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Infinity (German Edition)

Infinity (German Edition)

Titel: Infinity (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Gfrerer
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für ihre Bettwäsche nicht von Vorteil.
    Alen lachte. »Fast!« Dann wurde er aber gleich wieder ernst. »Vor etwas mehr als zwanzig Jahren ist mein Vater aus Uganda nach Österreich geflohen. Soldaten der LRA, der Lord’s Resistance Army, die mordend und plündernd durch das Land gezogen sind, haben alle aus seiner Familie getötet. Er hat damals nur überlebt, weil er gerade auf Arbeitssuche in Kampala war. Irgendwie war er dort einem Drogenboss in die Hände gelaufen. Und der hat ihm ein Ticket nach Österreich bezahlt. Unter der Bedingung, hier für ihn ein Geschäftsnetz aufzubauen, wie er es nannte. De facto sollte mein Vater für ihn Drogen unter die Leute bringen. Und weil er in Uganda keine Überlebenschance für sich gesehen hat, ließ er sich auf den Handel ein.«
    Klara war der Appetit vergangen. Mechanisch wischte sie die Brösel von ihrer Bettdecke. »Hat er sich in Österreich denn nicht später von dem Drogenboss freimachen können?« Sie wollte nicht wahrhaben, was sie schon in der Schule des Öfteren in Sozialkunde besprochen hatten: Das strenge Asylgesetz und die rigiden Aufnahmebedingungen machten es gerade Flüchtlingen aus den afrikanischen Ländern nahezu unmöglich, legal an Arbeit und damit an eine Aufenthaltsbewilligung zu kommen.
    »Es blieb ihm gar nichts anderes übrig, als die Befehle seines Gönners auszuführen. Trotzdem werde ich ihm nie verzeihen, was er seiner Familie damit angetan hat.« Ein harter Zug legte sich um Alens Mund und seine dunkelbraunen Augen wirkten beinahe schwarz.
    Klara wagte nicht nachzufragen. Ihr war klar, dass seine Geschichte noch nicht zu Ende war.
    »Meine Mutter war noch sehr jung, als sie ihn kennenlernte. Auf einer Party, wo er seine Drogen verteilte. Sie hat sich verliebt – und er hat sie süchtig gemacht. Was ist das für ein Scheißkerl, der so etwas einem Menschen antut, der ihm vertraut?«
    Alen erwartete keine Antwort. Sein Blick ging an einen fernen Ort, der nicht in ihrem Zimmer zu finden war. Klara schluckte. Darauf würde es niemals eine Antwort geben. Langsam ahnte sie, was Alen durchgemacht hatte. »Was ist dann passiert?« Eigentlich hatte sie das Gefühl, dass es ihr nicht zustand, neugierig zu sein, aber das Bedürfnis, ihre Anteilnahme irgendwie zum Ausdruck zu bringen, trieb sie dazu, ihn zu fragen. Alens Blick kehrte zu ihr zurück. Sie konnte in seinen Augen den Schmerz lesen, der bis heute nicht kleiner geworden war.
    »Sie wurde schwanger. Und die beiden haben geheiratet. Damit hatte er die österreichische Staatsbürgerschaft. Eigentlich hätte er aufhören können, für das Arschloch zu arbeiten. Aber er hat offenbar nichts gelernt. Das schnelle Geld war ihm wichtiger. Und es war so verdammt leicht, an die jungen Menschen heranzukommen. Sobald sie süchtig waren, waren sie die sichersten Kunden. Ich bin mit dem Wissen groß geworden, dass jedes Stück Brot, das ich zu essen bekam, und jeder Schulausflug, an dem ich teilnahm, vorher unschuldigen, dummen Kindern gestohlen worden war – die damit ihre Gesundheit, ihre Zukunft und viele davon auch ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben. Er hat das nicht kapiert und hat mich immer nur gefragt, ob ich lieber mit einem von Würmern aufgeblähtem Bauch in einem Flüchtlingscamp in Uganda leben wollte, statt hier an einem sicheren Ort in eine tolle Schule zu gehen. Wir haben uns deswegen unzählige Male gestritten. Bis meine Mutter es nicht mehr ausgehalten hat.«
    Klara biss sich auf die Fingerknöchel. »Nein«, wisperte sie und wusste doch, dass die Geschichte nur so enden konnte, wie sie es in ihrer Vorstellung bereits vor sich sah.
    Alen nickte. »Sie hat sich einen Goldenen Schuss gesetzt. Mein Vater hat zwar behauptet, dass es ein Unfall war. Und dass der Stoff niemals von ihm stammte, denn er hätte keinen Stoff, mit dem man sich töten konnte … So ein Scheißbetrüger! Macht nicht mal vor sich selbst halt.« Alens Gesicht war zu einer Maske erstarrt. Klara rührte sich nicht. Am liebsten hätte sie sich in Luft aufgelöst. Sie zuckte zusammen, als er sie plötzlich erneut ansprach.
    »Deswegen bin ich mir so sicher, dass Richi niemals Drogen genommen hat. Wenn er tatsächlich an einer Überdosis gestorben ist, dann bestimmt nicht freiwillig. Und wenn es so eine neue Superdroge geben sollte, dann werde ich das in Erfahrung bringen. Darauf kannst du dich verlassen.« Er sah Klara mitten ins Gesicht, aber sein Blick ging durch sie hindurch.
    Wie ferngesteuert nickte sie. Sie

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