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Inferno - Höllensturz

Inferno - Höllensturz

Titel: Inferno - Höllensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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Rädern tonnenweise große Brocken rohen Schwefels, der dann von gebeugten Kulis von Hand in kleinere Stücke gehackt wurde – der unerschöpfliche Energievorrat der Stadt.
    Die Gilles-de-Rais-Universität erstreckte sich über etliche Hektar und wirkte in ihrem Grundriss beinahe wie ein Campus. Hier unterrichteten die größten Hexer im ganzen Land ihre Schüler in den schwärzesten Künsten: Wahrsagen, psychische Folter, räumliche Transposition und das Neueste auf dem Gebiet der körperlichen Misshandlung.
    Die Rockefeller Münzanstalt versorgte die Stadt mit allen erdenklichen Währungen: Messing- und Blechmünzen mit den Abbildern sämtlicher Anti-Päpste sowie Höllendollars aller Art, gedruckt auf Dämonenleder.
    Stolz und vornehm lag die Osiris-Höhe da, die Wohngegend für die gehobene Hierarchenschicht, die in alle Ewigkeit privilegiert in luxuriösen Hochhäusern lebte. Eine typische Suite enthielt die allerneusten Annehmlichkeiten: Hurenkäfige, Schädelvitrinen, Eiserne Jungfrauen und praktische kleine Krematorien für den Privatgebrauch. Auch Fernsehen gab es, das aber nicht von Elektrizität betrieben wurde, sondern von psychischen Theta-Wellen, und in dem die allerbesten Folterkanäle liefen.
    Der Boniface Square versorgte ganze Straßenzüge mit Freizeitserviceleistungen. Vom edelsten, auf feinste dämonische Küche spezialisierten Restaurant bis hin zum einfachsten Straßenverkäufer, der einen Wagen mit auf offener Flamme gegrillten Fleischspießen vor sich her schob. Von feudalen Nachtklubs bis hin zu winzigen, primitiven Kneipen. Von Stripschuppen, Bordellen und Peepshow-Salons bis hin zum prunkvollen Louis-XIV.-Opernhaus konnte man jegliche Art von abgründiger Unterhaltung am Platz finden.
    Ein Gebäude, das den Namen von J. Edgar Hoover trug, gab es sowohl in der Welt der Lebenden als auch in Luzifers; hier allerdings waren in dem gewaltigen gotischen Bau das Zentralgefängnis für eine Million Insassen, die Drogenbeschaffungsagentur, die Kommandantur aller Manter-Divisionen (geleitet von einem eloquenten Herrn namens U.S. Grant), das Tamerlan-Notfall-Bataillon und natürlich die offizielle Polizeitruppe des Satans untergebracht – das Constablerbüro.
    Weitere Sehenswürdigkeiten waren das Pestis-Hospital, die John-Dee-Bibliothek mit den Infernalen Archiven, die Abtei des unheiligen Iscariot sowie das berüchtigte Amt für Transfiguration und Teratologische Forschung.
    Zudem konnten die reicheren Hierarchen, die gerne auf Strandraub gingen, jederzeit in ihre Hütten am wunderschönen, mit Blut gefüllten Meer von Cagliostro fahren.

    »Tolle Stadt, was?«, fragte ein Mann mit Hörnern überall im Gesicht. Er hatte drei Augen, jedes in der Größe eines Apfels, und stand an einem kleinen Infostand.
    »Ähm, ja«, stammelte Walter. »Ganz toll. Das ist also wirklich die Hölle?«
    »Worauf Sie wetten können.«
    »Ich weiß noch nicht mal, ob ich überhaupt an die Hölle glaube.«
    »Glauben Sie es lieber.« Alle drei Augen betrachteten Walter prüfend. »Sie sind kein Einwohner, oder? Sie sehen nicht so aus.«
    »Wie sehe ich nicht aus?«
    »Verdammt.«
    »Ich fühle mich aber verdammt«, sagte Walter. Er ging wieder hinaus auf die Straße.
    Die Luft roch nach Rauch, ein bitterer, scharfer Rauch wie von brennendem Schwefel; er konnte den Rauch sogar durch die Risse im Asphalt heraufquellen sehen . Plötzlich ertönten Glocken und eine Sirene war zu hören. Es brennt, vermutete Walter, doch nur einen Augenblick später erblickte er ein äußerst seltsames Feuerwehrauto. Es sah eher aus wie ein Tieflader aus den 1920ern, Räder mit Speichen, offenes Führerhaus. Doch wo der Motor hingehört hätte, befand sich ein Boiler, und ein Schornstein stieß Dampf aus. Die gesamte Ladefläche hinten wurde von einem vernieteten Wassertank eingenommen.
    »Aus dem Weg, Kumpel!«, brüllte der Fahrer unter seinem Helm hervor. »Wir haben ein Feuer!« Es war ein Dämon mit gelber, zerfurchter Haut und roten Augen. Walter trat einen Schritt zurück auf den Bürgersteig und dachte: Feuer? Ich kann gar nichts entdecken . War etwa der Rauch gemeint, der durch die Risse im Asphalt drang?
    Das Feuerwehrauto kam klappernd zum Stehen und sofort sprangen weitere Dämonen in Helmen und Regenmänteln heraus und wickelten einen langen Schlauch ab. Eilig rannten sie auf die Vorderfront eines der Gebäude zu, dem Schild nach die TROLL-REALSCHULE. Durch ein Fenster konnte Walter all die kleinen missgestalteten

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