Inferno
der Theke. Cassie gefiel ihre Aufmachung: durchsichtiger schwarzer Seidenmantel mit Kapuze. Die Frau, vermutlich Shannon, lächelte sie warm mit tiefdunklen Augen an. »Seid gegrüßt.« Sie musterte Xeke anerkennend. »Der stattliche Schurke kehrt zurück. Habt Ihr nicht mit mir gehandelt, vor einem kleinen Weilchen erst?«
»In der Tat«, sagte Xeke spöttisch.
»Aber sicher! Ein Maß Bergamotte, war es nicht so?«
»Genau, ich hatte Bauchweh.«
»Und welch Freude gewährt mir die rote Nacht, mich erneut mit Eurer blendenden Gegenwart zu beschenken! Was kann Shannon Euch darbieten?«
»Für den Anfang kannst du dir mal das alberne mittelalterliche Hexengequatsche wohin stecken«, sagte Xeke. »Ich brauche ein Verhältnismäßigkeitselixier, und zwar ein gutes, nicht diesen billigen Schund, den sie den Neulingen auf der Straße verkaufen.«
»Mmmmm.« Das Lächeln wurde breiter. »Für die Neuankömmlinge habe ich etwas, und für Euch, mein mannhafter Fremder, habe ich noch viel mehr – das Trefflichste im ganzen Bezirk.« Ihre dunklen Augen richteten sich auf Hush. »Gewährt mir die Kleine da, sie um ein Viertelchen zu leeren? Dafür sollt Ihr einen großen Krug des machtvollsten Verhältnismäßigkeitselixiers der Hölle erhalten.«
»Kommt nicht infrage«, sagte Xeke. »Ich brauch nur einen Schluck, und ich hab kein Bargeld.«
Gedehnt sprach die Frau weiter, als sie die Tüte in Cassies Arm bemerkte. »Aufgemerkt, kein Bargeld. Jedoch, was mag wohl in dem Beutel dort sein, getragen von der anmutigen Maid mit dem leuchtenden Haar?«
»Nichts für dich. Gib mir einfach einen Schluck.«
»Xeke! Nein!« Via war entrüstet.
»Ich hab genug«, sagte er wegwerfend über die Schulter. Die Frau in dem Mantel schwebte zu einem Regal und stellte eine winzige Phiole auf die Theke. Inzwischen ließ Cassie den Blick über das verstörende Sortiment des Ladens schweifen. Trübe Fläschchen mit zerfressenen Korken, Gläser voller trüber Flüssigkeiten. Ein Glas enthielt abgetrennte Fingerspitzen von Dämonen, ein anderes einzelne Hoden. DRÜSENSAFT stand auf einem Tiegel und auf einem anderen: Gargoyleschweiß. Cassie brach ihre Inspektion abrupt ab, als ihr aus einem großen Glas ein Gesicht entgegenblickte.
Shannon lächelte nun unbefangen und entblößte dabei zwei zarte Fangzähne.
»Verfluchte Vampire«, murrte Via. »Ich kann sie nicht ausstehen.«
»Sodann, ein Schluck für einen Schluck.« Ihre Stimme wurde rau. »Oder wir gehen ein Weilchen ins Hinterzimmer …«
»Xeke, wenn du das tust«, drohte Via eifersüchtig, »dann polier ich dir die Fresse! Ich rede nie wieder mit dir, das schwöre ich!«
»Ein Schluck für einen Schluck«, entgegnete Xeke gelassen.
Die Vampirfrau reichte Xeke eine Art spitzen Griffel, dann hob sie einen Silberlöffel hoch.
Ungerührt stach Xeke sich mit dem Griffel in die Handfläche und quetschte genug Tropfen seines eigenen Blutes aus der Faust, um den Löffel zu füllen.
»Da, viel Spaß.«
Shannon saugte langsam und genussvoll das Blut aus dem Löffel. Ein Ausdruck von Ekstase breitete sich auf ihrem Gesicht aus.
»Danke«, sagte Xeke und nahm die Phiole. »Bis dann.«
»Bald, ja, bald!«, gurrte die Frau anzüglich durch ihr blutiges Lächeln. »Ich flehe Euch an, schöner Fremder, kommt bald zurück.«
»Kriech gefälligst zurück in deinen Sarg, du blutsaugende Schlampe!«, schrie Via.
Xeke schüttelte nur den Kopf. Er drehte sich um und wollte gehen, doch Shannon umschloss sanft den Ärmel seiner Lederjacke. »Kommt bald zurück«, flüsterte sie. Lüstern legte sie sich durch den dünnen Mantel eine Hand auf die Brust. »Ich kann Euch mannigfaltige Freuden bereiten, und Ihr könnt mir zeigen, was Eure liebreizende Freundin in ihrem Beutel trägt.«
»Nimm deine dreckigen Pfoten da weg«, brüllte Via weiter, »wenn du nicht willst, dass ich deinen erbärmlichen Vampirarsch im Fluss versenke! Ich reiß dir den Kopf ab und schieb dir Knoblauch in den Hals!«
Xeke war die Szene ganz offensichtlich peinlich. Er scheuchte sie alle zur Tür, doch irgendetwas drängte Cassie, noch einmal zurückzublicken.
Die roten Lippen der Frau formten lautlos die Worte: Auf bald.
Cassie schauderte und verließ das Geschäft.
»Ich kann nicht fassen, dass du mit dieser gruseligen Schlampe geflirtet hast!«, schnauzte Via Xeke an, als sie wieder auf der Promenade standen.
»Meine Güte. Wieso soll ich denn geflirtet haben? Ich kann doch nichts dafür, wenn sie mich
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