Infinity (German Edition)
dass mit seinem Schloss was nicht stimmt.«
Das klang logisch. Aber was nutzte ihnen diese Erkenntnis? Klara konzentrierte sich lieber auf die Frage, was sich hinter der Adresse verbarg, zu der der Mann zuletzt gefahren war. Erleichtert schlüpfte sie hinter Lucie in den warmen Schankraum des Cafés, in dem sie sich am Vormittag schon mit Alens Vater getroffen hatte.
Kaum hatten sie sich einen Platz gesucht, startete Klara ihr Internet. Sie freute sich schon auf eine dampfende Tasse Tee. Doch als der Kellner sie auf den Tisch stellte, schaute sie nicht einmal hoch. Das Einzige, was sie wahrnahm, war der Text, den die Suchmaschine ausgespuckt hatte.
Unter der angegebenen Adresse befand sich eine Privatklinik. Und deren Betreiber war die Firma SanaLife …
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»Die werden uns bestimmt nicht mit offenen Armen empfangen.« Lucie kaute an der Zimtschnecke, die sie sich zu ihrer heißen Schokolade bestellt hatte. Auf dem Finger, mit dem sie auf Klaras Display tippte, klebte Zuckerglasur. »Ich rechne viel eher damit, dass sie das Gelände vor unliebsamen Besuchern gut abgeschirmt haben.« Sie brach ein weiteres Stück des Gebäcks ab und schob den Bissen in den Mund.
»Da schau, siehst du das?« Die Bilder zeigten ein weitläufiges Gelände, auf dem in der Mitte ein klobiger Bau aus weißem Stein errichtet war. Lucies Fingernagel klackerte auf einen dunklen Punkt an einer der Außenwände. Klebrige Nussbröckchen holperten über das Display aufs Tischtuch. »Das ist eine Kamera. Und hier noch eine. Da gibt’s bestimmt alles, was gut und teuer ist. Alarmanlage, Stacheldrahtzaun, Bewegungsmelder … Ich wette, die haben das volle Programm.«
Klara pustete auf ihr Handy und wischte die Blätterteigreste, die überall auf dem Tisch verstreut waren, in die flache Hand. Sie bemühte sich um einen beiläufigen Ton, während sie versuchte, Lucies zusammengeschobene Augenbrauen zu ignorieren. »Du hast bestimmt recht. Sollte Alen in dieser Klinik sein, wird das kein Spaziergang, ihn zu befreien.« Mit beiden Händen klammerte sie sich an ihre Teetasse. Der Dampf strich über ihr heißes Gesicht.
»Du bist schon irgendwie ein Psycho, weißt du das?«
Klara war sich nicht sicher, ob Lucie nicht hinter ihrer Kakaotasse heimlich grinste.
»Trotzdem müssen wir uns was einfallen lassen, wie wir sie austricksen können. Konzentriere dich jetzt bitte einmal ausnahmsweise auf einen Lösungsansatz statt auf meine Tischmanieren – sollte dein Leidensdruck das zulassen.«
Jetzt war Klara sicher, dass Lucie über sie lachte. Am besten, sie wechselte schnell das Thema, bevor Lucie sich noch länger auf ihre Kosten amüsierte.
»Du kennst dich in technischen Dingen doch so gut aus … Wie funktionieren Alarmanlagen und Bewegungsmelder? Was muss man tun, um sie außer Kraft zu setzen?«
Wie erhofft sprang Lucie sofort darauf an. »Eine Alarmanlage ist eigentlich recht simpel: Ein oder mehrere Melder überwachen ein System auf dessen Normalzustand. Dieser Zustand – etwa ein leerer Raum, ein abgestelltes Fahrzeug oder was auch immer – wird vorher definiert.«
Klaras Hoffnungen erfüllten sich. Lucie war in ihrem Element. Mit glänzenden Augen setzte sie ihre Ausführungen fort und hatte darüber Klaras Reinlichkeitstick komplett vergessen. »Gibt es Abweichungen zum Normalzustand, sendet der Melder ein Signal an die Zentrale, die dann einen Alarm auslöst – entweder optisch mit Blinklichtern, Flutlicht oder anderen Signalen, oder akustisch mithilfe einer Sirene. Zusätzlich gibt es auch die Möglichkeit eines stummen Alarms. So merken die Eindringlinge nicht, dass der Besitzer bereits auf sie aufmerksam geworden ist, und sie können auf frischer Tat ertappt werden.«
Klara beugte sich über den Tisch. Lucies Eifer war auf sie übergesprungen. »Das Ganze steht und fällt mit der Stromversorgung, nicht wahr? Was, wenn wir einen Kurzschluss provozieren? Könnten wir dann hinein, ohne dass die Alarmanlage losgeht?«
Lucie wiegte den Kopf. »Die Gefahr besteht, dass sie eine externe Stromversorgung oder zumindest ein Notstromaggregat haben. Gerade eine Klinik kann sich keinen Stromausfall leisten.«
»Aber in einem Krankenhaus herrscht doch normalerweise ein ständiges Kommen und Gehen.« Klara waren Zweifel gekommen. »Da würde die Alarmanlage ja ständig losheulen, wenn neue Patienten kommen. Haben die einen eigenen Zugang? Oder einen Code? Oder wie machen das die Leute, die ganz offiziell in diese Klinik gelangen
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