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Inferno - Höllensturz

Inferno - Höllensturz

Titel: Inferno - Höllensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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eine Sache, Verunstaltung bedauerlicherweise eine andere. Wie konnte es sein, dass er, eines der klügsten Wesen der Geschichte, nicht daran gedacht hatte? Früher hätte er Sherman für die Andeutung einer solchen Beleidigung zerstört, doch im Laufe der Jahrhunderte war er gereift. Satan war ein umsichtiger Monarch geworden. »Lasst wenigstens mich mit Euch gehen, Herr«, bat Sherman inständig, »oder einige meiner besten Flamma-Kämpfer.«
    »Nein, die Energie reicht nicht aus.«
    »Die Hexenkunst ist noch so neu. Lasst einen anderen zuerst gehen, um es zu erproben. Mich, irgendjemanden. Ich flehe Euch an, Herr.«
    »Nein.« Luzifer lächelte, als er seinen General so außer sich sah, ihn, der Tausende ohne die geringsten Gewissensbisse hingeschlachtet hatte. »Die Kapnomanten haben mir auf der Synode versichert, dass keine Gefahr für mich besteht.« Doch einen Augenblick lang fühlte er sich hilflos. All seine Macht, die Grenzenlosigkeit seiner Herrschaft – und er musste sich dennoch über beschränkte Energievorräte Sorgen machen. Es schien einfach nicht fair. »Mein lieber General,’s ist Sparsamkeit im Himmel«, Luzifer klaute einen Satz von Shakespeare, »und hier ebenfalls.« Immerhin war er nun gut genug gelaunt, um zuzugeben, dass seine Macht nicht absolut war.
    Er hatte eingewilligt, sich von dem Oni begleiten zu lassen. Dieser war aus schwarzem Granit aus dem tiefsten Steinbruch der Hölle gemeißelt und dadurch unzerstörbar – und dabei schlauer als ein Golem. Ein äußerst findiger Animationszauber hatte ihm Leben eingehaucht. Niemand würde den Morgenstern »verunstalten«, solange der Oni in der Nähe war.
    Das Wesen starrte ihn an – ohne Gesicht -, während er seine heimliche Wacht fortführte. Die Toten türmten sich inzwischen auf wie menschliche Dünen. Gut, gut , dachte er fortwährend, gut, gut …
    Ein kleines Mädchen taumelte die Straße hinunter, in Fetzen gekleidet und am Daumen lutschend. Ihr Gesicht war übersät von Beulen. Plötzlich tauchte hinter ihr ein maskierter Mann auf, schlug dem Mädchen mit einer Eisenstange auf den Kopf und warf sie auf den nächstbesten Totenkarren. In der Ferne wurden die Leichenhäuser, die bereits ausreichend gefüllt waren, in Brand gesteckt. Luzifer konnte es riechen.
    »Wer … seid Ihr?«
    Ein weiterer Mann, ebenfalls ein Totenträger. Die Flöhe tanzten in seiner Kapuze und das Tuch über seinem Mund blähte sich beim Sprechen.
    Satan sah den Mann an und lächelte warm. »Ich bin das Licht jeden Morgens, den du für den Rest deines Lebens sehen wirst.«
    »Wie viele solcher Morgen wird es für mich noch geben?«
    Iblis reckte die Hand gen Himmel zur großen Morgensonne. »Nur diesen einen, mein Freund.«
    »Seid Ihr ein Wahrsager?«
    Eosphoros’ Stimme erblühte plötzlich in weißem Licht. »Ich bin ein Engel.«
    »Werdet Ihr mich retten?«
    »Nein. Das kann ich nicht. Du kannst dich nur selbst retten. Ihr wunderbaren, bedauernswerten Geschöpfe werdet das niemals verstehen.«
    Der Mann zitterte unter dem schwarzen Gewand. »Wird mein Tod schnell sein?«
    »Du wirst einen langsamen Tod sterben. Du wirst ein qualvolles Ende haben. Und danach kommst du zu mir.«
    »Christus, erbarme dich …«
    »Das wird er gewiss nicht.«
    Der Oni trat ohne irgendein Geräusch von hinten zu dem Mann. Dann hob er ihn hoch, warf ihn ins Leichenhaus und schloss die Tür.
    Christus hat mich nicht gerettet. Warum sollte er dich retten?
    »Rührt Euch nicht.«
    Noch jemand, ein Ritter, in Kettenhemd und weißem Wams, geziert von einem Kreuz und dem Wappen von Lyon.
    »Aber ich rühre mich doch gar nicht.«
    »Wer seid Ihr?«
    »Ich bin ein Kreuzfahrer, wie du.«
    »Eure Stimme klingt merkwürdig.« Der Ritter zog sein breites Schwert aus der Scheide. »Ihr seid kein Ritter Gottes.«
    »Na, sagen wir mal, früher war ich es.«
    »Seid Ihr ein Priester?«
    »In gewisser Weise.«
    »Ich habe keine Zeit für Rätsel. Das Böse schwebt über diesem Land. Eine Geißel sucht die Menschheit heim.«
    »Ja. Und was willst du dagegen unternehmen?«
    »Ich rette Seelen. Ich beende das Elend der Kinder Gottes, nachdem ich ihre Beichte gehört habe.«
    »Du glaubst, das rettet sie?«
    »Ich weiß es. Der Heilige Vater hat es gesagt, und der Heilige Vater ist unfehlbar.« Das rußverschmierte Gesicht des Ritters sah plötzlich verwirrt aus. »Ihr braucht mich nicht zu fürchten. Mein Schwert wird Eure Seele retten.«
    »Dazu kommst du ein bisschen zu spät.«
    »Seid ihr

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