Infernoclub 3 Mein verlockender Earl
kicherten.
Mara bedachte ihn mit einem kühlen Blick. „Nein, danke“, antwortete sie steif, wohl wissend, dass sie das kleine Duell gerade verlor.
Ihrem mürrischen Gesichtsausdruck begegnete Jordan mit einem engelsgleichen Lächeln.
Gut, nach ihrer Unverschämtheit hatte sie seine Retourkutsche verdient.
„Ich hatte schon befürchtet, dass die Kälte Sie heute Abend davon abhält, sich zu uns zu gesellen, Mylady“, merke der Earl an.
„Wie Sie gemerkt haben, habe ich mich nur verspätet.“ Sie warf einen Blick in die Runde. „Ich bitte nochmals um Verzeihung, dass ich unpünktlich war ...“
„Unsinn“, schalt Delilah sie liebevoll. „Du warst genau zur rechten Zeit da. Außerdem ist es verständlich, dass du dich um Thomas sorgst. Lady Piersons Sohn war krank.“
„Ich bedauere, das zu hören“, warf Jordan versöhnlich ein, obwohl er im Stillen nur darauf wartete, Mara erneut hänseln zu können. „Ich hoffe, es ist nichts Ernstes.“
„Bloß eine Erkältung, die bereits abklingt“, antwortete sie. „Thomas ist ein kräftiger Junge.“
„Wie alt?“ Die Antwort kannte Jordan bereits, doch er war froh, das Thema wechseln zu können und nicht über seine Arbeit sprechen zu müssen. Zwar war er ein ausgezeichneter Lügner, doch er wandte diese Fähigkeit nur höchst ungern an.
Außerdem vermutete er, dass er Mara mit diesem Thema aus ihrem Schneckenhaus locken konnte, nachdem er sie und ihr Kind gestern Abend beobachtet hatte.
Er behielt recht.
Dank ein paar Fragen seinerseits sang Mara Loblieder auf ihren Jungen. Um schließlich - auf ganz hinreißende Art, wie Jordan fand - anzumerken, dass die übrigen Gäste sich ob ihrer Geschichten über Thomas’ Tagesablauf langweilten.
Sogar Jordan interessierte es nicht sonderlich, was der Kleine zum Frühstück aß.
Auf einmal errötete Mara. „Oh, verzeihen Sie bitte. Ich bin doch sehr ins Plaudern geraten.“
„Überhaupt nicht.“ Jordan warf ihr einen liebevollen Blick zu. „Sie haben ihn zweifellos sehr gern.“
„Delilah pflegt zu sagen, dass ich wohl die hingebungsvollste Mutter der Welt sei.“
„Ich bin überrascht, dass Sie bloß ihn haben, so sehr, wie Sie ihn bewundern“, entgegnete Jordan.
Sofort bemerkte er seinen Fehler.
Maras plötzliche Blässe verriet ihm, dass dies offensichtlich ein sehr sensibles Thema war. Die Viscountess blickte zu Boden. „Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir mehr Kinder gehabt. Doch mein Ehemann verstarb, bevor wir erneut guter Hoffnung sein konnten.“
„Bitte verzeihen Sie, Lady Pierson. Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten. Entschuldigen Sie. Ich möchte Ihnen erneut mein vollstes Mitgefühl aussprechen.“
Schnell erholte Mara sich und lächelte angespannt. „Das macht nichts. Sie konnten es ja nicht wissen.“
Das Schlimme war, dass er es sehr wohl gewusst hatte. Delilah räusperte sich. „Cole, Liebster, ist Ihr prämierter Hengst gut auf die Rennsaison im Frühling vorbereitet?“, fragte sie betont munter, um die angespannte Stimmung am Tisch aufzulockern. „Wie heißt er doch gleich?“
„Ja - Avalanche. Sie alle sollten dieses Jahr Ihre Wetten in Ascot auf mein Pferd abschließen“, ergriff Cole helfend das Wort.
Als die Gesellschaft das neue Gesprächsthema dankend aufgriff und sich über Pferde unterhielt, schalt Jordan sich im Stillen über seinen schweren Fehler. Was, zum Teufel, ist bloß los mit mir?
Schließlich besaß er jahrelange Erfahrung darin, Menschen in einem Gespräch dazu zu verleiten, ihm ihre Geheimnisse zu verraten, oder etwa nicht?
Er war doch nicht blind! Jetzt erkannte er, dass er sich unglücklicherweise von seiner langjährig schwelenden Wut hatte blenden lassen und das Offensichtliche übersehen hatte. Wenn man davon ausging, dass gesunde Ehefrauen jedes Jahr - oder zumindest alle zwei Jahre - ein Kind zur Welt brachten, hätte Mara schon mindestens vier oder fünf Sprösslinge haben müssen. Also schienen Lord und Lady Pierson Probleme mit der Fruchtbarkeit gehabt zu haben - und Jordan hatte gerade die gesamte Abendgesellschaft darauf aufmerksam gemacht.
Wütend senke er den Kopf und blickte Mara dann mit bedauerndem Mitgefühl an. Nun begriff er, warum sie ihren Sohn so abgöttisch liebte.
Doch Mara starrte den Earl nur kalt und vorwurfsvoll an.
Beschämt wandte Jordan seinen Blick ab und konnte nicht glauben, dass gerade er solch eine grausame, gedankenlose Bemerkung von sich gegeben hatte. Das entsprach ganz und gar nicht
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