Infernoclub 3 Mein verlockender Earl
überlegte, hätte es mit Mara und ihm ähnlich verlaufen können. Nun ja.
Es stellte sich eine weitaus wichtigere Frage: Woher kannte Mara den wahren Grund für den Aufenthalt der königlichen Familie in Brighton?
Die Verlobung war noch nicht öffentlich bekannt gegeben worden. Nur die Minister des Kabinetts und ein paar Vertraute des Hofes waren in die neuen Entwicklungen des royalen Haushaltes eingeweiht.
Und Jordan bezweifelte, dass Mara der Prinzessin nahestand; zu groß war der Altersunterschied der beiden Frauen. Gerade hatte das Mädchen ihren zwanzigsten Geburtstag gefeiert, während ihr beleibter Vater, der Prinzregent, in seinen Fünfzigern war.
Seltsam. Sobald das Essen vorüber war, würde Jordan versuchen, mehr über die Angelegenheit herauszubekommen. Als die letzte Artischocke verspeist war und jeder genug Obsttörtchen und Käsekuchen genossen hatte, erhoben sich die Gentlemen kurz, als die Damen aufstanden und anmutig in den Salon hinüberspazierten.
Die Herren blieben im Speisesalon und unterhielten sich sehr viel ungenierter, als sie nun mit Port und Zigarren am Tisch saßen. Einige erhoben sich, um sich in die dafür bereitgestellten Uriniertöpfe zu erleichtern, die diskret hinter einem vergoldeten Mahagonitresen verborgen waren.
Da den ganzen Abend fröhlich dem Alkohol zugesprochen worden war, musste Jordan noch nicht einmal auf seine Tricks zurückgreifen, um an die Informationen zu gelangen, die er benötigte.
Ein recht betrunkener Herr, der mit dem Rücken zur Gesellschaft an einem der Töpfe stand, war der Erste, der das Thema anschnitt. „Denken Sie, dass Lady Pierson etwas dagegen hätte, wenn ich sie in eine dunkle Ecke entführe und sie mir zu Willen mache?“, fragte er wehmütig-rein rhetorisch, wie Jordan hoffte.
„Sie vielleicht nicht, aber Seine Königliche Hoheit vermutlich“, entgegnete ein anderer lachend, während er sich die Hose zuknöpfte.
„Unser Prinny hatte schon immer einen Blick für schöne Dinge“, meinte grinsend ein Dritter.
„Verdammt, aber sie ist verlockend, nicht wahr? Um ihren Ehemann tut es mir jedenfalls nicht leid.“
Er war offensichtlich, dass die Männer nichts über Jordans und Maras gemeinsame Vergangenheit wussten. „Was erzählt man sich denn so?“, fragte Jordan und schnippte träge die Asche von seiner Zigarre. „Ich war eine ganze Weile nicht im Land, Jungs. Ihr müsst mir schon ein bisschen auf die Sprünge helfen. Ist die Dame vergeben oder zu haben?“
„Man sagt, sie sei die Geliebte des Regenten, Falconridge“, erklärte ein beschwipster Herr mit einem bedauernden Zwinkern.
Trotz seiner jahrelangen Ausbildung konnte Jordan seinen Schock kaum verbergen. „Sie scherzen.“
„Nein, nein, es stimmt! Hat Mrs Staunton nicht erzählt, dass Lady Pierson gestern bei Christie’s ein Gemälde für ihren königlichen Freund erworben hat? Mehr als eintausend Pfund hat sie bezahlt.“
„Eintausend Pfund!“, rief jemand.
Ob dieser Neuigkeiten waren die Männer verblüfft, nur Jordan war entsetzt.
„Ich dachte, Seine Hoheit wäre Lady Melbourne verbunden?“, warf ein Dandy ein, während er sein Monokel polierte.
„Am Regenten ist ja genug für alle dran, falls Sie es noch nicht bemerkt haben.“
Über den Scherz, der auf den stetig wachsenden Leibesumfang des Regenten anspielte, wurde laut gelacht. Jordan allerdings musste sich sehr bemühen, seine Bestürzung und Wut im Zaum zu halten. Die Mätresse des Regenten? Mara? Konnte diese abscheuliche Neuigkeit wahr sein?
Schlief sie wirklich mit dem Mann, dem Jordan zu dienen verpflichtet war? Der Earl fühlte sich, als habe ihm jemand mit einem Gewehrkolben auf den Kopf geschlagen.
Die Nachricht ließ Übelkeit in ihm aufsteigen. Ja, er selbst hatte Mara gestern dabei beobachtet, wie sie das Gemälde erworben hatte. Und beim Essen hatte sie zu verstehen gegeben, dass sie den wahren Grund für den Aufenthalt der königlichen Familie in Brighton kannte. Woher konnte sie das wissen, wenn sie dem Regenten nicht nahestand?
Sehr nahe, falls die Gerüchte stimmten.
Als die anderen Herren begannen, sich zu den Damen in den ersten Stock zu gesellen, erblickte sich Jordan zufällig in einem Spiegel.
Geschockt und bleich sah er aus. Benommen senkte der Earl den Kopf und drückte seine Zigarre aus. Die anderen ließ er vorausgehen, um seine verwirrten Gedanken zu ordnen.
Jordan konnte es kaum glauben ... oder vielleicht doch. Besonders wenn er sich erinnerte, wie kokett Mara als
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