Inferno
nicht ertragen, einen erwachsenen Mann
heulen zu sehen , dachte sie und dann -
PATZ!
- verwandelte ihr Blick den Kommissar in einen Blutfleck auf dem Steinboden, als wäre eine Dampfwalze über ihn hinweggerollt.
Ihre Knochenfüße kletterten über die Berge von Leichen. Ich bin wirklich froh, dass ich hier nicht putzen muss . Ihre Ritter folgten ihr, doch als sie endlich in die zentrale Kammer trat...
Nein!
… war Lissa nirgendwo zu sehen.
In dem Raum befand sich nichts außer dem Fass voller Klingenegel, und darüber hing kopfüber ein vertrautes Gesicht.
Der Körper, der dort hing, war vom Hals bis zu den Füßen gehäutet worden, doch das wimmernde Gesicht war noch intakt.
»Cassie! Hilf mir! Um Gottes willen, bitte HILF MIR!«
Es war Radu, der Freund ihrer Schwester.
Der Mann, der Cassie in jener Nacht verführt hatte, in der Lissa Selbstmord begangen hatte.
Cassie hatte keine Zeit nachzudenken.
PLATSCH!
Radu fiel mit dem Kopf voraus in den Kessel. Seine Schreie wurden von dem Gewimmel von Blutsaugern erstickt.
Um ihn war es nicht besonders schade, doch Radus sinnlose Quälerei spielte jetzt auch keine Rolle mehr. Der glatzköpfige Barkeeper war absichtlich an Lissas Stelle dort platziert worden, und Cassie war nur zu bewusst, was das in Wirklichkeit bedeutete:
Das Ganze war ein abgekartetes Spiel! Wir sind alle in eine Falle gelaufen!
IV
Von seinem Posten an der Ecke Adamstraße/Evaallee aus wandte Ezoriel den grimmigen Blick nicht ein Mal ab. Selbst Engel hatten schlechte Tage, und dieser hier entwickelte sich allmählich zu einem echten Albtraum. Er wusste, irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht, das konnte er fühlen.
Der erste Teil des Angriffs hätte gar nicht besser laufen können; er hatte zunächst ein Dutzend Bataillone aufgestellt, um einen Verteidigungskreis zu errichten. Von da aus hatten seine Such- und Zerstörungstrupps den Angriff nach außen geführt, bis in jeden Winkel des Bezirks. Regierungsgebäude wurden dem Erdboden gleichgemacht, Waffendepots und Ausrüstungslager geplündert, Constablerbaracken abgerissen sowie viele örtliche Befehls- und Kontrollzentren in Trümmer verwandelt. Ezoriels Truppen hatten alle Kommunikationsposten und Versorgungslinien abgeschnitten, bevor auch nur irgendwelche Verteidigungsmaßnahmen ergriffen werden konnten.
Es war berauschend.
Ezoriel wusste, dass jeglicher spontane Gegenangriff schwach und unorganisiert sein würde, und das nutzte er voll zu seinem Vorteil aus. Seine eigenen Truppen kreisten alle Widerstandsnester rasch ein und riegelten sie ab. Das Ergebnis war ein Blutbad. Tausende von Rekruten und Constablern wurden vor Ort getötet. Es war ein Gemetzel, aber etwas anderes hatten regierungstreue Dämonen hier nicht zu erwarten.
Dann, als seine eigene Verteidigungszone ausreichend gesichert war, hatte die eigentliche Schlacht begonnen.
Ezoriel hatte weitere Nektoports an beiden Seiten seines Kommandopostens öffnen lassen, und eine Mannschaft nach der anderen seiner besten Ritter stürmten die Fleischlabyrinthe.
Hinter ihm stand jetzt ein Großteil des Mephistobezirks in Flammen, der Rauch stieg so dicht empor, dass der Gefallene Engel kaum die Fassade des hoch aufragenden Mephisto-Turms direkt vor sich sehen konnte. Stattdessen beobachtete er das Zittern der geäderten, rosafarbenen Wände der ihn umgebenden Fleischlabyrinthe.
Die Labyrinthe sehen gesünder aus als je zuvor , dachte er. Wie kann das nur sein?
Er hatte eintausend Ritter in alle Orifi der Labyrinthe geschickt.
Alles, was von innen herausdrang, waren Schreie.
Zuerst hatte nur sein Engelsgespür Ezoriel mitgeteilt, dass etwas nicht stimmte.
Aber jetzt sah er es mit eigenen Augen.
Das gefällt mir nicht , dachte er. Das riecht nach einem falschen Spiel .
»Herr, ich verstehe das nicht«, sagte er zu General Barca, seinem zweiten Befehlshaber. »Ich hatte vermutet, dass Luzifer einen so großen Teil seiner Hexenkraft in der Kommission zusammenziehen würde, dass die Labyrinthe deutlich geschwächt würden.«
»In Wirklichkeit wurden wir drastisch in die Irre geführt«, stimmte Barca zu. »Die Fleischlabyrinthe sahen noch nie so stark aus. Sie müssten inzwischen am Rande des Verfalls stehen, doch stattdessen scheinen sie prächtig zu gedeihen.«
»Unsere Truppen haben nicht die Zerstörungskraft, die wir uns erhofft hatten. Vielmehr scheinen die Labyrinthe sie als Nahrung zu betrachten und sie genussvoll zu verdauen. Diese organische
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