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Inferno

Inferno

Titel: Inferno Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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müssen Cassies Körper an einen sicheren Ort bringen«, drängte sie den Ritter. »Blackwell muss sie nur berühren, und die Reliquie stirbt.«
    Hush spähte durch den Vordereingang der Kommission hinaus. Plötzlich deutete sie aufgebracht auf etwas.
    Via warf ebenfalls einen Blick hinaus – und entdeckte, was da die Straße herunterdonnerte.
    Es war der Dämonenfürst Blackwell, groß und gehörnt, sein keilförmiges Gesicht zu einem scheußlichen Grinsen verzogen.
    »Er ist bereits hier!«, schrie sie. Außer dem Vordereingang gab es nur eine weitere Tür, die in die Anlage führte. »Schnappt euch Cassie!«, befahl sie den Rittern. »Hier entlang!«
    Ein Ritter warf sich Cassies Körper über die Schulter, und sie rannten los zur inneren Tür, bis …
    RUMMS!
    … ein eisernes Fallgitter im Türrahmen hinabsauste. Der vorderste Ritter wurde zermalmt.
    Es gibt keinen Weg heraus. Wir sitzen in der Falle.
    Cassies Skelettbeine trugen sie eilig zurück durch das Gewirr der mit Leichen verstopften Korridore. Sie wusste, sie musste zurück zu Via und Hush und vor allem zu ihrem leblosen physischen Körper.
    Irgendwas lief hier total schief.
    Sie konnte es sogar spüren: Sie spürte, wie sie schwächer wurde, schwerfälliger. Ihre Schritte wurden schleppender, als stapfte sie durch hüfthohen Matsch, der an ihren Beinen zog. Doch eines wusste sie auf jeden Fall: Ihr »Überraschungsangriff« war mitnichten eine Überraschung gewesen.
    Lissa war schon vorher weggebracht worden, und man hatte stattdessen Radu dort für sie deponiert. Es war beinahe, als hätte Luzifer die gesamte Veranstaltung nur inszeniert, als hätte er den Tod tausender seiner Soldaten in Kauf genommen, um das Täuschungsmanöver authentischer wirken zu lassen.
    Und sie wollte gar nicht darüber nachdenken, was in den Fleischlabyrinthen gerade vor sich ging.
    Das schleppende Gefühl in ihren verhexten Knochen verstärkte sich. Selbst als Skelett, das von dunkelster Magie animiert worden war, fühlte Cassie sich erschöpft; wie eine fette Frau, die versucht, eine steile Treppe hochzusteigen. Obwohl ihr Herz sich gar nicht in der Skelettbrust befand, spürte sie es gegen die wachsende Anstrengung anrasen. Ihr Blick wurde trüber.
    Was ist nur los mit mir?
    Dann blieb sie stehen.
    Der Stillstand ihres Skeletts geschah nicht aus freiem Willen. Die Knochen waren wie erstarrt, sie rührten sich keinen Millimeter, trotz aller Bemühungen; es war, als versuchte sie, durch eine Ziegelmauer zu laufen.
    Noch schlimmer war das ekelhafte Gefühl, das nun folgte.
    Sie spürte – Hände.
    Jemand fasst mich an.
    Hände, große Hände, die sie nicht sehen konnte, belästigten sie aufs Heftigste. Sie fühlte die Hände überall, sie glitten über ihren Brustkasten, drückten auf den Punkt, wo sonst ihre Brüste wären, befummelten sie zwischen den Beinen und kniffen sie dort.
    Danach brach sie einfach zusammen.
    Die Knochen von Blackwells Skelett fielen auseinander.
    Cassies Bewusstsein schwebte jetzt körperlos in der dünnen Luft herum; es war, als sei ihre Seele eingehüllt in einen durchsichtigen Ballon, und der Ballon stieg langsam nach oben. Ohne Augen sah sie herunter auf den Haufen Knochen.
    Da...
    Heilige Scheiße!
    Ihre Seele schien sich in Rauch zu verwandeln, und der Rauch wurde in rasender Geschwindigkeit den Korridor hinabgesaugt. Sie spürte das wahnsinnige Tempo, sie spürte, wie sie zu einem lang gezogenen, dünnen, immateriellen Faden gedehnt wurde, wie die Rauchsäule einer Zigarette, die von einem starken Ventilator angezogen wird.
    Durch Berge von Leichen wurde sie gesaugt, durch Steinmauern und geschlossene Türen. Sie war eine Gondel auf einer Achterbahn, die aus den Schienen flog.
    Und dann -
    Ffffffffffffffft!
    - schlüpfte sie wieder in ihren physischen Körper, zurück in der Eingangshalle der Kommission.
    Ihr war schwindelig, alles drehte sich; zunächst nahm sie ihre Umgebung nur als verschwommen rotierenden Nebel wahr. Doch der Eindruck, berührt zu werden, verstärkte sich noch.
    Es war nicht nur ein Eindruck.
    Sie wurde wirklich berührt.
    O mein Gott.
    Sie wurde von etwas angefasst, und dieses Etwas war ungeheuerlich.
    Hände in der Größe von Baseballhandschuhen mit gebogenen Nägeln hielten ihren physischen Körper unter den Achseln in die Höhe.
    Sie wusste jetzt, dass sie in ihren Körper zurückgekehrt war; als sie schwach die Hände hochhielt, konnte sie es sehen. Doch das war nicht alles, was sie sah.
    Sie sah außerdem das

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