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Infinity (German Edition)

Infinity (German Edition)

Titel: Infinity (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Gfrerer
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von Alens dunklen Waden in gestrickten Wollsocken und mit Bergschuhen an den Füßen kichern. Jonas’ blasses Gesicht blitzte vor ihr auf und sie blinzelte irritiert. Sein Modellhubschrauber knatterte vor ihren Augen durchs Zimmer und landete auf dem Bücherregal. Es klirrte leise, als auch noch Rudis Solarflieger zum Fenster hereinschwebte. Die beiden Jungs kletterten über die ausladenden Äste der Kastanie vor ihrem Fenster auf eine Leiter zu, deren Ende sich in den tief hängenden Wolken verlor. Klara versuchte, sie zurückzuhalten, doch sie lachten nur und stiegen immer höher, bis sie nicht mehr zu sehen waren …

    Der Wecker zeigte 6:11, als Klara beschloss, dass die Nacht für sie besser vorüber war, bevor sie noch mehr irritierenden Unsinn zusammenträumte. Sie zog die Kuscheldecke, die am Fußende ihres Bettes lag, um ihre Schultern und schaltete die Schreibtischlampe an. Das Pling!, mit dem ihr Computer hochfuhr, klang im schlafenden Haus ungebührlich laut. Sie lauschte, doch nichts rührte sich. Zum Glück hatte ihre Mutter einen gesunden Schlaf. Klara öffnete den Ordner, in dem sie ihre Rechercheergebnisse für ihr Rede-Thema gesammelt hatte. Es gab ihr einen Stich, als ihr dabei sofort wieder ihre letzte Unterhaltung mit Richi einfiel. Worüber hatten sie noch gesprochen? Ach ja, die Fußball-Nationalelf hatte verloren. Ein betrunkener Autofahrer hatte Fahrerflucht begangen und ein Student hatte sich mit seinem Professor geprügelt!
    Alles unnützer Blödsinn, murmelte Klara und hatte plötzlich einen Stein im Magen. Wie viel Wichtiges hätte sie in der Zeit noch mit Richi besprechen können, statt mit Klatsch und Tratsch aus der Chronikrubrik die Zeit zu verplempern. Sie rieb sich übers Gesicht, bis die Haut prickelte. Zu spät …
    Mit einem tiefen Seufzer öffnete sie die Querdenker-Datei. Viel hatte sie noch nicht. Wenn sie Lucie schlagen wollte, musste sie einen Zahn zulegen.

    Als ihre Mutter gegen Mittag den Kopf ins Zimmer steckte, war das Dokument schon auf zehn Seiten angewachsen und Klara war so in ihre Arbeit vertieft, dass sie beinahe vergessen hatte, was ihr in der Nacht zuvor den Schlaf geraubt hatte.
    »Lust auf Frühstück, mein fleißiges Bienchen?«
    Die Frage ihrer Mutter holte sie in die Realität zurück. Fast unwillig schaute Klara von ihrer Tastatur auf und knackte mit den Fingerknöcheln. Jetzt erst fiel ihr auf, dass sie am gestrigen Tag außer dem Cappuccino und ein paar Keksen nichts zu sich genommen hatte. Ihr Magen knurrte bei der Erwähnung von Frühstück hörbar. Nach einem prüfenden Blick auf die letzten Sätze, die sie geschrieben hatte, nickte sie. Mit diesem Zwischenergebnis konnte sie zufrieden sein. Barfuß tappte sie hinter ihrer Mutter in die Küche, wo der Duft von frischem Kaffee, gebackenem Kuchen und knusprigem Gebäck augenblicklich einen Pawlow’schen Effekt bei ihr auslöste. Sie schluckte erwartungsvoll und ließ sich auf einen Küchenhocker plumpsen. Alles war wie früher und Klara hatte das Gefühl, endlich aus einem Albtraum befreit worden zu sein.

_ 16 _

    Nach dem Frühstück hatte sie keine Lust, sich wieder an die Arbeit zu setzen. Unschlüssig, was sie mit dem verbliebenen Tag anfangen sollte, kippte sie den letzten Rest aus der Kaffeekanne in ihre Tasse und füllte wie üblich drei gehäufte Löffel Zucker in die schwarze Brühe. »Mama? Was machst du heute noch?«
    Ihre Mutter hob den Blick von dem Magazin, in dem sie geblättert hatte. Überraschung war in ihren Augen zu lesen, und Klara rührte so heftig in ihrer Tasse, dass der Löffel ans Porzellan klingelte.
    »Keine Sorge. Ich bin nicht krank oder so was.« Sie lachte, weil ihre Mutter sie immer noch sorgenvoll prüfend musterte. »Wenn du Karten spielen gehen wolltest oder so was, ist das voll okay. Ich hab nur so gefragt.« Ihr fiel auf, dass sie sich eigentlich noch nie um die Freizeitpläne ihrer Mutter gekümmert hatte. Kein Wunder, dass diese nun irritiert reagierte.
    »Liebes, wenn du möchtest, können wir beide gerne etwas unternehmen. Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben, dass aus meinem Ich-mach-mit-meiner-Tochter-die-Gegend-unsicher -Traum doch noch etwas werden könnte.« Die Stimme ihrer Mutter hatte einen so freudig-erregten Klang, dass sich augenblicklich Klaras schlechtes Gewissen meldete. Sie würde nie die Tochter sein, die ihre Mutter sich gewünscht hatte.
    Das Klingeln des Telefons erlöste sie kurzfristig aus dem Zwang, eine Entscheidung treffen zu

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