. Ich muss meine Schwester finden.«
Kaiser streckt die Hand aus und drückt sanft meinen Unterarm. »Sie werden Ihre Schwester finden, Jordan.«
»Danke.«
»Hatten Sie je den Wunsch nach einer eigenen Familie? Sich niederzulassen, Kinder zu haben, all das?«
»Jede Frau, die ich kenne, wollte das auf die eine oder andere Weise.«
»Und Sie?«
»Ich höre das Ticken der Uhr. Gestern Abend war ich bei meiner Nichte und meinem Neffen zu Besuch, und meine Gefühle für die beiden haben mich überwältigt.«
Er schlägt die Augen nieder. »Wendy meint, dass es irgendwelche Probleme gegeben hätte. Drüben bei Ihrem Schwager.«
»Ich bin durchaus bereit, das FBI bis zu einem gewissen Punkt in mein Leben zu lassen. Aber es gibt eine Grenze, die werden Sie nicht überschreiten.«
»Sie hat es uns nur erzählt, weil es ihr Job ist, Sie so gut wie möglich zu beschützen.«
»Ich bin nicht bereit, meine Privatsphäre völlig aufzugeben, nur um geschützt zu sein.« Ich nehme einen großen Schluck von meinem Kaffee und versuche, meine Gereiztheit unter Kontrolle zu bringen. »Was alles wissen Sie eigentlich schon über mich? Kennen Sie meine Krankenakte? Meine BH-Größe?«
»Ihre BH-Größe? Nein.« Sein Gesicht bleibt vollkommen ernst.
»Möchten Sie es wissen?«
»Ich denke, ich werde mich der Frage widmen.«
»Zu gegebener Zeit, meinen Sie.«
»Selbstverständlich.« Er nippt an seinem Saft und wischt sich den Mund mit einer Serviette ab. »Und wie viel Zeit, meinen Sie, wäre nötig?«
»Wenigstens vier Stunden. Ungestört.«
»Wir werden morgen aber keine vier Stunden haben.«
»Und heute Nacht ebenfalls nicht.«
Er blickt erneut zu Wendy, die angestrengt nicht zu uns sieht. »Nein, heute Nacht ebenfalls nicht. Die Einsatzgruppe trifft sich in diesem Augenblick im Operationszentrum. Ich muss zurück, und ich weiß nicht, wann ich dort verschwinden kann.«
»Wo wir gerade dabei sind – Sie haben de Becque erzählt, das FBI hätte Schwierigkeiten, die abstrakten Gesichter mit Opfern zu korrelieren, richtig?«
Kaiser nickt. »Elf Opfer, neunzehn Gemälde. Zwei große Probleme. Es muss Opfer geben, von denen wir nichts wissen. Morde oder Entführungen, die nicht genau zum bisherigen Tatmuster passen. Vielleicht Tramper oder Ausreißerinnen, keine Frauen aus der Gesellschaft, und niemand hat ihr Verschwinden gemeldet. Vielleicht haben wir ihre Leichen bereits gefunden, aber da ihre Gesichter zu den abstrakteren Gemälden gehören, können wir es nicht genau sagen. Doch ich bin mit einem Detective von Jefferson Parish jeden Mord und jeden Vermisstenfall in New Orleans in den letzten drei Jahren durchgegangen, und wir haben nur eine Hand voll möglicher Opfer gefunden, keines von ihnen sehr wahrscheinlich.«
»Wie viele Gemälde haben Sie inzwischen mit bekannten Opfern korreliert?«
»Sechs definitive Übereinstimmungen. Zwei weitere mit hoher Wahrscheinlichkeit. Doch die Gesichter auf einigen Bildern sind so vage oder verzerrt, dass wir mit ihnen einfach nicht weiterkommen.«
»Und wen haben Sie an diese Aufgabe gesetzt?«
»Die University of Arizona. Sie hat in der Vergangenheit mehrfach großartige Arbeit für uns geleistet. Digitale Fotobearbeitung.«
»Und diesmal nicht?«
»Bisher nicht, nein.«
»Ich denke, es liegt daran, dass Sie diesmal keine Fotobearbeitung brauchen. Die Verzerrungen, die Sie korrigieren müssen, sind nicht das Resultat verschwommener Arbeit, die die Wirklichkeit maskiert. Es sind Verzerrungen, die im Bewusstsein eines menschlichen Wesens entstanden sind, vielleicht in einem kranken Bewusstsein. Sie haben möglicherweise wenig oder gar keinen Bezug zur Realität.«
Kaiser starrt mich
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