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Inferno

Inferno

Titel: Inferno Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Brown
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paar Straßen weiter, im Saal der Fünfhundert, kniete Agent Brüder über dem zerschmetterten Leichnam der allzu vertrauten stachelhaarigen Frau in der schwarzen Ledermontur. Er nahm die Pistole an sich und entfernte vorsichtig das Magazin, bevor er die Waffe einem seiner Männer übergab.
    Die schwangere Kuratorin Marta Alvarez stand ein wenig abseits. Sie hatte Brüder mit knappen Worten geschildert, was sie über Langdon erfahren hatte – auch die Gründe für das seltsame Verhalten des Professors seit seinem Besuch am Vorabend.
    Eine Information beschäftigte Brüder besonders.
    Langdon behauptet, unter Amnesie zu leiden.
    Brüder zog sein Handy hervor und wählte eine Nummer. Am anderen Ende läutete es dreimal, bevor sein Boss das Gespräch annahm.
    »Ja, Agent Brüder? Was gibt’s?«
    Brüder sprach langsam, um sicher zu sein, dass sein Boss jedes Wort verstand. »Wir versuchen immer noch, Langdon und die Frau zu finden. Und ich habe neue Informationen.« Brüder zögerte. »Falls sie zutreffen, ändert das alles.«
    Der Provost ging in seinem Büro auf und ab, während er gegen die Versuchung ankämpfte, sich einen weiteren Scotch einzuschenken. Er zwang sich, seine gesamte Konzentration auf die Lösung der Krise zu richten.
    Noch nie im Verlauf seiner Karriere hatte er einen Klienten im Stich gelassen oder eine Vereinbarung verletzt. Und er hatte definitiv nicht die Absicht, jetzt damit anzufangen. Zugleich jedoch vermutete er, dass er in ein Szenario verwickelt worden war, das allmählich aus dem Ruder lief.
    Vor einem Jahr war der berühmte Genforscher Bertrand Zobrist an Bord der Mendacium gekommen und hatte darum gebeten, ihn an einen Ort zu bringen, an dem er sicher und ungestört arbeiten könnte. Damals hatte der Provost vermutet, Zobrist befasse sich mit geheimen medizinischen Forschungen, deren Patentierung sein ohnehin großes Vermögen weiter vermehren würde. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass paranoide Wissenschaftler oder Ingenieure die Dienste des Konsortiums in Anspruch nahmen, um zu verhindern, dass ihre kostbaren Ideen gestohlen wurden.
    Daher hatte der Provost den Klienten akzeptiert. Er war nicht überrascht gewesen, als er erfahren hatte, dass die World Health Organization neuerdings nach dem Klienten suchte. Selbst als die Direktorin der WHO , Dr. Elizabeth Sinskey, es zu ihrer persönlichen Mission zu machen schien, den Klienten aufzuspüren, hatte der Provost keinen zweiten Gedanken daran verschwendet.
    Das Konsortium hat schon immer mächtige Gegenspieler gehabt.
    Wie vereinbart versteckte der Provost den Klienten vor dessen Häschern, ohne Fragen zu stellen, und machte sämtliche Bemühungen Sinskeys zunichte, ihn vor Ablauf des Kontrakts aufzuspüren.
    Bis kurz vor Ablauf des Kontrakts.
    Weniger als eine Woche vor dem vereinbarten Datum hatte Sinskey den Klienten irgendwie in Florenz aufgespürt. Sinskeys Leute hatten ihn schikaniert und gejagt, bis er Selbstmord begangen hatte.
    Zum ersten Mal im Lauf seiner Karriere hatte der Provost den versprochenen Schutz nicht aufrechterhalten können, und das zermürbte ihn … wie auch die bizarren Umstände von Zobrists Tod.
    Er hat lieber Selbstmord begangen, als sich fangen zu lassen? Was zum Teufel hat er beschützt?
    In den Wirren nach Zobrists Tod hatte Sinskey etwas aus Zobrists Schließfach konfisziert, und nun lieferte sich das Konsortium in Florenz ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Sinskey – eine Schatzjagd, bei der es um …
    Um was eigentlich?
    Der Provost blickte instinktiv zu seinem Bücherregal. Dort stand der schwere Foliant, den der völlig verwahrloste Zobrist ihm zwei Wochen zuvor geschenkt hatte.
    Die Göttliche Komödie.
    Der Provost nahm das Buch aus dem Regal und ging damit zu seinem Schreibtisch, wo er es mit dumpfem Schlag ablegte. Zaghaft schlug er die erste Seite auf und las erneut die Widmung.
Mein lieber Freund,
ich danke Ihnen, dass Sie mir geholfen haben, den Weg zu finden. Die Welt wird es Ihnen ebenfalls danken.
    Erstens , dachte der Provost, wir beide waren nie Freunde .
    Er las die Widmung noch dreimal. Dann richtete er den Blick auf den roten Kreis, den der Klient in seinen Kalender gekritzelt hatte. Das Datum des nächsten Tages.
    Die Welt wird es Ihnen ebenfalls danken?
    Er wandte sich zum Fenster um und starrte für einen langen Moment hinaus auf den Horizont.
    In der Stille hörte er plötzlich wieder die Stimme seines Senior Koordinators Laurence Knowlton, der ihn vor Kurzem angerufen

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