Inferno
anbaggert. Ich hab nur ein bisschen mitgespielt. Sie ist die beste Elixieristin im ganzen Stadtviertel.«
»Sie ist wahrscheinlich auch die beste Junkiebraut! Du warst schon mal da, das hat sie selbst gesagt!«
»Na und? Ich gehe ständig zu Elixieristen.«
»Du hast sie gebumst, stimmt’s?«
Xeke verdrehte die Augen. »Nein, natürlich nicht. Mein Gott, Via, ich kann ja noch nicht mal ein anderes Mädchen anschauen, ohne dass du durchdrehst.«
Cassie unterbrach den Krach. »Es gibt also wirklich Vampire?«
»Natürlich«, sagte Xeke. »Aber wenn sie gepfählt werden und in die Hölle kommen, lastet auf ihnen ein noch viel schlimmerer Fluch: ein Verwandlungsfluch. Wenn sie einen Menschen beißen, erstarren sie zur Salzsäule. Sie dürfen nur Blut trinken, wenn man es ihnen anbietet.« Er öffnete den Verschluss der Phiole. »Wie auch immer, runter damit.«
Cassie schnüffelte … und musste beinahe würgen. »Das riecht ja furchtbar! Nach verfaultem Fleisch. Das trinke ich auf gar keinen Fall.«
»Und wie du das wirst«, sagte Xeke. »Sei nicht so eine Mimose. Glaub mir, wenn du das Zeug getrunken hast, wirst du dich viel besser fühlen.«
Hush nickte bestätigend. Also zog Cassie eine Grimasse und leerte die Phiole. Das Elixier schmeckte noch schlimmer, als es roch, und fühlte sich im Hals an wie ein Schleimfaden.
Doch einen Augenblick später …
Wahnsinn!
Ihr Unwohlsein war wie weggeblasen.
Die Übelkeit war weg, und auch die traumatischen Anblicke hier in der Hölle hatten ihren Schrecken verloren. Plötzlich … verstand sie.
»Geht’s besser?«, erkundigte sich Via.
»Ja – wow.«
»Und hier kommt auch schon dein erster Test«, sagte Xeke streng.
Eine nackte Frau schlurfte über den Weg, bei jedem Schritt hinterließ sie eitrige Spuren. »Daemosyphilitis«, sagte Xeke. »Auch in der Hölle gibt es Geschlechtskrankheiten. Es befällt den ganzen Körper, bis man nur noch eine wandelnde Infektion ist, so wie sie.«
Cassie tat die Frau zwar Leid, doch sie war nicht abgestoßen von ihr.
»Hey, und hier kommt eine Eingeweide-Aufgabe.«
Ein zerlumpter Mann mit bloßem Oberkörper humpelte vorbei. Da, wo eigentlich sein Unterleib sein sollte, war nur ein ausgefranstes Loch; seine gesamte Bauchhöhle war leer. Etwas Gelbes, Madenähnliches hatte die leere Höhle weitgehend besetzt.
»Genau wie der alte Mann von vorhin«, betonte Via. »Er wurde entweder von einem Trupp Manter gefangen und ausgenommen, oder er hat seine Eingeweide freiwillig an einen Extipizisten verkauft. Die Leute hier sind genauso verzweifelt wie in der Welt der Lebenden.«
Cassie war überhaupt nicht angeekelt.
»Ausgezeichnet«, sagte Xeke fröhlich. »Es wirkt.« Er knuffte Via in die Seite. »Siehst du, ich hab doch gesagt, dass Shannon die besten Elixiere braut.«
Via runzelte finster die Stirn. »Sie ist ein Blut saufendes, mieses Flittchen, und wenn ich sie noch mal dabei erwische, wie sie dich anmacht, prügle ich sie einmal die Straße rauf und wieder runter.«
»Ach ja?«, sagte Xeke herausfordernd. »Und was, wenn ich sie anmache?«
»Dann quetsch ich dir die Augen aus und saug dir das Gehirn raus.«
Xeke blinzelte Cassie zu. »Unheilvolle Anziehungskraft – ich glaube, sie meint es ernst. Kommt schon, ziehen wir weiter. Es wird Zeit für eine kleine Sightseeing-Tour.«
II
Jetzt wo ihr Abscheu unterdrückt war, fand Cassie die Stadt abwechslungsreich und faszinierend – außerdem fand sie den Aufbau der Stadt beeindruckend, wenn man bedachte, dass dieses Stadtviertel nur ein Sandkorn in einem ungeheuren Sandkasten darstellte. Sie erinnerte sich an das, was Xeke ihr über die realen Ausmaße der Stadt gesagt hatte: 500 Millionen Quadratkilometer. »Das ist größer als die meisten Länder in der Welt der Lebenden«, sagte er, während er das Grüppchen die Avenue des Champs-Blóde hinunterführte. Der Pariser Einfluss war unübersehbar, besonders als sie durch den riesigen Arc de Miserius spazierten, wo die Leichname von Höllengezücht kopfüber an Haken hingen, die in den Pfeilern verankert waren. Im Unterschied zu denen auf der Styx-Brücke aber zeigten diese Körper keinerlei Anzeichen von Leben mehr. »Menschliche Körper können hier zwar nicht sterben, aber so ziemlich alles, was in der Hölle geboren wird, schon«, erläuterte Via. »Trolle, Imps, Höllengezücht – die meisten der niederen Dämonenspezies. Sie werden ohne Seelen geboren. Selbst Dämonenfürsten können sterben.«
»Also sind
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