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Infinitas - Krieger des Glaubens (German Edition)

Infinitas - Krieger des Glaubens (German Edition)

Titel: Infinitas - Krieger des Glaubens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Wölk
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einfach nicht wahrhaben, was ihr Gedächtnis gespeichert hatte. Konnte es wirklich so geschehen sein?
Hatte er wahrhaftig aus ihrem Hals getrunken? Gab es tatsächlich Menschen, die Blut tranken? Bei diesen Fragen lief Ewa ein kalter Schauer über den Rücken, und das Gesicht ihrer Großmutter erschien vor ihrem inneren Auge.
Ewa erinnerte sich, wie sie einst in ihrem Schaukelstuhl auf der Veranda gesessen hatte und immer wieder die gleichen Geschichten erzählte, dass sie als junge Frau von einem Vampir überfallen worden war – er hatte sie in den Hals gebissen – und dass am nächsten Tag von diesem Biss nichts mehr zu sehen gewesen war. Sie hatte so lange immer wieder davon berichtet, bis man sie in eine Anstalt eingewiesen und für altersverwirrt erklärt hatte. Hatte Ewa jetzt diesen Wahnsinn geerbt? Ewa fröstelte.
Vom Strand aus hatte man einen freien Blick auf das Haus auf der Klippe, und sobald es dunkel war, würde sie es sich mal etwas genauer ansehen, aber die Sonne ging frühestens in einer Stunde unter. Da es an einer Sackgasse lag, konnte man nicht ungesehen zum Gebäude gelangen, zumindest nicht vor Sonnenuntergang. Ewas Haus lag zwar in derselben Straße, jedoch in entgegengesetzter Richtung. Je höher sie sich zur Klippe zog, umso schmaler wurde sie. So stand das Gebäude gut sichtbar, aber doch abgelegen für fremde Augen. Ein strategisch guter Platz, um im Verborgenen zu leben, ging es Ewa durch den Kopf. Von Westen her zogen dunkle Wolken auf, und es begann zu regnen, obwohl immer noch die Sonne schien. Ewa vermisste das gute Wetter in Los Angeles. Was zum Teufel hatte sie nur geritten, nach Seattle zu gehen?
Versuchte sie auch sich einzureden, dass sie nach dem Mord an Jim ihr Leben in L.A. nicht mehr ertragen konnte, waren es doch die Verbrechen an fünfzehn Personen innerhalb der letzten zwei Jahre, die sie nicht ruhen ließen. Alle Taten waren nach dem gleichen Muster abgelaufen. Die Toten waren bis zur Unkenntlichkeit zugerichtet und völlig blutleer. Die Körper übersät mit Bisswunden, als wären Tiere über sie hergefallen. Aber es gab keine DNA-Spuren, weder von wilden Bestien noch von Menschen. Das Seattle Police Department hatte Ewa als Expertin für Ritualmorde angefordert, und nun arbeitete sie bereits mehr als sechs Monate an diesen Fällen. Fast wöchentlich kamen neue Morde hinzu, und die Zeitspanne dazwischen wurde immer kürzer.
Während ihres Studiums hatte Ewa eine Menge über Mythen, Sagen und Aberglauben gelernt. Doch das, was sie hier zu sehen bekam, ging über das Erlernte weit hinaus. Nicht zuletzt, dass sie gestern Abend selbst Opfer eines Blutsaugers geworden war.
Natürlich existierten diese Mythen nur in den Köpfen der Menschen, aber Ewa hatte gelernt, dass das Leben weit über das hinausging, was der Verstand bereit war anzunehmen.
Ihr Handy klingelte, und sie ließ sich auf einen der großen Baumstämme nieder, die das Meer vor Jahren angespült hatte.
»Esposito, was hast du für mich?«
»Hi Ewa, ich habe zwar nichts über Shia Keane herausgefunden, dafür gibt es aber eine Sara Keane, eine Schauspielerin. Kein Superstar, aber unter den Theaterleuten hier in Seattle ein sehr bekannter Name, selbst unser Chief kennt sie, und ob du es glaubst oder nicht, ihr gehört ein Haus, das in deiner Straße steht.« Er machte eine bedeutungsvolle Pause.
»Und über Shia hast du keine Angaben gefunden?«
»Nein, weder Geburtsurkunde noch Führerschein, tut mir leid.«
»Okay, trotzdem danke. Du hast was gut bei mir, wir sehen uns am Montag.«
»Ich werde dich dran erinnern, Butler.«
»Sara Keane«, murmelte Ewa leise und richtete den Blick wieder auf das große Haus auf der Klippe.
 
    Es war bereits dunkel, als Ewa ihre Wohnung betrat. Sie hatte im Wohnzimmer eine kleine Lampe brennen lassen, die nun erloschen war. Ewa zog ihre Jacke aus und setzte sich auf einen der Hocker an den Tresen. Plötzlich wehte ein leichter Windhauch in ihren Nacken, der sie erschaudern ließ, und ein würziger Geruch nach Moschus und Ambra erfüllte den Raum.
»Hallo, Mr Keane!«, sagte sie in die Stille hinein, obwohl ihre Augen so gut wie nichts erkannten. Doch sie spürte seine Aura, die wie eine helle Lichtquelle in den Raum strahlte und sie wärmte.
Shias Silhouette löste sich in der Küche von dem Fenster und starrte sie gebannt an, denn zweifellos konnte sie sich an ihn erinnern, was eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit war. Etwas, was auf keinen Fall sein durfte.

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