Infinity (German Edition)
wollen?«
Lucie kaute an ihrem Daumennagel. »Stimmt schon.« Sie nickte ein paarmal und starrte dabei auf ihre halb leere Kakaotasse. »Aber erstens ist das kein öffentliches Krankenhaus, sondern eine Privatklinik. Und zweitens bin ich fast sicher, dass es dort gar keine offiziellen Patienten gibt. Das Ganze ist doch bestimmt nur ein Fake. Wer weiß, was die wirklich treiben!«
Klara lief ein kalter Schauer über den Rücken. Erst unlängst hatte sie im Fernsehen einen Thriller gesehen, in dem Ärzte mit Obdachlosen grausige Versuche durchführten, um ein neues Medikament zu testen. Es war nur eine erfundene Story gewesen. Aber war es nicht schon vorgekommen, dass ein Szenario, das ein Drehbuchautor sich ausgedacht hatte, noch von der Realität übertroffen wurde? »Oh Gott. Ich will mir das alles nicht vorstellen! Wir müssen da rein – und zwar schleunigst! Und Alen rausholen, bevor es zu spät ist!«
»Immer mit der Ruhe … noch wissen wir ja nicht einmal, ob er überhaupt in dieser Klinik ist …«
»Zweifelst du denn daran?« Klara schnappte nach Luft.
»Nicht wirklich. Aber sicher können wir auch nicht sein. Dieses Spekulieren mit Wenn und Aber hat doch keinen Sinn. Wir müssen dahin fahren und selbst schauen, was Sache ist.« Lucie faltete ihre Serviette zu einem Würfelgebilde zusammen.
Klara klatschte die Handflächen auf den Tisch. »Was sitzen wir dann noch hier rum?« Sie drückte sich halb zum Stehen hoch und schaute suchend nach dem Kellner.
»Hoho, nicht so schnell mit den jungen Pferden. Wir brauchen einen Plan. Wie willst du denn dorthin kommen? Zurndorf liegt nicht gerade um die Ecke. Gibt es dort überhaupt eine Bahnstation?«
Klara ließ sich auf den Sitz zurückfallen und tippte hektisch in ihr Handy. Kurze Zeit später hob sie triumphierend den Kopf. »Gibt es! Und du wirst es nicht glauben: Heute um 18:30 Uhr fährt ein Zug. Etwa eine Stunde später wären wir da.« Sie notierte sich die Abfahrtszeit auf die Serviette. Im selben Moment musste sie an Alens Vater denken. »Ob wir ihm sagen sollten, was wir vorhaben? Es wäre vielleicht nicht schlecht, wenn jemand wüsste, wo wir sind … für den Fall, dass unser Unternehmen nicht von Erfolg gekrönt ist …«
Lucie runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht, ob ich mich von einem Drogenboss beschützt fühlen kann. Da sträubt sich alles in mir. Aber du hast schon recht. Jemand sollte es wissen …« Ihre Stirnfalten vertieften sich. »Meiner Mutter kann ich das nicht antun. Die bekommt schon die Krise, wenn ich um Mitternacht noch nicht vom Tanzen zurück bin.«
Klara spürte ihren fragenden Blick auf sich. »Denk gar nicht dran! Meine Mama ist diesbezüglich um nichts besser. Die hält es doch nicht einmal aus, mich einen ganzen Schultag lang nicht unter Kontrolle zu haben. Und da weiß sie, wo ich bin.«
In die grübelnde Stille hinein klingelte Klaras Handy. Als sie sah, wer dran war, ging ein Strahlen über ihr Gesicht.
»Rudi!«
Lucie stellte die Hand auf und Klara schlug ein.
»Ihr wollt – was?«
Rudis Blick pendelte zwischen Klara und Lucie hin und her.
Nach dem Telefonat waren sie gleich zu ihm gefahren und auf dem Weg war Klara die geniale Idee gekommen.
»Wir brauchen deinen Solarzellen-Superflieger. Bitte! Du musst ihn uns borgen. Es geht um Leben und Tod!«
Klara wusste, dass Lucie die Geeignetere von ihnen war, um Rudi eine Zusage herauszulocken. Erleichtert überließ sie ihr das Reden.
»Der funktioniert doch auch ohne Sonne, oder?« Wenn nicht, hätten sie einen entscheidenden Punkt außer Acht gelassen! »Also, ich meine, fliegt das Ding auch in der Nacht und bei Schlechtwetter?«
Rudi schaute beinahe beleidigt drein. »Selbstverständlich, was denkst du denn? Ich habe einen Superkondensator zur Speicherung der überschüssigen Energie eingebaut. Damit ist das Fluggerät auch dann voll einsatzfähig, wenn keine direkte Energiezufuhr in Form von Sonnenlicht stattfindet. Für die Rückumwandlung in Strom habe ich höchst effiziente Brennstoffzellen entwickelt, die eine weit höhere Lebensdauer haben, als alles, was bisher auf dem Markt ist. Wozu wollt ihr denn mein Flugzeug überhaupt verwenden?«
Nachdem Klara ihm ihren Einfall dargelegt hatte, sprang er auf und ging zum Schrank, in dem er sein Heiligtum sicher aufbewahrte. Eine Weile stand er mit hinter dem Rücken verschränkten Händen davor und starrte es durch das Glas an. Dabei wippte er von den Zehen auf die Fersen. Und wieder zurück. Klara hatte
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